Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman
dass der Pfaffe sich widersetzen würde. Er schwenkte den Lauf der Pistole langsam herum. Er würde dem Pfaffen das Gemächt abschießen und ihn dann hier liegen lassen. Vielleicht schaffte er es ja dennoch zu überleben, allem Dafürhalten nach sollten Schwanz und Eier für einen Pfaffen wohl nebensächliche Körperteile sein.
»Gehen Sie ruhig«, sagte Cyprian. »Er lässt mich hier nicht verbrennen.«
Heinrich fuhr herum. »Was macht dich da so sicher, Khlesl?«, schrie er.
»Ich kenne dich, Henyk.«
Fassungslos erkannte Heinrich, dass Cyprian sich nicht wirklich ins Bockshorn hatte jagen lassen. Er begann zu zittern, als er gegen das Verlangen ankämpfte, den Mann zu erschießen. Dann fiel ihm ein, dass er noch etwas in der Hinterhand hatte, mit dem er ihn wirklich treffen konnte.
»Weißt du noch, was ich dir beim Fluss versprochen habe, Khlesl?«, fragte er höhnisch.
Cyprians Gesicht spannte sich. »Ja«, sagte er heiser.
»Ich stelle mir vor, dass du dich jedes Mal, wenn ich dich hier besucht habe, gefragt hast, ob ich deine Tochter schon getötet habe. Nicht wahr?«
»Du hast es nicht getan«, sagte Cyprian.
»Bist du dir da auch so sicher?«
»Du hast mich nicht überleben lassen, um mir mitzuteilen , was du mit Alexandra angestellt hast. Du hast mich überleben lassen, damit ich es mit ansehen kann.«
»Gut geraten. Und weißt du was, Khlesl? Ich habe dir was mitgebracht.«
Heinrich löste die Kette vom Pflock. Er zog Cyprian nach draußen, an dem wie erstarrten Filippo vorbei, an Isolde vorbei, die zum brennenden Stroh hinübergestapft war und beide Hände darüber ausgestreckt hatte, als wolle sie die Flammen beschwören. Heinrich hörte sie summen.
Die Pferde draußen waren bereits unruhig und stampften. Auf Heinrichs Gaul saß Alexandra, den Kopf gesenkt, die Füße unter dem Bauch des Pferdes zusammengebunden und an den Handgelenken gefesselt. Isolde drängte sich an ihm vorbei, lief zu ihr, formte aus Zeigefinger und Daumen eine Pistole, zielte auf Alexandra und schnalzte mit der Zunge: »Klick!« Es hörte sich überraschend realistisch an. Dann jauchzte sie, wirbelte herum, stürzte zu Heinrich, hielt ihm den Finger an den Kopf und rief erneut: »Klick!« Ihr Daumen schnellte auf und ab. »Klick! Klick! Klick!«
Heinrich stieß ihre Hand weg, dann holte er aus und schlug sie ins Gesicht. Sie fiel zu Boden, als hätte sie ein fallender Stein getroffen. Fassungslos sah sie zu ihm auf. Blut lief ihr aus der Nase, dann heulte sie los. Heinrichs Handrücken brannte. Er hatte Mühe, sie nicht mit Füßen zu treten, bis das Geheul für immer erstickt war.
»Setz sie aufs Pferd, oder ich vergesse mich!«, sagte er zu Filippo. Dann wandte er sich Cyprian zu und stellte fest, dass Isoldes Narretei ihn um das Vergnügen gebracht hatte, seine tödliche Überraschung mitzuerleben. Cyprian musterte die zusammengesunkene Gestalt auf dem Pferd ohne äußere Regung. Alexandra hob langsam den Kopf, stierte auf Heinrichs Gefangenen und gab ein Geräusch von sich, das wie ein erstickter Schrei klang.
»Vater?«
Heinrich riss an der Kette. Cyprian war nicht darauf vorbereitet und machte einen stolpernden Schritt nach vorn, doch dann vollführte er plötzlich eine schnelle Bewegung, an deren Ende ein Teil der Kette um seinen Unterarm gewickelt war under eine halbe Drehung machte. Heinrich verlor das Gleichgewicht und fiel zu Boden. Atemlos sprang er auf. Cyprian stand schon fast über ihm, eine Länge der Kette zwischen den Fäusten gespannt. Heinrich wich zurück und zielte mit der Pistole auf die junge Frau auf dem Pferd. Über dem Röhren der Wut in seinem Hirn schaffte sich die Erkenntnis Luft, dass Cyprian ihn überwältigt hätte, wenn die Kette nur einen Schritt kürzer gewesen wäre, und ließ die Wut verblassen.
»Zurück, oder ich knalle sie ab! Vor deinen Augen!« Heinrichs Stimme überschlug sich.
Cyprian hob beide Hände und blieb regungslos stehen. Die Kette entrollte sich von seinem Arm.
Heinrich atmete heftig. Er hörte eine rauchige Stimme sagen: Wenn Sie und er in einer dunklen Gasse aufeinandertreffen … Auf Beinen, die ihm nicht zu gehören schienen, trat er zu Cyprian und fuhr ihm mit dem Pistolenlauf über das Gesicht. Aus einem langen Kratzer begann Blut zu sickern. Cyprian hatte nicht einmal geblinzelt.
Alexandra schrie erneut auf. »Lass ihn in Ruhe, du Schwein! Vater!«
»Los geht’s«, sagte Heinrich und schwang sich hinter ihr auf seinen Gaul. »Heute Abend wird die
Weitere Kostenlose Bücher