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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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die Villa um zwei Flügel erweiterten, und hatte vor sich die Abrechnungen ihres Haushalts liegen; aber sie arbeitete nicht, sondern genoß schläfrig die warme Sonne. Die Hände ruhten entspannt auf dem gewölbten Leib, in dem sie die Bewegungen des Kindes spüren konnte. Der Kleine hatte sich in letzter Zeit wenig bewegt - sie zweifelte nicht daran, daß es diesmal ein Sohn war. Vermutlich machte das warme Wetter das Ungeborene ebenso träge wie sie sich fühlte.
    Julia schloß die Augen und lehnte sich zurück. Ohne sich zu bewegen, lauschte sie dem Zwitschern der Vögel und den Stimmen der Sklaven, die ihren Pflichten in Haus und Hof nachgingen.
    Gaius sagte immer, Julias Haushalt funktioniere so reibungslos wie eine Legion beim Aufschlagen des Lagers. Julia wußte, ohne es überprüfen zu müssen, welche ihrer Diener und Dienerinnen sich gerade an welcher Stelle auf dem großen Anwesen befanden.
    »… spielen im Garten«, hörte sie das kräftige gallische Kindermädchen sagen, deren Aufgabe es war, Julias Töchter nicht aus den Augen zu lassen.
    »Das stimmt nicht!« erwiderte Lydia, die alte Amme der Kinder. »Die Zwillinge bekommen gerade das Mittagessen, und Cella hilft in der Küche beim Kuchenbacken. Ich finde, Secunda ist noch nicht in dem Alter, in dem man sie alleinlassen kann… «
    »Sie war vorhin noch im Garten… «, erwiderte das Kindermädchen unsicher.
    »Und wo bist du gewesen? Hast du wieder mit dem Stallknecht geflirtet?«
    Das Kindermädchen sagte: »Weit kann sie nicht sein… «
    Die alte Lydia erwiderte: »Mach dich sofort auf den Weg und such sie. Aber das kannst du mir glauben, wenn dem Kind etwas zugestoßen ist, werde ich persönlich dafür sorgen, daß man dich auspeitscht! Hast du denn kein Verantwortungsgefühl? Du weißt doch, daß unsere Herrin hochschwanger ist und sich nicht aufregen darf!«
    Julia runzelte die Stirn. Sie überlegte, ob sie aufstehen und mit dem Kindermädchen ein ernstes Wort reden sollte. Aber die Schwangerschaft setzte ihr zu. Sie fühle sich schlapp und kraftlos. Bestimmt würden sie Secunda finden…
    In der Ferne hörte sie Stimmen, und sogar Gaius schien auf einmal in der Nähe zu sein.
    Gut. Sie haben ihn geholt. Es ist nur richtig, daß er sich auch einmal um seine Kinder kümmert…
    Sie lehnte sich wieder zurück und sagte sich, sie dürfe sich wegen des Ungeborenen nicht aufregen. Aber trotzdem wuchs ihre Unruhe. Die Stimmen schienen sich zu entfernen. Wie weit war Secunda gelaufen?
    Der Schatten auf der Sonnenuhr hatte fast die nächste volle Stunde erreicht, als sie Schritte auf dem Kies hörte.
    Aha, sie hatten Secunda gefunden… . aber warum waren sie so still? Secunda würde doch bestimmt weinen, wenn ihr Vater sie bestraft hatte, wie sie es verdiente…
    Ein kalter Schauer lief Julia plötzlich über den Rücken. Sie ahnte nichts Gutes, richtete sich mühsam auf und hielt sich an der Säule fest. Zwischen den Bäumen tauchten die Männer und Frauen auf.
    Als sie Gaius in der Gruppe entdeckte, wollte sie rufen, aber sie brachte kein Wort über die Lippen. Dann trat der Gärtner zur Seite, und sie sah, daß Gaius die kleine Secunda auf den Armen trug. Selbst im Schlaf war das Mädchen noch nie so still gewesen.
    Warum rührt sie sich nicht?
    Julia bewegte lautlos die Lippen.
    Gaius trat zu ihr. Tränen liefen ihm über die Wangen. Von Secundas rosa Kleidchen tropfte Wasser, und die schwarzen Locken klebten ihr am Kopf. Julia starrte auf das Kind. Der Schock der Erkenntnis schoß ihr eiskalt durch die Adern.
    »Sie ist… in den Bach gefallen… «, stieß Gaius heiser hervor, »das nasse Ufer… Sie ist ins Wasser gerutscht… Ich habe versucht, sie zu beatmen… Ich habe alles versucht… «
    Er schluckte und blickte auf das kleine leblose Gesicht, das so weiß war wie Marmor.
    Nein, dachte Julia wie betäubt, Secunda wird nie wieder atmen.
    Sie hob verwirrt die Hand vor die Augen und verstand nicht, weshalb alles um sie herum plötzlich so dunkel wurde. Dann durchzuckte sie ein stechender Schmerz im Leib, und sie verlor das Bewußtsein.
    Die nächsten Stunden vergingen in Verwirrung, Schmerzen und Tränen. Sie hörte unbestimmt, wie Gaius schwor, er werde das gallische Kindermädchen eigenhändig bestrafen, während Licinius versuchte, ihn zu beruhigen. Sie wußte nur, Secunda war etwas geschehen… Sie wollte aufstehen und zu ihr gehen, aber die Frauen drückten sie in die Kissen zurück. Dann zerriß sie noch einmal der fürchterliche

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