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Die Waffen nieder!

Die Waffen nieder!

Titel: Die Waffen nieder! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bertha von Suttner
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nun von den »Aufständischen«, daß sie den Krieg einstellen. Was sie denn auch tun. Österreichische Truppen besetzen Holstein, und die zwei Herzogtümer werden getrennt . Wo ist nun das verbriefte »ewig zusammenbleiben« hin?
    Aber noch immer ist die Angelegenheit nicht festgesetzt. Da finde ich ein Londoner Protokoll, vom 8. Mai 1852 (gut, daß man das immer so ganz genau weiß, unter welchem Datum die zerbrechlichen Verträge gemacht wurden), welches die Erbfolge Schleswigs dem Prinzen Christian von Glücksburg sichert, (»Sichert« ist gut.) Jetzt weiß ich doch auch, woher die Benennung »Protokoll-Prinz« stammt.
    Im Jahre 1854, nachdem jedes Herzogtum eine eigene Verfassung erhalten, werden sie beide »danisiert«. Aber 1858 muß die Danisierung Holsteins wieder aufgehoben werden. Jetzt ist diese geschichtliche Darstellung der Gegenwart schon ganz nahe gerückt, aber noch immer ist mir nicht klar, wo die zwei »Lande« rechtmäßig hingehören, und was eigentlich den Ausbruch des gegenwärtigen Krieges veranlaßt hat.
    Am 18. November 1858 wird das famose »Grundgesetz für die gemeinschaftlichen Angelegenheiten Dänemarks und Schleswigs« vom Reichsrat genehmigt. Zwei Tage darauf stirbt der König. Mit ihm erlischt wieder einmal eine Linie – nämlich die Linie Holstein-Glückstadt, und als der Nachfolger des Monarchen das zwei Tage alte Gesetz bestätigt, erscheint Friedrich von Augustenburg (diese Linie hätte ich beinahe vergessen) auf dem Plan, erhebt seine Ansprüche und wendet sich samt der Ritterschaft um Beistand an den deutschen Bund.
    Dieser läßt sofort durch Sachsen und Hannoveraner Holstein besetzen und proklamiert den Augustenburger zum Herzog. Warum?
    Damit sind aber Preußen und Österreich nicht einverstanden. Warum? Das verstehe ich heute noch nicht.
    Es heißt, das Londoner Protokoll müsse respektiert werden. Warum? Sind denn Protokolle über Dinge, die einem absolut nichts angehen, gar so respektabel, daß man sie mit dem Blut der eigenen Söhne verteidigen muß? Da steckt wohl wieder irgendeine verborgene »Staatsraison« dahinter ... Als Dogma muß man festhalten: Was die Herren am grünen Diplomatentisch entscheiden, das ist die höchste Weisheit und bezweckt die größtmögliche Förderung der vaterländischen Machtstellung. Das Londoner Protokoll vom 8. Mai 1852 mußte aufrecht erhalten, aber das Kopenhagener Grundgesetz vom 13. Januar 1863 mußte aufgehoben werden, und zwar binnen vierundzwanzig Stunden. Daran hing Österreichs Ehre und Wohl. Das Dogma war ein bißchen schwer zu glauben, aber in politischen Dingen, beinahe noch williger als in religiösen, läßt sich die Masse von dem Prinzip des qui absurdum lenken; auf das Verstehen und Begreifen wird von vornherein verzichtet. Ist das Schwert einmal gezogen, dann bedarf es nichts mehr als des Rufes »Hurra« und des heißen Siegesdranges. Dazu ruft man nur noch den Segen des Himmels auf den Kampf herab. Denn soviel ist gewiß: dem lieben Gott muß daran gelegen sein, daß das Protokoll vom 8. Mai eingehalten und das Gesetz vom 13. Januar zurückgenommen werde; er muß es so lenken, daß genau so viele Menschen verbluten und Dörfer verbrennen als erforderlich ist, damit die Linie von Glückstadt oder die von Augustenburg über ein gewisses Stück Erde regiere ... O du törichte, grausame, gedankenlose, gängelbandgeführte Welt! Das war das Ergebnis meiner Geschichtsstudien.
    Vom Kriegsschauplatz her kamen gute Nachrichten. Die Verbündeten siegten Schlag auf Schlag. Nach den ersten Gefechten schon mußten die Dänen das ganze Danewerk räumen, Schleswig und Jütland bis Limfjord wurden von den Unseren besetzt und der Feind behauptete sich nur noch in den Düppeler Schanzen und auf Alsen.
    Das wußte ich alles so genau, weil auf den Tischen wieder die stecknadelbespickten Landkarten auflagen, auf welchen die Bewegungen und Stellungen der Truppen, je nach den einlaufenden Berichten, markiert wurden. »Wenn wir jetzt auch noch die Düppeler Schanzen nehmen, oder wenn wir gar Alsen erobern,« sagten die Olmützer Bürger (denn niemand spricht so gern von den kriegerischen Taten per »wir« als diejenigen, welche niemals dabei waren), »dann sind wir fertig ... Jetzt zeigen doch wieder unsere Österreicher, was sie können. Auch die braven Preußen schlagen sich prächtig – die beiden miteinander sind natürlich unüberwindlich. Das Ende wird sein, daß ganz Dänemark erobert und dem deutschen Bunde zugeteilt wird – ein

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