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Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition)

Titel: Die Wahrheit dahinter: Kriminalroman (Hanne Wilhelmsen-Reihe) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Holt
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»Ich glaube, hier haben wir mal ein wenig Glück. Ihrem Anwalt geht es offenbar um …«
    Er suchte nach Worten, fand aber nicht das richtige.
    »Die Wahrheit«, schlug Annmari vor.
    »Genau«, sagte Erik überrascht. »Aber er wird bald ausgetauscht werden.«
    »Dann mußt du das Eisen schmieden, so lange es noch heiß ist.«
    Sie klopfte ihm aufmunternd den Rücken und machte sich auf die Suche nach einem Sofa, auf dem sie schlafen konnte. Und sei es nur für eine halbe Stunde.
    Sie hatten schon drei Pausen gemacht. Carl-Christian nahm jetzt immerhin Flüssigkeit zu sich. Das hatte ihn ein wenig zum Reden gebracht. Er erklärte sich unzusammenhängend, war kurz angebunden und wirkte dermaßen verloren, daß es Hanne immer unwohler bei der Vorstellung wurde, daß der Mann sich von keinem Anwalt helfen lassen wollte.
    »Dieses Dokument«, sagte sie verzweifelt und legte zum dritten Mal die Kopie des umstrittenen Briefes vor ihn hin. »Das ist nachweislich eine Fälschung. Haben Sie wirklich keine Vorstellung, von wem sie stammen könnte?«
    »Nein.«
    »Haben Sie es mit der Post bekommen?«
    »Vermutlich.«
    »Haben Sie den Umschlag aufbewahrt?«
    »Nein. So was macht man doch nicht.«
    »Aber Sie haben es erhalten, schließlich haben Sie es vor Gericht vorgelegt.«
    »Natürlich.«
    »Und Sie haben es nicht selbst geschrieben?«
    »Nein. Meine Mutter hat die Echtheit bestätigt. Sie kann sich daran erinnern, daß sie es unterschrieben hat.«
    »Sehr geehrter Herr Stahlberg«, sagte Hanne und betonte dabei jede Silbe. »Wir haben die Gutachten von zwei Graphologen, die besagen, daß Ihre Eltern diesen Brief nicht unterschrieben haben.«
    »Meine Mutter hat die Echtheit bestätigt.«
    »Aber dann hat sie nicht die Wahrheit gesagt. Ich glaube, sie wollte Sie dadurch schützen.«
    »Mich? Ich hatte sie doch verklagt!«
    »Ja, auf dem Papier. Aber eigentlich bestand der Konflikt doch eher zwischen Ihnen und Ihrem Vater. Ich glaube, ehrlich gesagt, daß Ihrer Mutter das alles sehr unangenehm war. Vielleicht hat es sie sehr traurig gemacht. Bestimmt sogar. Weil die Menschen, die sie am meisten liebte, nicht in Frieden miteinander leben konnten. Ich stelle mir vor, daß sie …«
    Sie legte eine Pause ein. Sie mußte sich gewaltig konzentrieren, um ihre zunehmende Verärgerung nicht zu zeigen.
    »Niemand wird jemals erfahren, warum Ihre Mutter sich zu dieser Lüge entschlossen hat. Aber die Vorstellung liegt doch recht nahe – wo sie den eskalierenden Konflikt zwischen Ihnen und Hermann schon nicht bremsen konnte –, daß sie wenigstens verhindern wollte, daß Sie bei einem Verbrechen ertappt werden.«
    »Verbrechen?«
    Endlich schaute er auf. Seine Haut war fahl, aber kleine rote Flecken zeichneten sich jetzt über seinen Wangenknochen ab.
    »Urkundenfälschung ist ein Verbrechen, Stahlberg.«
    »Das ist doch kein offizielles Dokument. Es ist doch nur ein Brief. Ein blöder kleiner Brief!«
    »In dem Moment, in dem Sie einem Richter einen solchen Brief vorlegen und als echt ausgeben, begehen Sie ein Verbrechen. Und das müßte ein Mann in Ihrer Position und mit Ihrer Ausbildung ja eigentlich begreifen und wissen.«
    »Ich habe keine Ahnung, wer das war. Mutter hat gesagt, die Unterschrift sei echt. Und ich habe ihr geglaubt.«
    Hanne versuchte, sich zu erinnern, ob sie jemals jemanden verhört hatte, der offenkundiger log als dieser Mann. Carl-Christian Stahlberg schlug die Augen nieder, schaute zur Seite, stotterte, murmelte, wurde rot und scharrte mit den Füßen am Boden; er sah aus wie ein sturer, bockiger Zehnjähriger, der beim Äpfelklauen auf frischer Tat ertappt worden ist und jetzt alles einem Doppelgänger in die Schuhe schieben will.
    »Ich weiß, daß Sie lügen«, sagte Hanne Wilhelmsen gelassen. »Und das habe ich noch nie bei einem Verhör jemandem gesagt. Nur damit Sie das wissen.«
    Sie erhob sich und streckte Arme und Beine durch. Langsam tat sie ein paar Schritte durch das Verhörzimmer und bog ihre Finger um. Das Knacken dabei war nervtötend, weshalb sie noch eine Runde drehte. Am Ende setzte sie sich wieder und streifte ihre Stiefel ab.
    »Das mache ich sonst auch nie«, sagte sie und stellte sie ordentlich nebeneinander. »Es ist nämlich ziemlich schwer, die wieder anzuziehen. Aber ich weiß ja jetzt, daß wir noch lange hier sitzen werden. Sehr lange. Und eins sollten Sie wissen, bevor es weitergeht …«
    Plötzlich schaltete sie das Tonbandgerät aus und beugte sich vor. Carl-Christian

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