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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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ge­we­sen. „Das ist mei­ne Toch­ter Ca­ro­lyn.“
    „Tut mir leid, daß ich mich ver­spä­tet ha­be. Ich ha­be das Flug­zeug lan­den se­hen …“
    Sie eil­ten zu Da­vids klei­nem Au­to und scho­ben ih­re Hand­ge­päck hin­ein. Ca­ro­lyn klet­ter­te be­geis­tert auf den Rück­sitz und hielt da­bei ihr klei­nes Hand­täsch­chen und die ko­mi­sche vie­l­ar­mi­ge Pup­pe fest. Das Au­to schnurr­te aus dem Flug­ha­fen­ge­län­de her­aus.
    Auf dem Weg zum Cam­pus plau­der­ten sie über dies und das und mach­ten sich so mit­ein­an­der be­kannt. Da­vid war ein Stu­dent in ei­nem hö­he­ren Se­mes­ter, den man zu Ver­wal­tungs­tä­tig­kei­ten be­ur­laubt hat­te. Er war je­doch nicht da­mit zu­frie­den und woll­te sei­ne Ab­schluß­prü­fung ma­chen, um sich wo­an­ders ei­ne Stel­le zu su­chen. Sei­ne Er­war­tung an das Col­le­ge war die glei­che wie die Pauls vor zwan­zig Jah­ren. Ein hal­b­es Le­ben lang her! Paul war froh, Da­vid schon aus die­sem rein selbst­süch­ti­gen Mo­tiv her­aus zu mö­gen.
    Das Col­le­ge, so er­fuhr er, war von et­was über hun­dert Stu­den­ten auf fast zwei­tau­send an­ge­wach­sen, aber die Mehr­heit wohn­te nicht mehr auf dem Cam­pus. Auch der Cam­pus hat­te sich ver­grö­ßert; der Wald im Nor­den war nun ei­ner Rei­he von Wohn­ge­bäu­den zum Op­fer ge­fal­len. Auf ei­nes die­ser un­ver­trau­ten Ge­bäu­de fuh­ren sie nun zu. Paul wuß­te, daß sich das Col­le­ge ver­än­dert hat­te, aber beim An­blick der Neue­run­gen ver­spür­te er Ent­täu­schung. Ver­än­de­run­gen be­deu­te­ten einen wich­ti­gen Aspekt des Le­bens und des Uni­ver­sums, aber ei­ne ge­fühls­mä­ßi­ge Ge­gen­strö­mung wünsch­te sich im­mer, sie wür­den nicht ein­tre­ten.
    Man gab ih­nen Es­sen­bons für die Ca­fe­te­ria – und die lag in je­nem Ge­mein­schafts­zen­trum, in dem Paul vier Jah­re lang sei­ne Mahl­zei­ten ein­ge­nom­men hat­te. Die­ses Ge­bäu­de zeig­te sich kaum ver­än­dert – es war im­mer noch die um­ge­bau­te Scheu­ne ge­blie­ben. Der Kel­ler, den er selbst noch mit aus­ge­schach­tet hat­te, war nun der Eß­raum. Er und Ca­ro­lyn nah­men hier et­was zu sich und tra­fen auch auf die an­de­ren Kon­greß­mit­glie­der. Es war son­der­bar, hier an die­ser Stel­le zu sit­zen, die für ihn einst ein tie­fes Erd­loch ge­we­sen war. Es war wie ein Zim­mer in ei­nem Traum und ei­gent­lich nicht ganz re­al.
    Er sah kei­ne ver­trau­ten Ge­sich­ter. Ab­ge­se­hen von Will Ham­lin wa­ren al­le Leu­te dort neu, und die­ser war nicht zum Es­sen ge­kom­men. Aber es han­del­te sich um ge­bil­de­te, an­pas­sungs­fä­hi­ge Men­schen, al­le et­wa in sei­nem Al­ter, ein Al­ter, das sich wie über Nacht ver­dop­pelt hat­te. Von zwan­zig war er auf die Vier­zig ge­sprun­gen, vom Stu­den­ten­sta­tus zum Leh­rer, wenn er sich auch ins­ge­heim noch im­mer ge­nau­so jung fühl­te. Er war im­mer noch der glei­che Re­bell. Zu­min­dest ge­fiel ihm der Ge­dan­ke, so zu sein. Nur der äu­ße­re Ein­druck hat­te sich ge­wan­delt.
    Ca­ro­lyn lang­te mit aus­ge­zeich­ne­tem Ap­pe­tit zu. Sie trank zwei Glä­ser Ka­kao und fühl­te sich fast wie im Him­mel. Und mit ei­nem über­wäl­ti­gen­den Ge­fühl merk­te er, daß er sich wirk­lich ge­än­dert hat­te: Er hat­te nun ei­ne Toch­ter! Vom Au­gen­blick ih­rer Ge­burt an war er ver­än­dert ge­we­sen; ih­re Exis­tenz war der ein­zig vi­ta­le Aspekt sei­nes Le­bens. Er hat­te sie als Ba­by ver­sorgt, ge­se­hen, wie sie zum ers­ten Mal den Fuß in den Mund steck­te (so vie­le Men­schen kom­men aus die­sem Sta­di­um nie­mals her­aus!), hat­te ihr ge­hol­fen, ge­hen, spre­chen und le­sen zu ler­nen, und seit es sie gab, war er nie­mals ein­ge­schla­fen, oh­ne ge­nau zu wis­sen, wie und wo sie war, in dem si­che­ren Ge­fühl, daß es ihr gut­ging. We­der das Stu­di­um noch die Hei­rat, noch der Gott von Ta­rot hat­ten ihn so be­deu­tend ver­än­dert. Als sie ge­bo­ren wur­de, wur­de er selbst wie­der­ge­bo­ren. Er konn­te sich nichts vor­stel­len, was ihr gleich­käme, wenn es um die Be­deu­tung in sei­nem Le­ben ging – sie ent­sprach dem kos­mi­schen Sym­bol der Lem­nis­ka­te,

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