Die Wächter Edens
Können Sie sich die bitte ansehen?«
»Im ganzen Haus oder nur bei Ihnen?«, blökte der Hausmeister missgelaunt zurück.
»Ich kann nur für meine Wohnung sprechen«, schoss Arienne nicht weniger unfreundlich zurück. »Vielleicht ist es auch das Aggregat im Keller … Aber das finden Sie sicher schnell heraus, wenn Sie kommen und es sich ansehen, nicht wahr?«
Er murmelte noch einige unverständliche Worte und etwas von »Montagvormittag«. Arienne gab sich damit zufrieden und legte auf, als der Wasserkocher durch ein leises Piepen signalisierte, dass sie endlich ihren Tee aufbrühen konnte.
Während sie die beiden Teebeutel in der Kanne schwenkte, warf sie einen Blick aus dem Fenster. Draußen wurde es bereits finster und ein wolkenloser Himmel versprach eine klirrend kalte Nacht. Die Straßenlaternen erwachten zum Leben. Alle bis auf eine, die nach mehrmaligen Fehlzündungen des Gases den Dienst komplett versagte.
So geht sie dahin, die große Lichterkette der Stadt .
Das Türklingeln riss sie aus ihren Gedanken. Tom war wieder pünktlich. »Ich hab Pasta dabei«, meldete er durch die Gegensprechanlage.
Arienne drückte kopfschüttelnd den Summer. Er will mich anscheinend bemuttern.
Tom atmete schwer, als er die Wohnung betrat, obwohl Ariennes Wohnung nur im zweiten Stock lag. Aber Tom hatte die fünfzig bereits überschritten, und seine Schwäche für ungesundes Essen hatte seinem Körper einiges abverlangt … oder vielmehr auferlegt. Er stellte zwei weiße Plastiktüten auf den Küchentresen. »Ich wusste nicht, was du magst, da hab ich einfach mal ein paar Klassiker mitgebracht«, schnaufte er.
Tom griff auch sogleich in die linke der beiden Tüten und zog eine silberne Aluminiumschale heraus, deren Inhalt von einem Pappdeckel gesichert wurde. Als er den Deckel abhob, zogen sich klebrige Käsefäden in die Länge. »Lasagne«, sagte er zufrieden, und Arienne konnte nicht leugnen, dass er sie in diesem kurzen Moment an einen sehr berühmten orangefarbenen Comic-Kater erinnerte.
»Was hast du sonst noch, Garfield?«, lachte sie.
Tom überging den Scherz und deutete auf die rechte Tüte. »Einmal Spaghetti Carbonara und einmal Napoli. Und in der anderen ist noch mal Lasagne.«
Arienne nickte und entschied sich ebenfalls für die Lasagne, schon allein, weil es das wärmste der drei Gerichte war und ihr der kalte Wind vom Friedhof noch immer in den Knochen steckte. Sie hätte es natürlich auch einfach in die Mikrowelle stellen können, doch sie hatte das Gefühl, dass die Sachen darin immer leicht zäh wurden, und so nutzte sie das Gerät nur, wenn es sich nicht vermeiden ließ.
Kaum hatte sie die Lasagne auf einen Teller geschaufelt, griff Tom nach dem obersten Autopsiebericht und ließ sich stöhnend aufs Sofa fallen. »Hast du sie dir noch einmal durchgesehen?«, fragte er.
Arienne konnte ihm den gelangweilten Tonfall nicht übel nehmen. Auch sie verspürte wenig Lust, die trockenen Berichte erneut durchzuwälzen. »Nein, noch nicht.«
»Gut«, sagte Tom zu ihrer Überraschung. »Das bringt auch nichts.«
»Wie meinst du das?«
Er schob sich gerade eine Gabel in den Mund, auf der er eine kritische Masse an Lasagne balancierte. Während er kaute, gestikulierte er mit der freien Hand, dass Arienne ihm noch einen Moment Zeit geben solle. »Ich meine«, sagte er schließlich mit halb vollem Mund, »dass wir aus den Berichten auch nicht schlauer werden.« Mit lautem Schlucken bahnte der Happen, der fast aus der halben Lasagne bestanden hatte, sich seinen Weg in Toms Eingeweide. »Es gibt zwar Brandbeschleuniger, die man nicht nachweisen kann, aber das ist für eine Story zu wenig. Und vor allem – wir können es nicht beweisen.«
Arienne seufzte. »Also haben wir nichts? Aber was ist mit der Videoaufzeichnung?«
Tom nickte. »Richtig. Wir haben nicht nichts. Wir haben einen Verdacht … Aber das reicht noch nicht.«
»Hat Ed dir in den Arsch getreten?«, fragte sie.
»Nein, der weiß noch nichts von unserer Arbeit.« Er blickte sie prüfend an. »Zumindest nicht von mir.«
»Ich habe ihn heute gar nicht gesehen.«
»Gut.« Tom kicherte. »Das ist auch besser für seinen Blutdruck.« Er stellte den leeren Teller auf dem kleinen Couchtisch ab. »Was ich sagen will, ist, dass wir nicht im Trüben, sondern im Stockfinsteren fischen. Wir haben einfach keine Spur.«
»Und jetzt?«
»Jetzt warten wir«, sagte Tom beinahe gelassen.
»Worauf denn?«
»Auf das nächste Opfer. Wenn wir
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