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Die Vogelfrau - Roman

Die Vogelfrau - Roman

Titel: Die Vogelfrau - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Blatter
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schweren Tasche abschleppte und trotz des nasskalten Wetters unter seiner weit offenen Jacke nur ein dünnes Hemd trug. Die dichten, dunkel gelockten Haare standen ihm wirr um den Kopf. Bloch hatte ihn noch nie gesehen. Unangenehmer Typ. Der sah so aus, als ob er selbst eine banale Kneipenschlägerei zu einem blutrünstigen Geschehen aufblähen würde.
    Eva ist erledigt, dachte Bloch. Sind wir doch mal ehrlich. Endlich mal ehrlich. Eva ist erledigt. Nicht ich. Ich hatte mein Leben schon.
    »Wo steckt eigentlich dieser Hund?«, fragte Cenk, während er die schwere Glastür mit der rechten Schulter offen hielt. »Dieser Churchill, den habe ich schon länger nicht mehr gesehen.«
    Ein Hundeleben hatte ich, dachte Bloch.
    »Keine Ahnung, Cenk«, sagte er laut. »Wahrscheinlich steckt er bei Meyer im Labor und frisst Schokolade.«
    Er würde Brigitte anrufen müssen und er würde ihr sagen, Eva gehe es den Umständen entsprechend ... Bloch hasste Floskeln.
    Ging es Eva den Umständen entsprechend gut oder ging es ihr den Umständen entsprechend schlecht?
    Er würde einen Kollegen damit beauftragen, Brigitte anzurufen.
    Er ertrug es nicht, wenn ihr Tonfall wieder ins Hysterische umschlug. Später könnte er das vielleicht besser durchstehen.
    Nicht jetzt.
    Er würde im Krankenhaus anrufen, um sich zu erkundigen.
    »Hast du eine Ahnung, wohin sie Eva gebracht haben?«, fragte Bloch Cenk. »Ins Klinikum oder ...?« Seine Stimme machte einen merkwürdigen Schlenker nach oben. Er räusperte sich.
    »Du meinst, vielleicht auf die Reichenau, Erich?«
    Die Reichenau. Da war die Psychiatrie. Das Irrenhaus.
    Da gehe ich nicht hin, hatte Brigitte gekreischt. Damals, kurz vor der Trennung. Dorthin, wo die Bekloppten sind, da bekommst du mich nicht hin.
    Niemals, hatte sie gesagt.
    Und: Eher verrecke ich.
    Damals war sie kurz vor dem Verrecken gewesen. Sie hatte überaus präzise und konkrete Vorbereitungen für den eigenen Selbstmord getroffen. Er war an allem schuld gewesen. Das jedenfalls hatte sie ihm unmissverständlich mitgeteilt. Jetzt sollte er ihr wenigstens dabei helfen, einen Ausweg aus ihrer Situation zu finden.
    Wenigstens einmal kannst du mir ja helfen, hatte sie gesagt. Wenigstens das.
    Er müsse doch nur kurz rausgehen und die Dienstwaffe in der Schublade des Küchentisches vergessen.
    Den Rest würde sie dann schon selber erledigen.
    Da war er gegangen.
    Aber für immer.
    Eva hatte er da gelassen.
    Und die Pistole auch.
    Er war so feige gewesen, so unglaublich feige.
    Er hätte sich selber ins Gesicht spucken können – damals ertrug er wochenlang noch nicht einmal den Blick in den Spiegel.
    Die Waffe hatte schnell wieder den Weg zurück zu ihm gefunden. Niemand hatte etwas gemerkt.
    Warum hatte sie es nicht getan?
    Falsche Frage, entschied Bloch. Was hatte sie stattdessen getan?
    Was hatte sie Eva angetan?

27. Kapitel
    Auf einer zerkratzten, mit Brandlöchern übersäten Holzbank saß Topsannah. Sie trug einen langen, dunklen Rock mit Fransen und hatte ein Wolltuch mit lehmfarbenen, geometrischen Mustern um ihren Oberkörper geschlagen. Ihre Haare lagen wie eine Kappe eng am Kopf an und waren in zwei lange, straffe Zöpfe geflochten. Offensichtlich hatte sie die Haare mit irgendeinem streng riechenden Öl eingeschmiert. Sie glänzten unnatürlich fettig. Schnuppernd zog Cenk die Luft ein. »Die riecht immer noch extrem nach Rauch.«
    »Ja«, bestätigte Bloch. »Das hängt unter Umständen noch wochenlang in den Kleidern.«
    »Zumindest dann, wenn man sich so selten wäscht wie die.« Cenk bemühte sich um einen einigermaßen ernsthaften Gesichtsausdruck. Es wollte ihm nicht recht gelingen.
    Topsannah verbarg ihre Hände unter dem Wolltuch und starrte auf den Boden. Bloch konnte nicht erkennen, ob sie Handschellen trug. Galt sie als Zeugin oder stand sie unter Tatverdacht?
    Neben Topsannah saß ein junger, kräftiger Polizeibeamter, der gähnend seine Fingernägel inspizierte.
    Bloch verlangsamte seine Schritte.
    »Erich«, Cenk zupfte ihn am Ärmel. »He, Chef – wenn das da eben Eva war, die sie aus der Hütte rausgeschleppt haben, dann ist es sicher keine besonders gute Idee, wenn du die Vernehmung machst.«
    Weiß Gott, dachte Bloch. Das ist wirklich keine besonders gute Idee.
    Er lenkte seine Schritte zur Bank.
    Endlich blickte Topsannah auf.
    Diesen Blick kannte Bloch nur zu gut.
    Am liebsten wäre er fortgelaufen.
    »Was habt ihr meinem Kind angetan?«
    Der junge Polizist neben Topsannah widmete sich nicht

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