Die Waechter der Teufelsbibel - Historischer Roman
du noch, wie ich dir damals einen ganz anderen Schlüssel gegeben habe, den zu meinem Herzen? Aber du hättest ihn gar nicht gebraucht, denn es war offen für dich vom ersten Augenblick an, in dem ich dich gesehen habe. Und ihre Kinder würden fragen: Wovon redet ihr da? Und sie würden stumm auf das eine Stück zeigen, das sie heute – der Plan reifte binnen eines Herzschlags in Alexandra – aus dem Kuriositätenkabinett schmuggeln würden, das erste Stück ihres zukünftigen gemeinsamen Haushalts. Und während die Kinder das Artefakt betrachteten, würden ihre und seine Blicke sich aneinander festhalten und ein Versprechen beinhalten, das in der Nacht eingelöst werden würde.
Alexandra blinzelte. Die Kälte war aus ihren Gliedern gewichen. Henyk wanderte durch die letzte der drei Kammern, die sie durchquert hatten, und ließ seine Laterne auf alles leuchten, was interessant schien.
»Warum ist es hier so warm?«, fragte sie.
»Die Küche der Burg liegt unter diesem Teil des Kuriositätenkabinetts. Der Kaiser hat sich die meiste Zeit des Tages hier aufgehalten. Er wollte nicht frieren, nehme ich an.«
Henyk schlenderte wieder auf sie zu. Sein Lächeln verlangte nach einem Echo auf ihrem Gesicht.
»Gefällt es Ihnen?«
»Ist das hier schon die letzte Kammer?«
Er legte den Kopf schief und betrachtete sie. Seine Augen verengten sich, und ihr Puls ging heftiger. Die Luft zwischen ihnen schien zu vibrieren.
»Ist dies ein Tag, um Geheimnisse zu offenbaren?«, fragte er.
Alexandra gab seinen Blick zurück und nickte dann langsam. Was sie betraf, hatte seine Zweideutigkeit nur eine einzige Bedeutung.
»Es gibt noch eine weitere Kammer – Kaiser Rudolfs geheimes Labor. Außer ihm dürften höchstens zehn andere Menschen dort gewesen sein. Wollen wir …«, er musterte sie erneut, »… wollen wir das geheime Siegel brechen?«
Er stand jetzt dicht vor ihr. Sie tat den einen Schritt, der sie noch trennte, stellte sich auf Zehenspitzen und küsste ihn als Antwort auf den Mund. Lass uns das Siegel brechen, dachte sie, lass mich dir das Geschenk machen, das ich keinem anderen Mann jemals wieder geben kann oder geben wollte. Sie spürte, wie er erstarrte, aber sie wusste, dass es nicht aus Abscheu geschah, sondern weil er sonst seinen Körper nicht mehr unter Kontrolle gebracht hätte. Ihr erging es ebenso. Die Luft mochte wärmer geworden sein von der Abwärme der Küche, aber das Feuer, das jetzt in ihr loderte, war heißer als alles, was von außen kommen konnte, und ließ sie brennen. Sie wollte seine Arme um ihren Leib spüren, sie wollte spüren, wie er sie an sich drückte, sie wollte ihn durch den Stoff ihrer dicken Gewänder hindurch fühlen, und dann wollte sie sich durch die Lagen aus Stoff hindurchwühlen, bis sie seine glatte Haut berührte, und ihre eigene Haut dagegendrücken … Ihr Körper begann zu zucken, und sie spürte, wie seine Lippen sich unter ihrem Kuss öffneten. Er löste sich von ihr. Seine Augen leuchteten.
»Folge mir«, sagte er fast unhörbar.
Er bückte sich und schlug einen Teppich zurück, der inseiner Schlichtheit so offensichtlich nicht hier hereingehörte, dass er nach Kaiser Rudolfs Tod hergebracht worden sein musste. Im Boden wurden die Fugen einer Falltür sichtbar. Als er sich aufrichtete, stand Alexandra bereits dicht neben ihm. Henyk schlug den Teppich weiter zurück, und etwas fiel metallisch klirrend jenseits des Lichtkreises auf den Boden. Es war ein kleines, schwach schimmerndes Kästchen voller Räder und Hebel.
»Eine Spieluhr«, sagte Henyk.
»Wenzel hat so ein Ding im Hirschgraben gefunden, im Jahr von Kaiser Rudolfs Tod«, sagte Alexandra unwillkürlich.
»Wer ist Wenzel?«, fragte er, und der Gesichtsausdruck, den er aufsetzte, ließ sie lächeln.
»Niemand«, sagte sie.
Er zog eine Braue in die Höhe. Sie küsste ihn erneut. Diesmal erwiderte er den Kuss. Alexandra hatte wie fast alle jungen Frauen ihrer Epoche ihre ersten Küsse mit ihrer Magd ausgetauscht, als diese mit der Neuigkeit dieser Handlung angekommen und Alexandra klar gewesen war, dass es für sie selbst nicht zur Debatte stand, einen der Knechte im Stall zu küssen . Der Ausweg war, sich von der Magd zeigen zu lassen, wie es ging, und sich danach mit nur lauwarmer Erregung zu fragen, was alle Welt für ein Aufhebens darum machte und warum ihre Eltern manchmal halbe Minuten damit verbrachten, einen einzigen Kuss zu teilen, wenn sie abends vor dem Feuer saßen. Die Küsse der Magd
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