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Die Wacholderteufel

Die Wacholderteufel

Titel: Die Wacholderteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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Selbstmord getrieben.»
    «Die schaffen das. Wenn sie es drauf anlegen, dann werden sie mich so weit kriegen. Es sind so viele und sie sind so mächtig.» Nina rieb sich aufgeregt mit den Fingern durchs Gesicht.
    Wencke beschlich schon wieder dieses ungute Gefühl. Was war, wenn Nina Pelikan depressiv war? Ohne irgendeine Besorgnis erregende Indikation wurde wahrscheinlich niemand in die
Sazellum -Klinik
eingeliefert. Bei Wencke war es der Kreislauf – na ja, und so manches mehr   –, und bei Nina Pelikan könnte es eine Depression sein, weswegen sie und ihr Sohn nach Bad Meinberg gekommen waren. Dieser seltsame Spruch gestern Abend, als sie behauptete, sie habe schon einmal einenMenschen getötet, klang auch nicht gerade nach sonnigem Gemüt. «Warst du schon beim Psychologen?»
    «Gleich habe ich meinen Termin.»
    «Dann solltest du ihm von deinen   … hm, wie soll ich es sagen, von deinen Ängsten erzählen.»
    «Er wird mich für übergeschnappt halten. Genau wie du. Du glaubst auch, dass ich spinne, oder etwa nicht?»
    Wencke entschied sich für eine Kopfbewegung, die zwischen Nicken und Schütteln lag und somit nicht zu deuten war. «Ich denke, das Gespräch mit Ilja Vilhelm wird dir gut tun. Ich war auch eben auf der Couch. Und ich hätte nie gedacht, dass es sich so gut anfühlen kann, den ganzen Seelenmüll mal loszuwerden.»
    «Ich habe gar keinen Seelenmüll. Mir geht es eigentlich ganz gut. Wenn nicht jemand alles daransetzt, mir Angst zu machen. Diese Sache mit den Teufeln habe ich mir nicht eingebildet, und der Zettel ist mir mit Sicherheit absichtlich zugesteckt worden. Ich weiß überhaupt nicht, was ich diesem Psychoheini erzählen soll.»
    «Wart’s ab.»
    Nina löste den Schneidersitz und schaute auf die Uhr. «Ich muss los», sagte sie und stand auf. Bevor sie endgültig zur Klinik ging, blieb sie einen Augenblick vor dem Abfalleimer stehen. Wencke rechnete damit, dass sie sich im nächsten Moment den Papierknäuel, der einmal ein Zeitungsausschnitt gewesen war, aus dem Müll fischte, doch Nina ging nach einer kurzen, gedankenverlorenen Pause unverrichteter Dinge weiter.
    Also war es Wencke, die sich zum breiten Metallkorb herunterbeugte und die Hand hineinsteckte. Sie strich den Artikel wieder flach, faltete ihn zweimal und ließ ihn in die Innentasche ihrer Jeansjacke gleiten. Dann fiel ihr Blick auf den angeknabberten Pappbecher, den Nina am Vorabend hier entsorgt hatte. Sie griff danach. Sie hatte keine Ahnung, warumsie das tat. Zerknülltes Zeitungspapier und einen alten Kaffeebecher aus dem Müll zu bergen stand sicher nicht auf ihrem Kurplan. Vielleicht war es das Thema. Immer wieder das Thema: Mord und Totschlag. Sie zog es an wie ein Magnet. Oder es zog sie an, wie auch immer. Selbst in einem verschlafenen Kurort wie Bad Meinberg wurde sie damit konfrontiert. Der Artikel in der Tasche war eine gute Sache, über die sie grübeln konnte. Sie stand auf, ging am nordamerikanischen Ahorn vorbei Richtung asiatische Pappel. Und sie dachte an die Frau an den Externsteinen, die selbst vielleicht noch vor einer Woche diesen Weg entlangspaziert war und sich den Kopf über ihr Leben zerbrochen hatte. Und die vielleicht genau an dieser Stelle den Entschluss gefasst hatte, sich umzubringen. Und sie dachte an Nina Pelikan, die nun wahrscheinlich schon bei Ilja Vilhelm im Zimmer stand und sich entscheiden sollte, ob sie dem Stuhl, dem Sessel oder der Couch den Vorzug geben sollte. Und dann, auf welchem Platz auch immer, hoffentlich diese seltsamen Verschwörungstheorien von sich gab und sich anschließend helfen ließ.
    Wencke dachte mal wieder an alles Mögliche, nur nicht an sich selbst.
     
    TUT– – –TUT– – –TUT– – –TUT
    «–   Hier ist der automatische Anrufbeantworter von Wencke Tydmers und Axel Sanders. Wir sind gerade   … –
Ja, hallo, Wencke, bist du’s?»
    «Axel!»
    «Na, Chefin? Wie war der erste Tag im schönen Teutoburger Wald?»
    «Gut. Du, Axel, kannst du mir einen Gefallen tun?»
    «Definiere erst einmal
gut

    «Na ja, es ist nett. Das Essen ist okay, das Wetter so lala. Was ist, kannst du mir einen Gefallen tun, oder nicht?»
    «Schonst du dich auch richtig? Du hast schon wieder diesen Tonfall   …»
    «Welchen Tonfall?»
    «Na ja, du klingst, als hättest du in Bad Meinberg eine
    Zweigstelle der Auricher Mordkommission aufgemacht.
    Eifrig, chaotisch und alles andere als ausgeruht.»
    «Ich habe dir heute was per Post zugeschickt.»
    «Eine

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