Die Waffen des Lichtboten
Kerben der Nähte sah, mit denen die Lippen bis auf das winzige Loch verschlossen waren.
»Und er will mir mitteilen, was ich zum Teil schon weiß?« fragte Luxon sarkastisch zurück. Er teilte die Abneigung Mythors gegen den seltsamen Orden der Schweigenden.
Wieder ertönten modulierte Pfiffe. Die Schattenspiele der Finger, die sich rasend schnell bewegten, wirbelten und zuckten über den hellen Fels. Fafhad schlug seine Kutte auseinander, setzte sich am Rand der Höhle auf einen Schemel und lehnte sich gegen die Wand. Nach einigen Augenblicken sagte er: »Algajar erreichte Hadam, am Ende seiner Kräfte. Er berichtete dem Shallad Hadamur, was geschehen war. Daraufhin befahl Hadamur, dich im ganzen Shalladad und besonders entlang der Straße der Elemente zu hetzen.«
»Dies ahnte ich immerhin«, meinte Luxon, froh darüber, dass es sich in Wirklichkeit nicht um einen Hinterhalt handelte. »Und du, Fafhad, hast es mir bestätigt.«
»Ich wüsste es nicht, wenn es nicht mein Herr gewesen wäre, der mir diese Wahrheit mitteilte.«
Luxon verstand nur winzige Bruchteile der seltsamen Sprache dieses Großen. Er war außerstande, auch nur die geringste Feinheit in der Klangfolge des Pfeifens und in den Bewegungen der Fingerschatten zu erkennen. Aber er war sicher, dass Fafhad das übersetzte, ohne Hinzufügungen und Auslassungen, was ihm der schweigende Bruder des Ordens mitteilte. Trotzdem ahnte Luxon in diesem Moment mehr als deutlich, dass wohl mehr Stumme existierten und es demzufolge ein dichter geknüpftes Netz von Verbindungen gab, als er sich bisher hatte vorstellen können. Eine wichtige Beobachtung, sagte er sich und lauschte der nächsten Übersetzung.
»Wir, die Großen, können uns über gewaltige Entfernungen hinweg«, fuhr der Gomale fort und legte seinen Stab quer über seine Oberschenkel, »durch die Übertragung unserer Gedanken verständigen, als ob wir miteinander im selben Raum säßen. Diejenigen von uns, die einmal den Rauch der Mondblume geschmeckt haben, besitzen diese Fähigkeit. Auf diesem Weg erfuhr ich, dass dich, Luxon, der Shallad jagt. Ich erkenne dich trotz deiner geschickten Verkleidung, die dir das Aussehen eines Greises verleiht.«
Luxon wandte sich an Fafhad und bat: »Sage deinem namenlosen Meister, dass ich erfahren habe, wie es mit der Mondblume wirklich steht. Ihr Rauch und ihre Absonderungen wirken zersetzend auf Geist und Körper. Siechtum und qualvolles Sterben sind die Folge.«
Wieder pfiff und gestikulierte der Große. »Die Wissenden unter den Großen brauchen nur einmal die segensreiche Wirkung der Mondblume zu genießen. Sie verurteilen den dauernden Genuss. Er ist schädlich, ganz wie du sagst. Der erste Genuss ist wie die Geburt einer besonderen Fähigkeit. Nur der Abschaum wird süchtig und verdirbt sich selbst.«
»Du bist einer der Wissenden?«
»Würde ich sonst von dir und Mythors Waffen erfahren haben, die du bei dir trägst?«
Luxon war abermals nur mäßig überrascht. Er umklammerte den Griff Altons, der sich warm in seine Finger schmiegte, und bestätigte sich in grimmiger Entschlossenheit, dass er recht daran getan hatte, Mythors Waffen anzulegen und mitzunehmen.
»Auf der Straße der Elemente bist du, Luxon, unterwegs. Du fühlst dich als der rechtmäßige Erbe deines Vaters, als Shallad. Du führst die Waffen des Lichtboten, und auch jedes Stück davon erkenne ich trotz der geschickten Art, in der du sie verändert hast. Ich habe meinen Diener ausgeschickt, dies zu überprüfen. Er brachte dich hierher.« Fafhad schwieg und nickte Luxon zu.
Luxon ließ seinen Blick abwechselnd vom Gomalen zum Großen gehen und sah, dass die Höhle ärmlich eingerichtet war und seit langer Zeit bewohnt schien. »Was war Fafhads Aufgabe?«
»Er sollte dich warnen, schützen und hierherbringen. Hätte er versagt, würde ein anderer an seine Stelle getreten sein, auch an anderer Stelle der Straße.«
»Und aus welchem Grund habe ich deine Anteilnahme erregt?« fragte Luxon neugierig.
Diesmal dauerte die Übersetzung der Pfeiflaute, der Triller und der verschlungenen Schatten der Finger wesentlich weniger lang. »Nicht deinetwegen, Luxon. Wegen der Waffen des Lichtboten.«
»Was gehen dich meine Waffen an?«
»Es sind nicht deine Waffen. Es sind die Waffen, die Mythor redlich erworben hat. Du weißt, dass sie nicht dir gehören. Du hast Mythor übertölpelt und an die Wilden Fänger ausgeliefert, in Wirklichkeit an seine drei größten Gegner, die Todesreiter. Gib
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