Die volle Wahrheit
erledigt ist. Und wenn wir ganz sicher sind, dass wir ihn nicht mehr brauchen… dann bringen ihn
die beiden Herren weit fort, damit er sein, haha, Honorar empfangen
kann. Viel eicht wenden wir uns später an die Assassinen, fal s Herr
Nadel auf dumme Gedanken kommt.«
»Guter Hinweis. Allerdings scheint es eine Verschwendung zu sein.
Wenn ich daran denke, was wir mit Charlie anstel en könnten…«
»Wie ich schon sagte: Es würde nicht klappen. Der Mann ist ein
Narr.«
»Vermutlich hast du Recht. Eine einmalige Lösung dürfte besser
sein.«
»Dann verstehen wir uns also. Und nun… Hiermit ist diese Sitzung
des Komitees für die Abwahl des Patriziers geschlossen. Sie hat über-
haupt nicht stattgefunden.«
Lord Vetinari hatte die Angewohnheit, so früh aufzustehen, dass er
eigentlich nur zu Bett ging, um die Kleidung zu wechseln.
Er mochte die Zeit vor dem Sonnenaufgang im Winter. Meistens war
es neblig, wodurch man die Stadt kaum sehen konnte, und einige Stun-
den lang blieb al es still, abgesehen von einem gelegentlichen kurzen
Schrei.
Doch an diesem Morgen ertönte eine laute Stimme vor dem Palasttor.
»Heuermeuer!«
Der Patrizier trat zum Fenster.
» Und Affenschreck!«
Lord Vetinari kehrte zum Schreibtisch zurück, läutete mit der Glocke
und beauftragte Drumknott, vor dem Palast zu ermitteln.
»Es ist der Bettler namens Stinkender Alter Ron«, berichtete
Drumknott fünf Minuten später. »Er verkauft dies hier… eine Art Bro-
schüre.« Er hielt sie zwischen zwei Fingern, als könnte sie explodieren.
Lord Vetinari nahm sie entgegen und las. Dann las er noch einmal.
»Na so was«, sagte er. »Die Ankh-Morpork-Times. Hat sonst noch jemand die… Broschüren gekauft?«
»Ziemlich viele Personen, Herr. Arbeiter der Nachtschicht. Marktleu-
te und so weiter.«
»Hier wird nirgends Heuermeuer oder Und Affenschreck erwähnt.«
»In der Tat, Herr.«
»Wie seltsam.« Lord Vetinari las erneut. »Hm -hm. Sag für heute Morgen al e Termine ab. Ich empfange die Gilde der Ausrufer um neun Uhr
und die Graveursgilde um zehn.«
»Ich wusste gar nicht, dass sie Termine haben.«
»Bestimmt bitten sie darum«, sagte Lord Vetinari. »Wenn sie das hier
sehen, möchten sie zweifellos mit mir reden. Nun… hier steht, dass
sechsundfünfzig Personen bei einem Krawal in einer Taverne verletzt
wurden.«
»Scheint ein ziemlich großer Krawal gewesen zu sein, Herr.«
»Aber es muss wahr sein, Drumknott«, sagte der Patrizier. »Immerhin
steht es hier geschrieben. Oh, und schick dem netten Herrn de Worde
eine Nachricht. Ich empfange ihn um halb zehn.«
Er blickte noch einmal auf die graue Schrift hinab. »Und gib bekannt,
dass Herrn de Worde kein Leid geschehen soll.«
Normalerweise verstand Drumknott sofort, was der Patrizier von ihm
wol te, aber diesmal zögerte er.
»Möchtest du, dass Herrn de Worde kein Leid geschieht, Euer Exzellenz, oder entspricht es deinem Wunsch, dass Herrn de Worde auf keinen Fall ein Leid geschieht?«
»Hast du gezwinkert, Drumknott?«
»Nein, Herr!«
»Drumknott, es ist das Recht eines jeden Bürgers von Ankh-Morpork,
unbelästigt durch die Straßen zu gehen.«
»Meine Güte, Herr! Tatsächlich?«
»Ja.«
»Aber ich dachte, du bist gegen Drucktypen, Herr. Du hast gesagt,
das Drucken würde dadurch zu billig, und die Leute…«
»Potzblitz und lieber Himmel!«, rief der Zeitungsverkäufer am Tor.
»Bist du bereit für das aufregende neue Jahrhundert, das vor uns liegt,
Drumknott? Bist du bereit, die Zukunft mit entschlossener Hand zu
ergreifen?«
»Ich weiß nicht, Euer Exzel enz. Ist dafür besondere Kleidung erfor-
derlich?«
Die anderen Mieter saßen bereits am Tisch, als William die Treppe hi-
nunterlief. Er beeilte sich, weil Frau Arkanum über Personen, die zu
spät zum Essen kamen, Ansichten hatte.
Frau Arkanum, Inhaberin von Frau Eukrasia Arkanums Pension für
respektable arbeitende Leute, war genau das, was Sacharissa unbewusst
zu sein versuchte. Sie beschränkte sich nicht darauf, respektabel zu tun;
sie war respektabel. Es war ihre persönliche Mischung aus Lebensstil, Religion und Hobby. Sie mochte respektable Leute, die sauber und an-ständig waren – sie benutzte diese beiden Worte, als gehörten sie unbedingt zusammen. Sie hatte respektable Betten und kochte billige, aber
respektable Mahlzeiten für respektable Mieter, die – abgesehen von
William – in mittleren Jahren, unverheiratet und extrem nüchtern wa-
ren. In
Weitere Kostenlose Bücher