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Die Wälder von Albion

Die Wälder von Albion

Titel: Die Wälder von Albion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marion Zimmer Bradley
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nicht verlassen wie Miellyn, die die alte Latis oft begleitete, wenn eine Hilferuf aus einem der umliegenden Dörfer kam, oder wenn sie bei einem Fest die Fragen der Menschen beantwortete, die oft von weit her kamen, um die Gelegenheit zu einem Gespräch mit den Priesterinnen zu nutzen.
    Hinterher hörte sich Eilan die Geschichten an, die ihre Freundin Miellyn erzählte, und sie stellte Latis Fragen über die Vor-und Nachteile einer Behandlungsmethode. Die Priesterin sprach sehr offen mit ihnen über die Ursachen der Krankheiten und die Aussichten auf eine Heilung.
    »Wenn die Menschen gegen die Natur verstoßen, und meist verstoßen sie gegen die eigene, dann stören sie das Gleichgewicht zwischen Körper und Seele und werden früher oder später krank.«
    »Der kleine Junge der Bäuerin hat Grind am Rücken und an den Händen. Was hat er denn getan?« fragte Miellyn ungläubig.
    Die alte Latis lachte leise.
    »Ja, der Sohn der Eibis. Sie ist mit dem jungen Pastro verheiratet, und er verprügelt sie. Er trinkt und schreit, wenn er nach Hause kommt. Du wirst sehen, nicht meine Kamillesalbe hilft dem Jungen, sondern daß sie ihn zu seiner Großmutter schicken.«
    Neben den Ratschlägen der Priesterinnen, den Anrufungen und Beschwörungen, halfen jedoch meist Kräuter, die Kranken zu heilen. Und Eilan staunte über das umfangreiche Wissen der Priesterinnen. Sie fand es am schönsten, wenn man ihr auftrug, mit Miellyn zusammen die Heilpflanzen und Kräuter in den umliegenden Wäldern und auf den Wiesen von Vernemeton zu sammeln. Sie lernte auch, welche man bei einem bestimmten Stand der Sonne oder des Mondes suchen mußte, und Latis zeigte ihnen später, wie die Kräuter getrocknet, gekocht oder pulverisiert wurden.
    »Dieses Wissen ist älter als das der Druiden«, vertraute ihr Miellyn eines Tages an, als man sie beide an einen Bachlauf geschickt hatte.
    Miellyn lebte zwar schon sehr viel länger in Vernemeton als Eilan, aber die beiden waren fast gleichaltrig und die Jüngsten unter den Novizinnen. Miellyn war ausersehen, eine Heilpriesterin zu werden, und hatte auf diesem Gebiet schon viel gelernt.
    »Dieses Wissen ist auch älter als Vernemeton«, fügte sie hinzu. »Einiges stammt noch aus jener Zeit, bevor unser Volk nach Albion gekommen ist.«

    Es hatte in diesem Frühjahr viel geregnet. Sie gingen am Ufer des Bachs entlang, der hinter dem Heiligtum durch die Wiesen floß. Das Sumpfwurz war so hoch, daß es ihnen bis zur Hüfte reichte. Der starke Geruch der Blätter machte sie beim Abstreifen von den dicken, fleischigen Stengeln beinahe benommen. Die Priesterinnen verbrannten die Blätter, um Visionen hervorzurufen, aber in Alkohol eingelegt waren sie als scharf riechende Tinktur auch ein gutes Mittel zum Einreiben bei Muskelschmerzen.
    »Caillean hat mir das auch schon einmal gesagt«, antwortete Eilan. »Sie hat von einer Zeit erzählt, in der es in Albion noch keine Druiden-Priester gab. Als unser Volk hierher kam, tötete man die Priester der besiegten Stämme, aber man wagte nicht, Hand an die Priesterinnen der Großen Mutter zu legen. Unsere heiligen Frauen haben dann von ihnen gelernt und damit ihr Wissen bereichert.«
    »Richtig«, sagte Miellyn und ging langsam am Bach entlang. »Caillean weiß über diese Dinge mehr als ich. Außerdem ist sie eine Priesterin des Orakels, und das ist ein sehr, sehr alter Orden. Sie sagen, daß ihre ersten Priesterinnen von einer Insel irgendwo weit im Westen kamen, die eines Tages im Meer versunken ist. Mit ihnen kamen die Priester, an deren Spitze der Merlin steht. Sie wußten um die Geheimnisse der Sterne und auch der stehenden Steine.«
    In Schweigen versunken dachten die beiden über diese längst vergangene Zeit nach. Sie wußten, daß damals die Götter allen Menschen sehr nahe gewesen waren. Caillean hatte erzählt, daß es zu dieser Zeit zwischen den Völkern, den einzelnen Sippen und auch zwischen Männern und Frauen so gut wie keine Mißverständnisse und Verwirrung gab.
    Ein Windstoß bauschte ihnen die Röcke. Lachend drehten sie sich im Kreis und freuten sich über die Schönheit der üppigen, grünen Natur, die sie umgab.
    »Ist das Mutterkraut oder Kerbel?«
    Eilan deutete auf eine Stelle, wo viele niedrige Pflanzen mit hellgrünen fedrigen Blättern wuchsen.
    »Das ist Kerbel… Siehst du die zarten Stengel? Die Samen sind erst vor kurzem gekeimt, und jetzt sind es viele junge Schößlinge. Mutterkraut überwintert, und deshalb sind die Stengel

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