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Die volle Wahrheit

Die volle Wahrheit

Titel: Die volle Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett
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den meisten Fäl en handelte es sich um Handwerker oder Ver-
    treter. Fast alle waren kräftig gebaut und gut gewaschen, trugen ordent-
    liche Stiefel und versuchten am Tisch auf unbeholfene Weise, höflich
    zu sein.
    Seltsamerweise – zumindest entgegen Wil iams Vorstellungen von
    Leuten wie Frau Arkanum – hatte sie nichts gegen Zwerge und Trol e.
    Zumindest nichts gegen die sauberen und anständigen. Anständigkeit
    war für Frau Arkanum wichtiger als Abstammung.
    »Hier heißt es, dass sechsundfünfzig Personen bei einem Krawal in
    einer Taverne verletzt wurden«, sagte Herr Schmitzenmacher. Als
    längster Mieter der Pension führte er am Tisch gewissermaßen den
    Vorsitz. Er hatte eine Ausgabe der Times gekauft, als er von der Bäckerei zurückkehrte, wo er als Vorarbeiter der Nachtschicht tätig war.
    »Komisch«, bemerkte Frau Arkanum.
    »Ich glaube, es sind fünf oder sechs gemeint«, sagte William.
    »Hier steht sechsundfünfzig«, sagte Herr Schmitzenmacher streng.
    »Schwarz auf weiß.«
    »Es muss stimmen«, meinte Frau Arkanum, und ihre Worte stießen
    auf allgemeine Zustimmung. »Andernfal s stünde es dort nicht ge-
    schrieben.«
    »Ich frage mich, wer dafür verantwortlich ist«, überlegte Herr Flach
    laut. Er reiste als Grossist für Stiefel und Schuhe.
    »Oh, bestimmt ganz besondere Leute«, erwiderte Herr Schmitzenma-
    cher.
    »Wirklich?«, fragte William.
    »Oh, ja«, sagte Herr Schmitzenmacher. Er gehörte zu den beeindru-
    ckenden Männern, die sofort zu Fachleuten wurden. »Man würde be-
    stimmt nicht zulassen, dass irgendjemand solche Dinge schreibt. Ist
    doch ganz klar.«
    William kehrte nachdenklich zum Schuppen hinterm Eimer zurück.
    Gutenhügel sah von dem Stein auf, wo er mit großer Sorgfalt den
    Text eines Theaterplakats setzte.
    »Dort drüben liegt Geld für dich«, sagte er und nickte in Richtung ei-
    ner Werkbank.
    Es waren größtenteils Kupfermünzen, fast dreißig Dol ar.
    William starrte darauf hinab. »Das kann nicht richtig sein«, hauchte er.
    »Herr Ron und seine Freunde kamen mehrmals zurück, um noch
    mehr Ausgaben zu holen«, sagte Gutenhügel.
    »Aber… aber es waren doch nur ganz gewöhnliche Nachrichten«,
    brachte William hervor. »Eigentlich spielten sie gar keine große Rolle.
    Es… waren einfach nur Dinge, die passiert sind.«
    »Nun, die Leute möchten wissen, was passiert ist«, erwiderte Guten-
    hügel. »Und bestimmt können wir morgen dreimal so viele Exemplare
    verkaufen, wenn wir den Preis halbieren.«
    »Den Preis halbieren ?«
    »Die Leute sind gern im Bild. War nur so ein Gedanke.« Der Zwerg
    lächelte. »Im Hinterzimmer wartet eine junge Frau auf dich.«
    Als der Schuppen eine Wäscherei gewesen war – vor der Schaukel-
    pferd-Ära –, hatte man einen Teil mit billiger Holzvertäfelung in Hüft-
    höhe abgetrennt, für die Angestellten und die speziel e Person, die den
    Kunden erklären musste, was aus ihren Socken geworden war. Sacha-
    rissa saß sittsam auf einem Stuhl, drückte die Handtasche an sich und
    presste die El enbogen an die Seiten, um möglichst wenig von sich
    selbst dem Schmutz auszusetzen.
    Sie nickte William zu.
    Er überlegte, warum er sie hierher gebeten hatte. Ja… Sie war ver-
    nünftig, mehr oder weniger, führte die Bücher für ihren Großvater.
    Offen gesagt: William begegnete nicht vielen gebildeten Leuten. Dafür
    kannte er umso mehr Personen, die einen Schreibstift für eine überaus
    komplizierte Maschine hielten. Wenn Sacharissa über die Bedeutung
    eines Apostrophs informiert war, wol te William über den Umstand
    hinwegsehen, dass sie sich so verhielt, als lebte sie im vergangenen
    Jahrhundert.
    »Ist dies jetzt dein Büro?«, flüsterte sie.
    »Ich denke schon.«
    »Du hast mir nichts von den Zwergen gesagt!«
    »Stören sie dich?«
    »Oh, nein. Zwerge sind meiner Erfahrung nach gesetzestreu und re-
    spektabel.«
    William begriff plötzlich, dass er mit einer jungen Frau sprach, die
    sich nie in bestimmten Straßen aufgehalten hatte, wenn die Kneipen schlossen.
    »Ich habe schon zwei gute Nachrichten für dich«, fuhr Sacharissa fort,
    als vertraute sie ihm ein Staatsgeheimnis an.
    »Äh… ja?«
    »Mein Großvater meint, dies sei der längste und kälteste Winter, an
    den er sich erinnern kann.«
    »Ja?«
    »Nun, er ist achtzig. Das sind ziemlich viele Jahre.«
    »Oh.«
    »Und der Jährliche Wettbewerb des Backen- und Blumen-Kreises der
    Tollen Schwestern fand gestern Abend ein vorzeitiges Ende, als

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