Die Visionen von Tarot
Anhänger zu finden. Daher hat er seine natürlichen Leidenschaften denjenigen zukommen lassen müssen, mit denen er sich vertrauter fühlte. Und in der Tat deutet die Bibel das an …“
„Unmöglich!“ rief Bruder Paul.
Wieder schlugen die riesigen Seiten um bis zum elften Kapitel des Johannes-Evangeliums, und ein neues Bild formte sich heraus. „Nun gab es einen Mann, der war krank, der Bruder der Maria, die Jesu Füße mit Öl gesalbt und sie mit ihrem Haar getrocknet hatte und der er die Sünden vergeben hatte.“ Therion blickte auf. „Du weißt, dieser Gebrauch von Frauenhaar ist höchst interessant. Muß ich irgendwann einmal ausprobieren. Jesus hat wohl hübschen Frauen gern ihre Sünden vergeben, besonders wenn sie seine stinkenden Füße küßten. In jenen Tagen wußten die Frauen noch, wo ihr Platz war. Ich möchte meinen, einige von ihnen waren sogar dankbar, wenn sie mit der Zunge seine Zehen berühren durften, und wenn er es gewünscht hätte, daß sie ihre oralen Liebkosungen auch etwas weiter oberhalb appliziert hätten …“
Er hielt inne, doch dieses Mal weigerte sich Bruder Paul, den Köder zu schnappen. Es war närrisch, mit diesem Mann so etwas zu debattieren.
„Nun“, fuhr Therion fort. „Dieser Bruder der Maria hieß Lazor oder Lazarus. Jesus liebte Lazarus, und wenn wir das wörtlich nehmen …“
Die Szene zeigte, wie Jesus die Hand einem Mann auflegte und ihn auf die gleiche Weise an sich zog wie die Frau am Brunnen.
„Nein!“ rief Bruder Paul. „Das war eine ganz normale Freundschaft. Du hast keinen Grund zu der Annahme …“
Therion blickte ihn ernsthaft an. „Du sperrst dich gegen vernünftige Schlußfolgerungen. Das ist das Problem mit eurer sonderbaren Religion. Und nun unterbreite ich deinem objektiven Geist folgende Hypothese: Wenn Jesus sich weder mit dem schönen Geschlecht noch mit Männern abgab, dann muß er sich insgeheim das Fleisch erleichtert haben …“
„Nein!“
„Was hat er denn sonst gemacht? Seine Schafe gevögelt?“
Bruder Paul wußte keine Antwort. Dieser Teufel überwältigte ihn mit entsetzlichen Dingen. Wie konnte er wählen zwischen Unzucht, Homosexualität, Masturbation und Sodomie?
Dann schoß es durch ihn hindurch wie ein Lichtstrahl: „Die Bibel deckt nur einen kleinen Bereich von Jesu Leben ab. Nur seine Geburt, seine Bar-Mizvah im Alter von zwölf Jahren und seine geistige Mission, die er im Alter von dreißig Jahren begann. Achtzehn Jahre seiner Jugend und frühen Reifezeit fehlen. Er kann in jeder Hinsicht ein absolut normales Leben geführt haben, was die Gestalter des Neuen Testaments aus Prüderie nicht erwähnt haben – oder einfach nicht wußten.“
„Was ich zu Beginn der Szene angedeutet habe“, stimmte Therion zu. „Die Frau am Brunnen war ebenso sexy, wie das bei Samaritern so vorkommt. Denk auch daran, wie er später die Parabel vom barmherzigen Samariter erzählt. Offensichtlich dachte er an das schöne Bumsen bei ihnen …“
„Nein!“ Nun steckte Bruder Paul wieder in der ersten Falle und kämpfte sich durch den Schmutz und Schund einer degenerierten Vorstellung. „Kein flüchtiger Sex. Er muß verheiratet gewesen sein..“
Therion hob die Braue. Er besaß ungewöhnliche Kontrolle über sein Mienenspiel. „Wird das irgendwo in der Bibel erwähnt?“
Gab es einen Ausweg? „Nein, wird es nicht. Aber wie ich schon sagte, entweder die Zensur oder übersehen …“
„Glaubst du wirklich, so etwas Wichtiges hätten sie vergessen? Eine Frau einfach nicht berücksichtigt?“ Therion lächelte überlegen. „Nicht ein Apostel, nicht einer derjenigen, die mit Jesus zu tun hatten, soll ein Wort über die kleine Frau verloren haben? Keine Witwe
Weitere Kostenlose Bücher