Die Waffenhändler von Hamor
denn dort kann er den größten Schaden anrichten und vielleicht auch Unterstützung erfahren. Das fühlt er, doch nachweisen kann er es nicht.
Als sie sich dem Platz nähern, ist bereits das Knistern der Flammen zu hören, dunkle Rauchschwaden steigen in den Himmel und der Geruch von verbranntem Holz und Öl steigt in die Nasen der Männer. Die Dritte und Fünfte Kompanie formieren sich erneut zu Viererreihen auf einem Platz, auf dem es nur noch Leichen und Lanzenkämpfer zu sehen gibt.
Lorn richtet die Schultern gerade. Sie haben kaum damit begonnen, das zu tun, was getan werden muss, und es liegen noch hunderte von Meilen vor ihnen.
LXIV
N eben der Uferstraße sitzt Lorn auf einer glatten Stelle der Steinmauer unter einer Eiche, deren Winterblätter zwar noch grau sind, die aber trotzdem schon damit begonnen hat, ihre neuen Blätter auszutreiben. Er arbeitet sich durch die vielen Seiten, Pergamente und Frachtbriefe, die Gyraet in der Flussstadt Disfek entdeckt hat. Er muss seine Augen arg anstrengen im Dämmerlicht, um die Wörter und Zahlen erkennen zu können. Ein paar Insekten zirpen im niedrigen Gras, das zwischen den braunen Halmen zu sprießen beginnt, die noch vom letzten Jahr übrig sind, und das gelegentliche Zwitschern eines Verrätervogels, der einen Lanzenkämpfer schilt, dringt an Lorns Ohr, während er liest.
»Zehn Säbel vom Haus Bluyet, Sommerhafen …« Lorn schüttelt den Kopf. Nach seinen Erfahrungen, die er mit Flutak und Baryat, dem Olivenbauern, gemacht hat, überrascht ihn das allerdings nicht sonderlich. Einige Händler und Funktionäre verkaufen wirklich alles und jeden für Geld. Er holt tief Luft und erinnert sich an Baryats Tochter, wobei er sich fragt, wie viele Unschuldige wohl noch sterben müssen im Zuge seiner Bemühungen, die Dinge richtig zu stellen.
»So wie du sie als richtig erachtest«, murmelt er vor sich hin, bevor er nach dem Datum in den Aufzeichnungen sucht. Die Säbel wurden erst kürzlich gekauft – lange nachdem Lorn die Hafenstadt Biehl verlassen hat und der Handelsberater des Kaisers ersetzt worden ist, so glaubt Lorn, obwohl er sich nicht ganz sicher ist, wann der Wechsel vollzogen wurde.
»Ser?«
Lorn blickt auf und sieht Emsahl, Gyraet und Cheryk vor sich auf der Straße stehen. »Ja? Ich wollte das hier nur durchlesen … für den Fall, dass noch etwas über Klingenverkäufe in anderen Städten drinsteht.«
»Äh, Ser …«, fängt Gyraet an. »Ich sagte, dass ich glaube, dass es Händler aus Cyad waren, die die Klingen an die Barbaren verkauften … aber …« Der Hauptmann zuckt die Achseln.
»Diese zwei verdienten Hauptmänner hegen Zweifel daran?«, fragt Lorn.
»Ja, Ser«, antwortet Emsahl.
Lorn blättert durch die Seiten und hält dem ältesten Hauptmann ein Blatt hin. »Das ist das Erste. Es gibt ungefähr fünf davon … bis jetzt. Ich bin noch nicht ganz durch.«
Emsahl liest langsam, dann gibt er das Papier an Cheryk weiter. Er blickt Lorn an. »Ich frage mich, ob es nicht besser wäre umzukehren.«
»Rückzug?« Lorn zieht die Augenbrauen hoch.
»Keine Lanzenkämpferkompanie ist je so weit ins Barbarenland vorgedrungen.«
»Das stimmt, und wenn wir dazu gezwungen werden, können wir jederzeit den Fluss überqueren und an der Südseite zurückreiten. Doch zum jetzigen Zeitpunkt wäre das unklug.«
»Unklug?«, fragt Emsahl.
Lorn lächelt, fast bitter. »Hauptmann, Ihr denkt doch nicht, dass einige wenige Klingen wie diese alles bedeuten? Jedem Händler kann einmal ein Fehler unterlaufen. Was machen außerdem zehn oder auch zwanzig für einen Unterschied bei der Menge an Barbaren?«
»Ser!« Dann fängt sich Emsahl wieder.
»Das würde man mir sagen, wenn wir jetzt umkehren’ würden«, meint Lorn. »Ein halbes Dutzend in Sommerhafen geschmiedeter Klingen bedeutet nichts.«
»Er hat Recht«, sagt Gyraet. »Ihnen ist es egal, wenn wir weitere zwanzig Lanzenkämpfer verlieren, weil wir nicht genug Feuerlanzenladungen haben. Warum sollte ein halbes Dutzend Säbel, das in Sommerhafen geschmiedet wurde, irgendetwas ändern?«
»Das wusstet Ihr, Ser?«, fragt Emsahl.
»Ich hatte eine Vorahnung. Alle Barbaren, die wir östlich von Biehl getötet haben, hatten hamorische Klingen bei sich, aber die waren neu, und die Kapitäne erzählten mir, dass praktisch jeder Händler in Jera mit Klingen handelt. Ich hatte schon früher einige brystanische Säbel gesehen und dachte mir, dass es bestimmt noch mehr davon gibt.« Lorn steht auf
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