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Die Visionen von Tarot

Die Visionen von Tarot

Titel: Die Visionen von Tarot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
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Mar­kus … Lu­kas … Jo­han­nes … Ka­pi­tell … 2 … 3 … 4 …
    „Nun ließ Je­sus Ju­däa hin­ter sich und kam wie­der nach Ga­li­läa.“ The­ri­on las laut und mit über­trie­be­ner Be­to­nung. Um die Bi­bel her­um bil­de­te sich die Land­schaft je­ner Zeit. Zu­erst war die Sze­ne­rie so ver­schwom­men wie aus ei­nem Flug­zeug be­trach­tet – nein, nicht wie­der das! –, fes­tig­te sich dann aber. Es war, als hol­per­ten Ka­me­ras auf Last­wa­gen über ei­ne Land­stra­ße, wo­bei die rie­si­ge Bi­bel die­sen Last­wa­gen bil­de­te. Es gab ein Feld und einen Brun­nen.
    „Er war durch das Land der Sa­ma­ri­ter ge­kom­men“, fuhr The­ri­on fort. Die rie­si­ge Bi­bel ver­schwamm und wur­de zu ei­nem Stein. „Er nä­her­te sich ei­ner Stadt mit Na­men Sychar in der Nä­he ei­nes Fel­des, das Ja­kob sei­nem Sohn Jo­seph ge­ge­ben hat­te, und dort war auch Jo­se­phs Brun­nen.“
    „Ja“, sag­te Bru­der Paul. Er ver­trau­te dar­auf, wenn es dar­um ging, Stel­len aus der Bi­bel zu zi­tie­ren, könn­te er je­de Her­aus­for­de­rung die­ses Man­nes an­neh­men. „Das ist die Stel­le. Die Sa­ma­ri­ter wa­ren ein ge­misch­tes Volk aus vie­len öst­li­chen Län­dern, die von den As­sy­rern nach Is­rael ge­bracht wor­den wa­ren, nach­dem die Ju­den sel­ber ver­schleppt wor­den wa­ren. Sie brach­ten ih­re ei­ge­nen re­li­gi­ösen Ri­ten mit, aber als sie un­ter Pla­gen zu lei­den be­gan­nen, be­kehr­ten sie sich zum Ju­den­tum, hei­ra­te­ten jü­di­sche Frau­en und be­haup­te­ten, von Abra­ham und Mo­ses ab­zu­stam­men. Dar­über wa­ren die ei­gent­li­chen Ju­den ver­är­gert, und die Be­zie­hun­gen zwi­schen den bei­den Kul­tu­ren ver­schlech­ter­ten sich. So war es von ei­ni­ger Be­deu­tung, daß Je­sus ei­ne Sa­ma­ri­ter­frau traf und sie be­kehr­te, wenn sie auch einen schlech­ten Ruf ge­noß. Er ver­gab ihr ih­re Sün­den …“
    „Das will uns zu­min­dest der ge­rei­nig­te Text glau­ben ma­chen“, sag­te The­ri­on. „Die­se Sa­ma­ri­ter wa­ren wild dar­auf, von den Ju­den ak­zep­tiert zu wer­den, auf was für ei­ne Wei­se auch im­mer. Hör zu, was wirk­lich ge­sche­hen ist.“
    Über das Feld kam ein Mann, an­ge­tan mit ei­ner flie­ßen­den wei­ßen Tu­ni­ka, die mit ei­nem stau­bi­gen blau­en Tuch zu­sam­men­ge­bun­den war. Die Stoff men­ge war not­wen­dig, um die bren­nen­de Son­ne ab­zu­hal­ten. Er trug einen Bart und ein wei­ches Tuch über dem Kopf, aber sein Ge­sicht glänz­te vor Schweiß. In son­der­ba­rer Dop­pelt­heit war er ver­traut. „Lee!“ rief Bru­der Paul, schlug sich aber dann auf den Mund.
    „Kei­ne Sor­ge“, mein­te The­ri­on. „Er ist voll in sei­ner Rol­le und kann nicht her­aus, wie sehr sie ihn auch är­gern mag, bis wir ihn dar­aus ent­las­sen. Du und ich wer­den von an­de­ren nicht wahr­ge­nom­men, nur von­ein­an­der, wir sind wie die Geis­ter.“
    Das war nur ein Teil von Bru­der Pauls Be­trof­fen­heit. Wenn an­de­re ei­nem In­di­vi­du­um ei­ne Rol­le auf­zwin­gen konn­ten und die Per­son dies für ei­ge­nen Wil­len hielt … dann wa­ren die Ani­ma­tio­nen ein in der Ge­schich­te der Mensch­heit bis­lang un­be­kann­ter und un­er­meß­li­cher Schre­cken!
    Dann fiel ihm ein wei­te­rer Aspekt ein. „Lee … als Je­sus?“ frag­te er er­staunt.
    „Warum, zum Teu­fel, nicht? Er ist nur Teil ei­nes Spiels, und wir brau­chen da­für einen Schau­spie­ler. Er wuß­te es, als er sich ver­pflich­te­te.“
    Wuß­te er, daß er sich ent­setz­li­chen Un­wür­dig­kei­ten, ja viel­leicht so­gar dem Tod un­ter­warf? Ja. Bru­der Paul hat­te das glei­che er­fah­ren. Den­noch er­öff­ne­te ihm die Ani­ma­ti­on be­un­ru­hi­gen­de Per­spek­ti­ven. Im Au­gen­blick schi­en es das bes­te, The­ri­on sei­nen Fall vor­tra­gen zu las­sen.
    Je­sus sah ver­schmutzt und mü­de aus. Man merk­te es an dem lang­sa­men Gang und der all­ge­mei­nen Hal­tung. Er kam zum Brun­nen und setz­te sich auf die nied­ri­ge Um­frie­dungs­mau­er. Es war ein schö­ner Ort, wie ei­ne Oa­se, von Mau­ern um­ge­ben, um her­an­we­hen­den Un­rat und Schmutz ab­zu­hal­ten, doch grü­ne Pflan­zen über­rank­ten die grau­en

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