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Die Vogelkoenigin

Titel: Die Vogelkoenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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Wahrnehmung.«
    Das änderte sich aber, sobald sich der Fokus änderte, und bei Laura war genau das der Fall. Für andere Menschen hätte sie jetzt als »Spinnerin« oder gar »Verschwörungstheoretikerin« gegolten. Die »Men in Black«-Filme zeichneten genau dieses Bild nach, zutreffender könnte es nicht sein.
    Wie sollte jemand die Wahrheit erkennen, ohne die gleichen Voraussetzungen wie Laura zu haben?
    Natürlich war sie kein Experte auf diesem Gebiet, doch sie erkannte die Anzeichen. Und alles deutete darauf hin, dass ihre Vermutung zutraf. Die Ausstrahlung dieser Frau hatte etwas Elfisches an sich, wie Laura es in Innistìr erlebt hatte.
    Mit dem Mann stimmte ganz eindeutig etwas nicht. Sein Atem stieß nämlich keine Wölkchen aus, und ein rötliches Flackern lag in seinen Augen, je nachdem, wie er den Kopf drehte. Er sah aus wie ein Mensch, aber er war keiner. Irgendwie ... hatte er sogar ein bisschen was an sich, das Laura an Barend Fokke erinnerte. Untot?
    Laura hob die Hand zum Mund und riss die Augen auf. Sollte das etwa bedeuten ... Hatte sie etwa ... Aber das war doch ... unglaublich ...
    Das Paar war vorübergegangen und schlenderte gemütlich weiter, ohne Laura zu bemerken. Da kam ihnen ein anderer Mann entgegengelaufen. Er hatte blonde Haare und wirkte sehr lebendig und sehr menschlich. Mit Schatten und Atem stimmte auch alles. Als er das Paar entdeckte, breitete er die Arme aus und lachte.
    »Anne! Robert! Ich suche euch die ganze Zeit! Ich muss euch dringend was erzählen!«
    »Tom«, sagte die schwarzhaarige Frau mit rauchiger Stimme. »Was haben Chad und Rocky denn diesmal wieder zerlegt?«
    »Nur ein paar Kleinigkeiten, völlig unwichtig, kann man alles ersetzen.« Tom winkte ab. »Es geht um ganz etwas anderes ...«
    »Meine Ming-Vase ist keine Kleinigkeit«, unterbrach Robert mit klarer Stimme, die allerdings einen gewissen Nachhall hatte. »Und diese ist unersetzbar!«
    »Jetzt hört doch.« Tom fuchtelte mit den Händen und redete eilig weiter. Gleich darauf waren die drei, während sie langsam weitergingen, ins Gespräch vertieft. Sie sprachen so leise, dass kein Wort mehr zu verstehen war.
    Laura stand wie vom Donner gerührt da.
    Konnte das ein Zufall sein?
    Nein. Niemals.
    »Sie sind hier«, flüsterte sie. »Sie sind die ganze Zeit hier gewesen ...«

    Laura verharrte geschockt und verlor so wertvolle Sekunden. Aber diese Erkenntnis war einfach zu überwältigend. Anne und Robert, die Schöpfer und wahren Herrscher von Innistìr, die sie seit Wochen vergeblich suchten, hielten sich in der Menschenwelt vor Alberich versteckt! Oder wussten sie nicht einmal, was bei ihnen daheim los war? Sie wirkten überhaupt nicht so wie auf der Flucht, und sie schienen auch keine Reise zu planen. Völlig entspannt gingen sie mit ihrem menschlichen Freund dahin und besprachen ... Dinge. Wie etwa die Ersetzbarkeit von Ming-Vasen. Und ihr Reich ging währenddessen vor die Hunde!
    Laura begriff überhaupt nichts mehr, aber sie erkannte zumindest und hoffentlich nicht zu spät eines: wenn sie eine Klärung herbeiführen wollte, dann jetzt!
    Ihre Beine setzten sich in Bewegung, bevor sie den Gedanken zu Ende gebracht hatte.
    »Hallo!« Sie rief laut und winkte, während sie den dreien nachlief. Keineswegs war sie bereits außer Hör- oder Reichweite.
    »Hallo, entschuldigen Sie, bitte warten Sie!«
    Einen Zusatz brauchte es nicht, denn niemand war hier sonst, niemand sonst konnte gemeint sein.
    »So hören Sie doch, bitte, ich muss mit Ihnen sprechen!«
    Die drei gingen ungerührt weiter, als hätten sie nichts gehört. War sie schon außer Hörweite?
    Laura rannte, so schnell sie konnte. Ihr Atem ging stoßweise und hüllte sie in Dampf. Sie schrie, winkte, pfiff, versuchte sie einzuholen, aber es gelang ihr nicht. Das war doch nicht möglich! Das Ziel so nahe und unerreichbar? Warum reagierten die nicht, verdammt noch mal?
    »Anne! Robert! Lan-an-Schie!!! «
    Es war ausgeschlossen, dass ein feines elfisches Gehör das nicht wahrnahm. Und es war erst recht ausgeschlossen, dass Laura sie bei dem gemächlichen Tempo, das sie draufhatten, nicht einholte.
    Aber es änderte nichts. Sie kam nicht näher, und sie wurde nicht gehört. Laura ging die Puste aus, und sie hatte das Gefühl, als würde sie durch immer dicker werdende, sich in Gelee verwandelnde Luft laufen, und zugleich schien sich etwas an ihren Rücken zu klammem und sie zu bremsen, geradezu nach hinten zu ziehen.
    Sie stolperte, taumelte und musste

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