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Die Wacholderteufel

Die Wacholderteufel

Titel: Die Wacholderteufel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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nicht so ganz, doch die kalte Nachtluft wehte die Benommenheit fort, und die nasse Luft ließ den Rausch nicht mehr ganz so gewaltig erscheinen. Stefan Brampeter wurde wieder klarer im Kopf.
    Konrad Gärtner schwang sich auf das Fahrrad und fuhr eine enge Runde im Kreis, bevor er in Richtung Ehrenmal in der Dunkelheit der Strom sparenden Kleinstadt verschwand. Hoffentlich kommt er heil an, dachte Stefan.
    Dann schlenderte er die Allee bis zum Kurpark entlang, mit langsamen Schritten und vorsichtigem Gang. Er wollte nicht aus Versehen die kleinen, liebevoll angelegten Blumenbeete zertreten, in die ehrenamtliche Stadtpfleger in der Adventszeit rote und weiße Weihnachtssterne gepflanzt hatten.
    Manchmal hielt er an und holte tief Luft. Jetzt ging es ihm besser. Er war schon fast an der Werkstatttür, durch die er auch in seine Privaträume gelangte. «Stefan Brampeter   – Holzrestaurierung», stand auf dem Schild neben der Pforte.
    Erst da fiel ihm auf, dass er das Holzrad in der Kneipe vergessen hatte. Nachdem die Vereinsrunde seine Arbeit gleich zu Beginn des Treffens gebührend bestaunt hatte, hatte er das Werk im kleinen Flur vor der Küche abgestellt. Dort mochte es jetzt noch stehen, sicherlich auch ungefährdet bis morgen früh. Dennoch war Stefan Brampeter nicht wohl bei der Sache. Was, wenn die Putzhilfe morgen früh das Holz mit irgendeinem scharfen Reinigungsmittel abrieb? Ohne bösen Willen sicher, einfach nur, weil sie dachte, es gehöre zu ihrer Aufgabe. Was, wenn einer der betrunkenen Skatbrüder den Weg zur Toilette nicht fand und dummerweise über das Rad fiel oder sich einen Streich ausdachte und daran herumfingerte? Er würde nicht ruhig schlafen können, wenn er das Ding dort stehen ließ. Und eine gute Portion Schlaf hatte er nach der Aufregung der letzten Tage bitter nötig. Also machte er kehrt. Es war nicht so weit bis zum Lindenhof. Nur das kleine Stück durch die schlafende Fußgängerzone. Stefan Brampeter gähnte. Wie sehr freute er sich auf die Ruhe seiner kleinen Wohnung. Morgen würde er lediglich die Auftragsbücher durchgehen und den Materialeinkauf für die nächsten Wochen machen. Zu mehr würde er sicherlich nicht in der Lage sein.
    Der Lindenhof war inzwischen stockdunkel. Weder in der Gaststube noch im angrenzenden Restaurant brannte noch Licht. Die Fahrräder der Skatbrüder lehnten auch nicht mehr an der Wand. Er musste sie um wenige Minuten verpasst haben. Ein Versuch, die Tür zu öffnen, schlug natürlich fehl. Die Wirte waren verantwortungsvolle Menschen, sie würden den Eingang nicht unverschlossen lassen. Er traute sich nicht, die Klingel zu benutzen. Wegen eines Rades wollte er niemanden von seinem wohlverdienten Feierabend abhalten.
    Stefan Brampeter setzte sich auf die Stufen und stützte seinen Kopf mit den Händen ab. Zu dumm. Wie sollte er nun zur Ruhe kommen? Er sah sich schon das Bett zerwühlen. Eigentlichbrauchte er unter diesen Umständen gar nicht erst nach Hause zurückzukehren.

12
    Mattis hatte von Bäumen geträumt. Mit einer Laseraxt hatte er eine riesenhafte Tanne nach der anderen gefällt. Ohne Probleme, seine Oberarme waren nämlich ebenso dick gewesen wie die Holzstämme, die Klinge war in einem Hieb durch die Fasern gerauscht. Irgendwann hatte er dann zugeschlagen und zu spät gemerkt, dass er aus Versehen ein Menschenbein durchtrennt hatte. Es hatte so ausgesehen wie ein Baum, aber als er es mit voller Gewalt durchschlug, kam Blut herausgequollen. Mattis hatte aufgeblickt und gesehen, dass es Hartmut war, dem er soeben den Oberschenkel amputiert hatte. Hartmut hatte nur böse geguckt und war dann auf dem anderen Bein davongehüpft. Das war ein komischer Traum, und noch beim Aufwachen hatte Mattis sich fest vorgenommen, ihn seiner Mutter zu erzählen.
    Doch als er die Augen aufschlug, war es seltsam kalt in seinem Bett. Er erinnerte sich noch an die kuschelige Wärme beim Einschlafen, an die Hand seiner Mutter auf seinem Oberarm und an ihren gleichmäßigen Atem, dem er noch eine ganze Weile zugehört hatte. Nun war alles still, und als er sich umdrehte, wurde seine Befürchtung bestätigt: Er war allein im Bett. Sie musste bereits aufgestanden sein. Doch im Zimmer war sie nicht. Er richtete sich ganz auf und schaute um die Ecke ins kleine Badezimmer. Das Licht war aus, und kein Geräusch war zu hören.
    Vielleicht war sie ja wieder bei diesen komischen Wassergüssen,dachte Mattis. Aber warum hatte sie das Fenster so weit aufgemacht? Eisiger Wind

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