Die Voegel der Finsternis

worden war. Eine schöne Geschichte, die die Barden liebten. Und Landen rettete einst das Leben des sliviitischen Soldaten Cabis. Er zog ihn während der Schlacht von Glavenrell aus dem Meer.
    Sara — die Tochter von Landen? Konnte das wirklich sein? Woher wollte Bern das wissen? „Ich hätte es verhindert, Ellowen", sagte Bern, „hätte ich gewusst, wie."
    Alle Farbe schien plötzlich aus Saras Gesicht zu weichen, selbst ihre Lippen waren bleich. Dorjan überwand seine Verwirrung und versuchte, ihr etwas von seinem Gen zu senden. Alles wird gut, Sara. Alles wird gut. „Ihr müsst sehr müde sein, Ellowen Renaiya", sagte Bern. „Darf ich Euch beim Abstieg den Arm reichen?"
    Ellowen Renaiya wirkte klein, fast geschrumpft, als sie ihre zarte Hand auf Berns Arm legte. Dorjan wollte etwas sagen, um sie aus dem Netz des Charmals zu reißen, doch er brachte kein Wort über die Lippen. Wenige Augenblicke später waren Bern und Ellowen Renaiya verschwunden. Dorjan drängte es, ihnen hinterherzurennen, sich auf Bern zu stürzen und ihn zu Boden zu werfen, um ihm seine falsche Aufrichtigkeit aus dem Gesicht zu prügeln. Aber er blieb bei Sara, er konnte sie jetzt nicht allein lassen, sie war wie versteinert. Bei seiner Berührung sank sie zu Boden und bedeckte ihr Gesicht. Dorjan kniete sich neben sie und überlegte, was er ihr sagen könnte. Der Wald war merkwürdig still und das Licht immer noch fahl. Endlich hob Sara das Gesicht. „Wie konnte ich ihm nur alle meine Geheimnisse anvertrauen? Alles habe ich ihm gesagt - alles. Er weiß es." „Sara, Bern hat eine Gabe, die ins Gegenteil verkehrt ist und alle, die ihm nahe kommen, zu willenlosen Geschöpfen macht" Dorjan zögerte verlegen, denn so hatte er es nicht ausdrücken wollen. „Was für eine umgekehrte Gabe?" „Ellowen Renaiya hat es mir vorhin erst erzählt. Bern ist ein so genannter Charmal - seine Gabe hat keine heilenden Kräfte, er gehört eigentlich gar nicht in die Burg. Seine Gabe gibt ihm die Macht, andere zu verführen und sie seinem Willen zu unterwerfen." Sara kaute an ihren Lippen. „Ich schäme mich so." „Das musst du nicht." „Du weißt nicht, was ich getan habe." „Ich weiß, dass es dir anscheinend gelungen ist, schon nach wenigen Tagen einem Charmal zu entkommen. Ich habe dafür Jahre gebraucht" „Jahre? Du?" Sie hörte auf zu schniefen. „Jahre." Dorjan wollte Sara sein Geheimnis nicht offenbaren, aber Ellowen Renaiya hatte gesagt, nur die Wahrheit könnte ihr helfen. „Was wirst du tun, wenn Bern dir sagt, er hätte nie etwas Böses im Sinn gehabt?" „Ich werde ihm nicht glauben." Ihre Hände ballten sich zu Fäusten.
    „Stimmt es, was er behauptet? Bist du wirklich eine Prinzessin?"
    Sie nickte. „Prinzessin Saravelda. Ich wollte nicht, dass es bekannt wird. Ich sagte ihm, dass es ein Geheimnis ist" Wie seltsam das Leben spielt. Es würfelt Könige und Soldaten, Prinzessinnen und gemeine Leute zusammen auf einen Haufen. „Ellowen Renaiya erzählte mir, die Charmale suchten Geheimnisse, denn je mehr Geheimnisse sie kennen, desto mehr Macht haben sie." „Pfui!" Sara sah aus, als wollte sie ausspucken. „Sie hat herausgefunden, welche Gaben du und ich besitzen. Sie sagte, du seist ein Firaner." Sara runzelte die Stirn. „Ein Firaner? Ein Krieger? Aber ich wollte doch tanzen lernen wie die Trianer." Niedergeschlagen schüttelte sie den Kopf und murmelte: „Firaner." „Sie sagte, es brauchte sämtliche Ellowen, um dich zu unterrichten."
    „Das ist jetzt vorbei. Wenn du wüsstest, was ich getan habe."
    Dorjan stand auf und reichte ihr die Hand. „Wir gehen jetzt besser zurück."
    Das Licht war immer noch stumpf, als sie aufbrachen. „Was ist deine Gabe, Dorjan?", fragte Sara. Er zögerte. „Genovener." „Und hast du dir das gewünscht?" „Ich war mir ziemlich sicher, dass ich ein Genovener bin. Schon seit meiner Kindheit kann ich durch Träume wandern. Mein Vater stammt aus einer Familie von Traumwen." „Traumwen?"
    „Ein Wort aus Sliviia. Ich glaube, es bedeutet dasselbe wie Genovener."
    „Sliviia! Das Piratenland, wo Sklaven gehalten werden?
    Ich dachte, du kommst aus Emmendae."
    „Mein Vater nahm vor achtzehn Jahren als zwangsverpflichteter Soldat an der großen Invasion teil."
    „Als Soldat. Aber - was geschah dann?"
    „Er wurde vor dem Ertrinken gerettet," Dorjan holte tief Luft „Von deinem Vater, König Landen." Ein Frösteln
    richtete ihm die Haare auf den Armen auf. Wäre der Vater dieses Mädchens nicht