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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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lang.
    „Du bist al­so wie­der da!“ be­merk­te der Ako­lyth des Ge­hörn­ten Got­tes. „Fe­ri­en vor­bei, wie?“
    Was war nur mit Ca­ro­lyn ge­sche­hen? Bru­der Paul war nicht ver­hei­ra­tet und hat­te auch kei­ne Toch­ter, des­sen war er si­cher. Da­her konn­te sie auch nicht ver­lo­ren­ge­gan­gen sein. Aber er war sich auch über Ca­ro­lyns Rea­li­tät sehr si­cher. Zu je­ner Zeit … in zehn Jah­ren … in der Zu­kunft …
    Nun, um die Zu­kunft müß­te er sich Sor­gen ma­chen, wenn sie zur Ge­gen­wart wür­de. „Was hast du vor?“ frag­te er den Mann. The­ri­on neck­te ihn na­tür­lich, da The­ri­on auch bei der letz­ten Bil­der­se­quenz ei­ne Rol­le ge­spielt hat­te.
    „Du hast dir an­de­re Re­li­gio­nen und an­de­re Phi­lo­so­phien an­ge­se­hen, dar­un­ter auch dei­ne Vor­stel­lung von päd­ago­gi­schen In­sti­tu­tio­nen, und du hast an al­lem Män­gel ge­fun­den“, sag­te The­ri­on. „Durch Eli­mi­nie­rung ge­lang­test du all­mäh­lich zu ei­nem christ­li­chen Gott. Aber hast du den Mut, dir dei­nen Je­sus und sei­nen Kult eben­so skep­tisch an­zu­se­hen wie die an­de­ren?“
    Ei­ne ernst­haf­te, aber not­wen­di­ge Her­aus­for­de­rung. „Ich muß fair blei­ben.“ Bru­der Paul stimm­te zu.
    „Auch wenn dein Sohn Got­tes ein ir­ren­der Se­xist war?“
    „Was?“ frag­te Bru­der Paul ir­ri­tiert.
    „Er hat­te es mit Män­nern. Am Be­ginn sei­ner Missi­on ging er zu sei­nem Vet­ter Jo­han­nes dem Täu­fer und schar­te dann zwölf Män­ner um sich als Schü­ler. Warum kei­ne Frau­en? Oder war das ein­fach nur die Die­ner­klas­se, die man nicht ernst zu neh­men brauch­te?“
    „Na­tür­lich nicht!“ bell­te Bru­der Paul. Aber dann hielt er in­ne. Warum hat­te es ei­gent­lich kei­ne weib­li­chen Apo­stel ge­ge­ben? „Das mußt du schon ver­ste­hen – zu je­nen Zei­ten hielt die Kul­tur die Frau auf ei­ner un­ter­ge­ord­ne­ten Ebe­ne, be­son­ders wenn es um die Re­li­gi­on ging.“
    „In christ­li­chen Ge­gen­den, ja“, gab The­ri­on zu­rück. „Aber nicht bei den Hei­den. Der Ge­hörn­te Gott liebt die Frau­en. Die Tem­pel quol­len über von Pries­te­rin­nen, und sie wur­den in kei­ner Wei­se be­schränkt.“
    Al­les nur zu wahr. Für The­ri­on lag die letzt­end­li­che Er fül­lung ei­ner Frau dar­in, wenn sie Tem­pel­pro­sti­tu­ier­te oder - mut­ter war, die Ver­füh­re­rin der Män­ner. Dar­über brauch­te man sich mit ihm nicht zu strei­ten. „Je­sus war Ju­de. Er hat­te nicht die Frei­heit, al­le Kon­ven­tio­nen sei­nes Vol­kes au­ßer Kraft zu set­zen. Man hät­te ihn viel frü­her um­ge­bracht, wenn er weib­li­che Schü­ler ge­habt hät­te, und dann wä­re die Bot­schaft nie­mals durch­ge­drun­gen.“ Die­je­ni­gen, die ei­ne Bot­schaft ver­kün­de­ten, de­ren Zeit noch nicht reif war, muß­ten im­mer lei­den. Paul hat­te die­sen Rück­schlag selbst ge­spürt, als er den frei­en Um­gang zwi­schen Jun­gen und Mäd­chen auf dem Col­le­ge ver­tei­digt hat­te. Wie gut er das ver­ste­hen konn­te! „Die Um­stän­de ha­ben ihn ge­zwun­gen …“
    „Den Män­nern die Ver­hei­ßung zu pre­di­gen und nicht den Frau­en“, be­en­de­te der an­de­re in schnei­den­dem Ton für ihn den Satz.
    „Je­sus hat aber die Frau­en ge­ehrt“, be­harr­te Bru­der Paul. „Ei­ni­ge ha­ben für ihn missio­niert …“
    The­ri­on zeig­te sein spöt­ti­sches Grin­sen. „Zum Bei­spiel?“
    „Die Frau vom Brun­nen zum Bei­spiel“, zähl­te Bru­der Paul auf. „Sie hat un­ter den Sa­ma­ri­tern über Je­sus ge­spro­chen und ih­re Ver­wand­ten und Freun­de zu ihm ge­bracht, da­mit sie ihn sa­hen, und vie­le wur­den be­kehrt …“
    „Die Frau vom Brun­nen“, wie­der­hol­te The­ri­on, als sei dies ein be­son­ders son­der­ba­res Bei­spiel. „Glaubst du wirk­lich, da­mit ir­gend et­was zu be­wei­sen?“
    „Ja. Es steht in der Bi­bel.“
    The­ri­on sprang von der Bi­bel her­ab. „Dann sieh mal nach in dei­nem gu­ten Buch – und lies zwi­schen den Zei­len.“ Er hob den Um­schlag auf wie einen Sarg­de­ckel. Die Sei­ten glit­ten von sel­ber um, durch das Al­te Tes­ta­ment, lang­sa­mer wer­dend im Neu­en Tes­ta­ment … Mat­thä­us …

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