Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman
schlagen und so als loyaler, tapferer Diener gelten. Außerdem konnte er versuchen, den Fremden die Schuld in die Schuhe zu schieben. Er sah sich bereits in der Kapelle vor der weißen Frau und vor Heinrich auf dem Boden knien (auch in seiner Einbildung war er realistisch genug, um eine demütige Haltung als vorteilhaft zu empfinden) und keuchen, dass er nichts hatte tun können gegen ein halbes Dutzend Kerle, die die Hütte in Brand gesteckt hätten, und dass er so schnell wie möglich hergerannt wäre. Natürlich hatten sie ihn verfolgt, Kugeln waren ihm um die Ohren geflogen, aber er hatte sich vorgenommen, Pernstein zu warnen, und wäre selbst mit einer Kugel im Bauch noch hergekrochen, um seine Treue unter Beweis zu stellen …
Die Schwierigkeit war, dass er sich tatsächlich näher heranschleichen musste, wenn er feststellen wollte, wer die Männer waren. Und dabei konnte er entdeckt werden. Es ließ sich leichter davon träumen, dass man den Schüssen der Verfolgergetrotzt hatte, als sich in die Gefahr zu begeben, ihnen tatsächlich vor die Gewehre zu laufen.
Mit trockenem Mund und klopfendem Herzen wechselte er zum nächsten Baum. Äste und Laub raschelten unter seinen Füßen, in seinen Ohren klang es wie die Trompeten von Jericho. Tatsächlich war das Prasseln des Feuers vorne so laut, dass er mit Bocksprüngen über den Waldboden hätte hetzen können, und niemand hätte ihn gehört. Schließlich war er so nahe, dass er Gesichter erkennen konnte. Aus irgendeinem Grund war er erleichtert, dass es keine Soldaten waren. Sie sahen eher aus wie die Mannschaft eines reisenden Kaufmanns, die ihren Treck verlassen hatten, um dem Rauch nachzugehen. Allerdings führte die Straße, die von Brünn aus nach Norden verlief, so weit westlich von hier vorbei, dass man das Feuer von dort aus nicht gesehen haben konnte. Und auf der Straße von Pernstein bis zur Kreuzung gab es sicherlich keinen Güterverkehr im herkömmlichen Sinn. Dann stellte Cosmas zu seiner Überraschung fest, dass er einen der Männer kannte. Er stammte wie er aus Brünn. Ein wohlhabender Kaufmann – er kam nur nicht auf den Namen. Was tat der Kerl hier?
Seine Gedanken wurden abrupt unterbrochen, als eine Hand seinen Nacken ergriff, eine zweite sein rechtes Handgelenk, sein Arm wurde schmerzhaft auf den Rücken gedreht und seine Stirn zugleich gegen den Baumstamm gerammt. Einige Augenblicke lang versank die Welt in dem Schmerz, der von seiner Schulter ausging, und dem Nachhall des Aufpralls, der in seinem Schädel dröhnte. Er fühlte sich vorwärtsgetrieben, und seine Beine stolperten mit. Erst nach und nach verschaffte sich die Erkenntnis Raum, dass man ihn beim Spionieren erwischt hatte. Seine Knie wurden zu Wasser, aber da war er schon mitten unter den Männern, die er belauscht hatte. Er fiel auf den Boden. Vage wurde ihm bewusst, dass er nun genau die Haltung einnahm, die er sich anlässlich derMeldung seiner Beobachtung in der Kapelle von Pernstein vorgestellt hatte. Sein Arm und sein Genick wurden losgelassen, und er hielt sich die Schulter. Sein Arm begann, lahm zu werden. Beine umringten ihn. Voller Angst blickte er nach oben in ein schmales Gesicht, von langem, lockigem Haar eingerahmt, das dem Mann gehören musste, der ihn überrascht hatte. Obwohl er keine Ähnlichkeit mit Heinrich von Wallenstein-Dobrowitz hatte außer dem langen Haar, versetzte es ihn im ersten Moment in Panik. Er begann zu blubbern.
»Bitte … bitte …«
»Das ist doch der versoffene Bader«, sagte jemand von den Umstehenden. »Ich komme gleich auf den Namen.«
»Ist er gefährlich?«, fragte der Mann mit dem langen Haar.
»Nein …«, stotterte Cosmas. »Nein … Ich bin nur … Ich wollte nur …«
»In unserer Lage ist alles gefährlich, Andrej, meinst du nicht?«
»Du hast recht, Vilém.« Der Mann namens Andrej beugte sich zu ihm herab. »Was war in der Hütte? Wieso wurde sie angezündet?«
»Keine Ahnung … Ich bin wirklich nur … Ich wollte bloß …« Cosmas schwitzte Sturzbäche vor Angst.
»Fesseln wir ihn, und nehmen wir ihn mit«, sagte Andrej. »Eine Geisel könnte nützlich sein.«
14
» Warum hast du mir auf der Lichtung nicht den Rest gegeben?«, fragte Alexandra. »Wenn deine Pistole geladen gewesen wäre, hättest du mich erschossen. Warst du zu feige, es mit deinen eigenen Händen zu beenden?«
»Mir fiel plötzlich etwas Besseres ein«, sagte Heinrich. Er war froh, dass sie vor ihm saß und sein Gesicht nicht
Weitere Kostenlose Bücher