Die Waechter von Marstrand
sie oder eventuelle Spuren zu zerstören. Nach einer längerer Beratschlagung holte Jerker seine Ausrüstung, um vorsichtig rings um die Leiche zu graben und sie anschließend zu bergen.
Die äußerst komplizierte Arbeit nahm trotz der Hilfe von mehreren Küstenpolizisten, die sich eifrig durch den Torf gruben und schnitten, mehr Zeit in Anspruch als gedacht. Drei Stunden später gelang es Jerker, eine Plane unter den Torf zu schieben, um so viel wie möglich von der Fundstelle zu heben.
»Okay. Jetzt ist absolute Vorsicht geboten! Wir fangen an, sie zu heben.« Langsam spannten sich die Drahtseile, und ein großes Stück vom Alten Moor wurde langsam in die Höhe gehievt. Als es eine ganze Stunde später schließlich auf die Erde gelegt wurde, triefte Wasser von der Kunststoffplane. Es bestand kein Zweifel mehr daran, dass es sich um eine Leiche handelte. Eine weibliche Leiche. Torf fiel von den Beinen der Frau herunter und entblößte ihre Füße. Margareta musterte sie sorgfältig.
»Kommt und seht euch das an.«
Karin hockte sich neben sie. Die Füße der Frau waren zerkratzt, als wäre sie gerannt, bis ihre Sohlen bluteten. In den offenen Wunde konnte man mit bloßem Augen kleine Zweige, Nadeln, Steinchen und Grashalme erkennen.
»Sie muss barfuß gelaufen sein«, sagte Karin.
Als Jerker das Drahtseil entfernte, um alles für den Weitertransport in die Rechtsmedizin einzupacken, fiel noch ein Stück Torf zur Seite.
»Am besten nehmen wir so viel wie möglich mit, damit wir es uns bei dir in aller Ruhe ansehen können, Margareta«, sagte er zu der Rechtsmedizinerin.
»Das machen wir.«
Karin packte mit an, so gut sie konnte. Plötzlich musste sich einer der Kollegen übergeben.
»Oh, mein Gott«, stöhnte er. »Es ist ein Kind. Sie hat ein Kind bei sich!«
Karin ging zur Plane. Erst jetzt bemerkte sie das flaumige Köpfchen. Die Frau drückte ein kleines Menschlein an ihre Brust. Der Torf hatte den Babykörper verdeckt, aber nachdem er Stück für Stück von der Leiche heruntergefallen war, hatte er nun auch das Kind freigelegt. Sie schwiegen eine Weile.
Schließlich machte Margareta der Stille ein Ende.
»Wir nehmen euch beide jetzt mit, und dann werden wir versuchen, herauszufinden, was hier passiert ist«, sagte sie zu Frau und Kind, als spräche sie mit Patienten in einem Wartezimmer.
Das erleichtert die Sache ein wenig, dachte Karin. Vielleicht würde Margareta ihnen sagen können, wie die beiden überhaupt im Moor gelandet waren. Hatten sie sich verlaufen? Die Füße der Frau deuteten darauf hin, dass sie gerannt war. Möglicherweise war sie verfolgt worden. Dies war mit Sicherheit kein Irrtum. Diese Frau hatte sich nicht mit ihrem Baby im Tragetuch versehentlich beim Pilzesammeln verirrt. Wenn sie wirklich vor jemandem auf der Flucht gewesen war, würden Jerker und Margareta bestimmt Beweise an das Licht befördern, mit deren Hilfe Karin den Täter finden konnte. Als sie endlich alle Sachen eingepackt hatten und sich auf den Weg nach Göteborg machten, leuchtete der Himmel blutrot.
Nordgård, Klöverö
Agnes spürte die kalte Messerklinge zuerst an der Kehle und dann den Stich in die Brust. Warmes Blut rann aus der Wunde, zuerst tröpfelnd, dann strömte es regelrecht. Sie rief nach Mauritz und nach ihrer Großmutter. Sie schrie um Hilfe. Doch niemand kam.
Eine kühle Hand legte sich auf ihre Stirn und strich ihr anschließend über die Wange.
»Agnes, du träumst. Es ist alles in Ordnung, Agnes. Hörst du mich?«
Im Zimmer war es dunkel, aber die Stimme klang vertraut. Oskar hatte sich über sie gebeugt. Nun konnte Agnes seine Gesichtszüge erkennen. Er sah besorgt aus.
»Du hattest einen Albtraum. Und vielleicht ein bisschen Fieber.« Wieder legte er ihr die Hand auf die Stirn.
»Au, die Wunde spannt so«, sagte Agnes. »Außerdem habe ich von dem Mann mit dem Messer geträumt.« Sie erschauerte.
Oskar half ihr, sich aufzusetzen, und reichte ihr einen Becher Wasser. Es schmeckte nach Heidehonig.
»Eigentlich sollte das Getränk warm sein, aber als ich damit heraufkam, warst du bereits eingeschlafen.«
Agnes gab ihm den Becher zurück.
»Nein, nein. Trink alles aus.«
Sie gehorchte.
»Wer kümmert sich um die Trankocherei, wenn du nicht da bist?«, fragte Agnes.
»Mach dir deswegen keine Gedanken«, erwiderte Oskar.
Agnes wirkte gekränkt.
»Belaste dein niedliches Köpfchen nicht mit solchen Dingen?«, murmelte sie. »Willst du mir das damit sagen?«
»Nein, so habe ich es
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