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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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schaute Konrad ihn, dann mich an, und ohne ein Wort zu sagen, nickte er mir lächelnd zu und stürmte davon, als wäre er auf der Flucht.
    »Wieder dieser Althaus!« waren Tillings erste Worte, nachdem er Kehrt gemacht, um an meiner Seite weiterzureiten. In seinem Ton und seinen Mienen drückte sich deutlich Eifersucht aus. Das freute mich. »Ist er bei meinem Anblicke so ausgerissen, oder geht sein Pferd durch?«
    »Ich habe ihn weggeschickt, weil –«
    »Gräfin Martha – daß ich Sie grade mit Althaus treffen mußte. Wissen Sie, daß die Welt behauptet, er sei in seine Cousine verliebt?«
    »Das ist wahr.«
    »Und werbe um ihre Gunst.«
    »Das ist auch wahr.«
    »Und nicht hoffnungslos?«
    »Nicht ganz hoffnungslos –«
    Tilling schwieg. Ich schaute ihm glücklich lächelnd ins Gesicht.
    »Ihr Blick widerspricht Ihren letzten Worten,« sagte er nach einer Pause; »Denn Ihr Blick scheint mir zu sagen: Althaus liebt mich hoffnungslos.«
    »Er liebt mich überhaupt nicht. Der Gegenstand seiner Werbung ist meine Schwester Lilli.«
    »Sie wälzen mir einen Stein vom Herzen. Dieser Mensch war mit ein Grund, warum ich Wien verlassen wollte. Ich hätte es nicht ertragen können, sehen zu müssen –«
    »Und was hatten Sie noch für andere Gründe?« unterbrach ich.
    »Die Angst, daß meine Leidenschaft zunehme, daß ich sie nicht länger würde verhehlen können – daß ich mich lächerlich machte und glücklich zugleich –«
    »Sind Sie unglücklich heute?«
    »O Martha! ... Ich lebe seit gestern in einem solchen Taumel der Gefühle, daß ich fast bewußtlos bin. Aber nicht ohne Angst – wie wenn man gar zu süß träumt – daß ich plötzlich wieder zu einer schmerzlichen Wirklichkeit erweckt werde. Im Grunde ist ja meine Liebe doch aussichtslos ... Was kann ich Ihnen bieten? Heute lächelt mir Ihre Huld und erhebt mich in den siebenten Himmel ... Morgen – oder etwas später – werden Sie mir die unverdiente Huld wieder entziehen und mich in einen Abgrund der Verzweiflung stürzen ... Ich kenne mich selbst nicht mehr: wie hyperbolisch ich da rede – der ich sonst ein ruhiger, besonnener Mensch, ein Feind aller Übertreibungen bin ... Aber Ihnen gegenüber kommt mir nichts mehr übertrieben vor: in Ihrer Macht liegt es, mich selig und elend zu machen« ...
    »Sprechen wir auch von meinen Zweifeln: die Prinzessin –«
    »O, ist dieser Klatsch Ihnen auch zu Ohren gekommen? Nichts – nichts ist daran.«
    »Natürlich, Sie leugnen. Das ist Ihre Pflicht –«
    »Die betreffende Dame, deren Herz jetzt bekanntermaßen in der Burg gefesselt ist – auf wie lang? denn dieses Herz verschenkt sich häufig –, die Dame würde auch den diskretesten Menschen nicht zu Grabesverschwiegenheit verpflichten – also können Sie mir doppelt glauben. Und übrigens: hätte ich Wien verlassen wollen, wenn jenes Gerücht begründet wäre?«
    »Eifersucht kennt keine Vernunftschlüsse: hätte ich Sie hierher bestellt, wenn ich gekommen wäre, um meinen Vetter Althaus zu treffen?«
    »Es wird mir schwer, Martha, so ruhig neben Ihnen herzureiten ... Ich wollte Ihnen zu Füßen fallen – wollte wenigstens Ihre geliebte Hand an meine Lippen führen –«
    »Lieber Friedrich,« sagte ich zärtlich, »solche Ergüsse sind nicht nötig – auch mit Worten kann man huldigen, wie mit einem Kniefall und liebkosen, wie –«
    »Mit einem Kuß,« ergänzte er.
    Nach diesem letzten Worte, das uns beide elektrisch durchzuckte, schauten wir uns eine Zeitlang in die Augen und erfuhren, daß man auch mit Blicken küssen kann ...
    Er sprach zuerst:
    »Seit wann?«
    Ich verstand die unvollendete Frage ganz gut.
    »Seit jenem Diner bei meinem Vater,« antwortete ich. »Und Sie?«
    »Sie? Dieses Sie ist eine Dissonanz, Martha. Soll ich diese Frage beantworten, so werde sie anders formuliert.«
    »Und – – du?«
    »Ich? Wohl auch seit demselben Abend. Aber so recht klar wurde es mir erst am Sterbebett meiner armen Mutter ... Wie sehnsüchtig meine Gedanken zu dir flüchteten!«
    »Das habe ich auch so verstanden. Du hingegen hast die Sprache der roten Rose nicht verstanden, die zwischen den weißen Totenblumen eingeflochten war, sonst hättest du bei deiner Ankunft mich nicht so gemieden. Ich begreife noch jetzt den Grund dieses Fernhaltens nicht – und warum du abreisen wolltest.«
    »Weil sich mein Gedanke nie bis zu der Hoffnung verstieg, daß ich dich erringen könnte. Erst als du mir bei dem Andenken meiner Mutter befahlst, zu dir zu kommen

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