Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)
gebrochen haben. Es ist niemand gekommen.« Sie ließ von ihm ab und setzte sich zurück. »Es hat noch zwei Tage gedauert.« Wie ruhig sie klang. Aber schließlich bedeuteten Worte nichts, solange man sich nicht erlaubte, die Verbindung zu dem zu spüren, was sie sagen wollten. Als Mina bewusst wurde, wie gefasst ihre Stimme klang, wurde sie ruhiger.
In Hongkong hatte sein fester Blick aus den dunklen Augen sie genarrt, indem er sie zu der Annahme verleitet hatte, er könnte ein Interesse an ihr hegen. Jetzt hingegen kannte sie die Wahrheit und wappnete sich.
»Nein«, sagte er und sah sie direkt an. »Ich habe gesagt, dass ich glaubte , sie würden Collins zum Sonnenuntergang holen. Ich habe nichts dergleichen zugesichert.«
Diese juristische Haarspalterei bereitete ihr Übelkeit. »Nun gut, ich gebe zu, dass ich mich nicht an jedes Detail genau erinnern kann. Vermutlich, weil die darauf folgenden Ereignisse zu heftig waren.«
Wieder wandte Ashmore den Blick ab, im Profil wirkte er grimmig und unnachgiebig. Je länger sich das Schweigen zwischen ihnen in die Länge zog, desto stärker zermürbte sie seine Weigerung, die Frage zu stellen, die jetzt an der Tagesordnung wäre. Die Aussicht darauf, eine Antwort zu geben, bereitete ihr Übelkeit, doch die Stille setzte ihr noch viel mehr zu; sie unterstrich seine Entschlossenheit, sich nicht einzumischen und sie wieder zu Ridland zu bringen, damit der Fall für ihn ein für alle Mal erledigt war. Fragte er sich denn gar nicht, was geschehen war? Immerhin hatte sie ihm das Leben gerettet. Interessierte es ihn denn nicht einmal ansatzweise, wie ihr Leben danach verlaufen war?
»Was ist das eigentlich zwischen Ridland und Ihnen?«
Die Frage verwirrte Mina. »Wie meinen Sie das? Zwischen uns ist nichts.«
»Dann dürften Sie ja auch keine Einwände haben, bei ihm zu bleiben, oder?«
Die Tür schwang auf, und ein Bediensteter hielt eine Lampe in die Höhe, damit genug Licht auf die kleine Stiege unterhalb der Tür fiel. In Gedanken sah sie die vornehmen Räume, die sie hinter den Fenstern erwarteten, sowie das gegenüberliegende Dach, das leer bleiben würde, wenn sie die Gardinen öffnete. Nervös glitt ihr Daumen über ihre Fingernägel. »Bitte«, flüsterte sie. Wie bei einem Lamm, das dem Schlachter zum Opfer fallen würde und das keinerlei Chance hatte zu entkommen, zog sich ihr Hals zusammen. »Schicken Sie mich nicht zu ihm zurück. Ich …« Gott im Himmel, sie klang, als flehte sie ihn an. Allein dafür sollte sie ihn verfluchen – dass er sie so weit brachte, wie ein kleines Kind zu betteln.
Doch ihr Verhalten blieb nicht ohne Gegenreaktion. Natürlich nicht. Arrogante Schnösel mochten es, wenn man ihnen schmeichelte. Mit einer kurzen kräftigen Handbewegung signalisierte Ashmore dem Diener, er möge sich zurückziehen und zog die Tür ins Schloss. Einen nicht enden wollenden Augenblick blickten sie einander an.
Und dann lächelte er. »Sie sind um Längen cleverer als Sie andere Glauben machen wollen, kann das sein?« Als Mina theatralisch die Augen verdrehte, lachte Phin. »Nein, ernsthaft. Sie haben sich da eine bemerkenswerte Rolle erarbeitet. Wie viele Männer haben Sie schon davon überzeugt, Sie könnten nicht zwei und zwei zusammenzählen?«
Jetzt reichte es Mina. Was hier vor sich ging, war alles andere als amüsant. »Es ist nicht mein Fehler, wenn Männer einer Frau nur ins hübsche Gesicht sehen.«
»Und Ihres ist ganz außerordentlich hübsch«, erwiderte er fast schon feierlich. »Aber ich sehe schon, dass ich Ihnen das nicht sagen muss.«
Selbst jetzt trieb er noch seine Späße mit ihr. »Wissen Sie was, so langsam frage ich mich, warum ich mir überhaupt die Mühe gemacht habe, Ihnen den Pelz zu retten.«
»Ja«, erwiderte er nachdenklich. »Dasselbe habe ich mich auch schon gefragt. Ihre Entscheidung damals hat mir zum Beispiel diesen Schlamassel hier eingebrockt.«
Gereizt richtete Mina den Blick auf die Tür. »Machen Sie bitte auf.« Eines stand fest, sie würde ihm nicht die Genugtuung verschaffen, sie mit Gewalt aus der Kutsche zerren zu müssen. »Ihre Gesellschaft ermüdet mich.« Doch nichts geschah, er blieb sitzen. Womöglich war ihr Ton zu befehlend gewesen. Unruhig rutschte sie hin und her. Wenn er sie nicht sofort hinausließ, würde sie die Fassung verlieren und vielleicht etwas tun, das weit unter ihrer Würde war. »Ich sagte, sie sollen die Tür öffnen.«
»Unter einer Bedingung können Sie bei mir bleiben«,
Weitere Kostenlose Bücher