Die Waechter von Marstrand
Mal besonders viele Rüben und nahm dafür so wenig Geld wie irgend möglich. Beim letzten Einkauf hatte ein Kind gefehlt. Später erfuhr Agnes, dass das arme Ding an Fieber gestorben war.
»Sie soll alles behalten, was sie sich genommen hat«, sagte Agnes, »aber hol bitte den Rest.«
Eilig sammelte Oskar das übrige Geld ein und verriegelte die Tür. Agnes zündete die Tranlampe an, die sie gelöscht hatte, bevor der Mann hereinkam. Nie wieder würde sie diesen Fehler begehen.
»Du bist verletzt«, sagte er besorgt. »Lass mich mal nachsehen.«
»Er hatte ein Messer.« Agnes betastete ihren Hals, doch da war nur eine kleine Schramme.
»Nicht dort«, sagte Oskar. »Ich fürchte, er hat dir mit dem Messer in die Brust gestochen.«
Agnes spürte, wie sie allmählich das Bewusstsein verlor. Sie wusste nicht, ob es an dem Schock oder an schwerwiegenden Verletzungen lag.
»Nicht in die Brust«, stammelte sie, bevor ihr schwarz vor Augen wurde.
Als sie wieder zu sich kam, hatte sie großen Durst. Mühsam öffnete sie die Augen. Diese Zimmerdecke hatte sie noch nie gesehen! Schnell schloss sie die Augen.
»Durst«, war alles, was sie über die Lippen brachte. Jemand stützte ihren Kopf und hielt ihr einen Becher Wasser an die Lippen.
»So, nun trink.« Die Stimme war vertraut, aber die Gerüche waren neu für sie. Das Kissen war weich und genau wie das Deckbett mit Federn gefüllt. Der Stoff fühlte sich weich und zart an. Wo war sie? Und wem gehörte diese Stimme? Als sie versuchte, sich zu erinnern, drehte sich alles in ihrem Kopf. Vielleicht war sie tot.
» Oma ?« Sie hustete. »Großmutter?«
»Ich weiß, dass du deine Großmutter vermisst, du hast oft nach ihr gefragt.« Wieder diese Stimme. Plötzlich fiel ihr ein, wem sie gehörte. Oskar Ahlgren. O Gott. Unter großer Anstrengung öffnete sie die Augen. Sie befand sich in einem Bett in einem Zimmer. Oskar hielt ihren Kopf, damit sie trinken konnte. In einem Kachelofen brannte ein Feuer, und neben ihrem Bett stand eine Chaiselongue.
»Danke, lieber Gott.«
»Wo bin ich?«
»Auf meinem Hof auf Klöverö. Es ging dir sehr schlecht, und du hattest hohes Fieber. Weißt du noch, was passiert ist?«
»Das Messer«, flüsterte Agnes.
»Er hat es dir in die Brust gestoßen.« Er senkte den Blick.
Vorsichtig griff sich Agnes unter das Nachthemd, das sie trug. An die Brust.
»Ich kann es dir erklären«, flehte sie.
»Ich sah, dass du blutetest. Als ich dann entdeckte, dass du eine Frau bist, konnte ich schließlich keinen Arzt in dein Zimmer bei Widells rufen. Die sind nicht besonders angetan von Menschen, die sie hinter das Licht führen. Somit fiel auch der örtliche Arzt aus, denn er ist ein guter Freund von Kaufmann Widell. Gott sei Dank wusste ich von einem größeren Schiff, das auf dem Weg nachGöteborg war. Ich konnte den Schiffsarzt überreden, mit hierherzukommen, bis du wieder gesund bist.«
Es klopfte an die Tür.
»Ach, eine Sache habe ich ganz vergessen …« Die Tür ging jedoch auf, bevor Oskar ihr erzählen konnte, was es war.
Ein rundlicher Mann um die fünfzig betrat den Raum. Das muss der Arzt sein, dachte Agnes.
»Sie ist wach«, sagte Oskar.
»Das höre ich gern. Wie geht es Ihnen, gnädige Frau Ahlgren?«
Frau Ahlgren? Sie schaute Oskar an.
»Danke. Viel besser.«
»Ihr Mann hat sich Sorgen um Sie gemacht. Sein schnelles Handeln hat Ihnen das Leben gerettet. Er hat sie keine Minute aus den Augen gelassen und sogar in diesem Zimmer geschlafen.«
»Wir haben abwechselnd Wache an deinem Bett gehalten«, sagte Oskar beschämt.
»Ich glaube, Sie werden wieder ganz gesund. Nur überanstrengen Sie sich nicht, Sie brauchen noch eine Weile Ruhe. Die Bediensteten scheinen den Haushalt auch ohne die Aufsicht der gnädigen Frau zu bewältigen.«
Kann ich mir vorstellen, dachte Agnes.
»Ich bringe Sie zum Anleger«, sagte Oskar. »Sie werden mit dem Segelschiff nach Göteborg gebracht, denn das ist Ihnen sicher lieber als der Landweg über Tjuvkil.«
»Gute Besserung, gnädige Frau.« Der Arzt nickte Agnes zu und wollte gerade die Tür hinter sich schließen, als sie ihm hinterherrief.
»Vielen Dank für alles, was Sie für mich getan haben.«
Der Mann drehte sich um.
»Tatsächlich. Ich bin froh, dass es Ihnen wieder besser geht. Und es ist beruhigend, Sie in so guten Händen zu wissen.« Lächelnd machte er die Tür hinter sich zu.
Agnes sank zurück in die Kissen. Wie lange hatte sie hier gelegen? Einen Tag? Eine Woche?
Sie
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