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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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sah, wie Sacharissa zurückwich.
    Der innere Lektor beobachtete das Geschehen interessiert. Sie hat
    den Mann getreten, sagte er. Und zwar in die… du weißt schon. Äh.
    Vermutlich liegt es an all dem komisch geformten Gemüse.
    William begriff, dass er die Geschichte vervol ständigen musste.
    Er stand auf und winkte den Zwergen zu, die mit einsatzbereiten Äx-
    ten näher kamen.
    »Wartet! Wartet! Hör mal… Bruder Nadel…« Der Schmerz in seinem
    Arm wurde stärker. William verzog das Gesicht, senkte den Blick und
    stellte erschrocken fest, dass sich der grässliche Dorn durch seinen Är-
    mel gebohrt hatte.
    Herr Nadel versuchte, sich auf den jungen Mann zu konzentrieren,
    der an seinem Arm herumtastete, aber die Schatten erlaubten es ihm
    nicht. Er war nicht sicher, ob er noch lebte. Das konnte die Erklärung
    sein! Er musste tot sein! All der Rauch, die schreienden Leute, die Stimmen, die in seinen Ohren flüsterten… Zweifel os befand er sich in einer
    besonderen Art von Höl e, aber Nadel erinnerte sich triumphierend
    daran, dass er eine Rückfahrkarte hatte…
    Irgendwie gelang es ihm, sich wieder aufzurichten. Er holte die Kar-
    toffel des verstorbenen Herrn Tulpe unter dem Hemd hervor und hielt
    sie hoch.
    »Hab d’ ‘toffel«, verkündete er stolz. »‘s wird alles gut, nicht wahr?«
    William blickte in das rußgeschwärzte Gesicht mit den blutunterlau-
    fenen Augen, in ein Gesicht, das schrecklichen Triumph zeigte, und
    betrachtete dann die verschrumpelte Kartoffel am Bindfaden. Derzeit
    war sein Verständnis der Realität fast ebenso schlecht wie das von
    Herrn Nadel, und wenn ihm jemand eine Kartoffel zeigte, so konnte
    das nur eins bedeuten.
    »Äh… sie sieht nicht sehr komisch aus«, bemerkte er und schnitt eine
    Grimasse, als er an dem Dorn zog.
    Hinter Herrn Nadels Stirn verflüchtigte sich der letzte Rest von Rati-
    onalität. Er ließ die Kartoffel los, und mit einer Bewegung, die nichts
    mit Gedanken, aber al es mit Instinkt zu tun hatte, holte er einen langen
    Dolch unter der Jacke hervor. Die Gestalt vor ihm verblasste zu einem
    Schatten unter vielen; er wol te sie nicht entkommen lassen und sprang.
    William löste den Dorn aus dem Ärmel, hob schützend die Hand vors
    Gesicht…
    Es war eine ziemliche Überraschung für Herrn Nadel – und gleichzei-
    tig die letzte seines Lebens.
    Der Schneeregen zischte in der Glut.
    William sah in das verwirrte Gesicht des Angreifers und beobachtete,
    wie das Licht in dessen Augen erlosch. Langsam sank Herr Nadel zu
    Boden, die eine Hand noch immer hoffnungsvol nach der Kartoffel
    ausgestreckt.
    »Oh«, ertönte Sacharissas Stimme aus der Ferne. »Du hast ihn mit
    dem Dorn erledigt…«
    Blut tropfte von Williams Ärmel.
    »Ich… äh… ich glaube, ich könnte einen Verband vertragen«, sagte
    er. Eis sol te nicht heiß sein, glaubte er zu wissen, aber der Schock fül te ihm die Adern mit brennendem Frost. Er schwitzte Eis.
    Sacharissa eilte zu ihm und zerrte am Ärmel ihrer Bluse.
    »Es ist bestimmt nicht schlimm«, sagte William und versuchte zurück-
    zuweichen. »Vermutlich ist es nur eine jener… enthusiastischen Wun-
    den.«
    »Was ist hierr passierrt?«
    William sah von dem Blut an seiner Hand zu Otto, der auf einem
    Schutthaufen stand, mit Verblüffung im Gesicht und zwei Schachteln
    in den Händen.
    »Ich bin nurr kurrz weggegangen, um Säurre zu holen, und plötzlich
    verrwandelt sich derr Schuppen in… Meine Güte… meine Güte…«
    Gutenhügel zog eine Stimmgabel aus der Tasche und klopfte damit
    an seinen Helm.
    » Schnell, Jungs!« Er winkte mit der Gabel. »›Oh, komm nur zur Mission… ‹«
    Otto winkte sanft ab, als die Zwerge zu singen begannen.
    »Nein, ich habe es gut unterr Kontrrolle, besten Dank«, sagte er. »Ich
    kann mirr denken, was hierr passierrt ist. Der Mob steckt dahinterr,
    nicht wahrr? Frrüher oderr späterr kommt immerr derr Mob. Mein
    Frreund Borris ist einem zum Opferr gefal en. Err zeigte den Leuten
    sein Schwarrzes Band, aberr sie lachten nurr und…«
    »Ich glaube, sie hatten es auf uns alle abgesehen«, sagte William. »Wie
    dem auch sei: Ich bedaure sehr, dass ich ihm keine Fragen stellen konn-
    te…«
    »In der Art von ›Ist dies das erste Mal, dass du jemanden erwürgst?‹«,
    fragte Boddony. »Oder ›Wie alt bist du, Herr Mörder?‹«
    Jemand hustete.
    Offenbar kam das Geräusch aus der Jackentasche des Toten.
    William sah zu den Zwergen und suchte in ihren überraschten Ge-
    sichtern

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