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Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)

Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)

Titel: Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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Sanburne amüsante und unterhaltsame Anekdoten zum Besten gab, wie die über das Artefakt, das er erstanden hatte und das im Rahmen einer öffentlichen Veranstaltung als Fälschung entlarvt worden war. Wie kein anderer hatte er die unzähligen Mitleidsbekundungen, die ihm anschließend aus allen Ecken der Gesellschaft zugetragen wurden, in vollen Zügen genossen. »Fünf Abende hintereinander erhielt ich Einladungen zum Dinner«, sagte er. »Vielleicht gehe ich gleich morgen los und erstehe eine weitere Fälschung.«
    Das Hühnchen war zäh, der Wein sauer, und Phin hörte nur mit halbem Ohr zu. Die andere Hälfte seines Verstandes war damit beschäftigt herauszufinden, was zum Teufel mit ihm nicht stimmte. Das war jetzt sein Leben. Sanburne war geistreich und unterhaltsam. Vielleicht sollte Phin sich abgewöhnen, mit einem mechanischen Lachen auf seine Witze zu reagieren.
    Erst als Sanburne ihn am Arm anstupste, merkte er, dass sich Stille über den Tisch gesenkt hatte. »Kann es sein, dass du verliebt bist?«
    »Gütiger Gott, nein.« Er benahm sich anders als sonst, das ja, aber was mit ihm los war, hatte nicht im Entferntesten etwas mit Liebe zu tun. Vielmehr steckte er bis zum Hals in der Scheiße. »Weshalb fragst du?«
    »Weil du diesen verträumt idiotischen Ausdruck auf dem Gesicht hast.«
    Phin dachte einen Moment lang über die Worte seines Freundes nach. »Unter Umständen könnte es sein, dass mein Interesse geweckt wurde«, sagte er. »Sheldrakes Tochter kommt morgen in die Stadt. Die Gute hat sich ganz schön gemausert.«
    Sanburnes Augenbrauen kletterten hoch bis zum Haaransatz. »Sheldrakes Tochter! Die Kleine dürfte doch auch schon etwas in die Jahre gekommen sein, oder?« Als er innehielt, kroch ihm ein Lächeln über den Mund. »Nicht, dass mit einer alten Jungfer etwas nicht in Ordnung ist. Sie vertrocknen eben nur ein wenig im Laufe der Zeit. Sieh einer an, Phin und Sheldrakes Tochter. Das schreit nach einem handfesten Drink, finde ich.« Sogleich hielt er drei Finger in die Höhe, doch die deftige Bestellung schien den Kellner nicht weiter zu beeindrucken. »Und für dich?«, fragte er.
    Phin schüttelte den Kopf. »Kaffee.« Er bot dem Verfall die Stirn, wann immer er die Gelegenheit dazu bekam. Zu viel Alkohol hatte seinen Eltern den Weg zur Hölle geebnet, er hingegen war gewillt, jede noch so kleine Unebenheit auf dem Weg dorthin wahrzunehmen, wenn es sein musste.
    »Höre ich richtig? Wo sind sie hin, die guten alten Zeiten? Ich kann mich noch wie gestern daran erinnern, dass du ganz Oxford mit deinem betrunkenen Bariton vom Schlaf abgehalten hast.«
    Phin lachte. »Keine Angst, irgendwann werde ich nur für dich singen. Wie ein Kanarienvogel im Minenstollen. Trink du ruhig. Im betrunkenen Zustand ist es leichter für dich, meine schiefen Töne zu ertragen.«
    Sanburne reagierte irritierend nachdenklich. »Ich gehe mal davon aus, dass deine Schlafmittel zur Nacht die Sangeslust nicht gerade anfachen. Deinetwegen habe ich letzte Woche einen Großteil meiner eigenen Party damit verbracht, mich mit den Pflastersteinen zu unterhalten.«
    Als der Kellner Phin den Kaffee servierte, lehnte er sich zurück. »Zugegeben, das mit dem Äther war keine gute Idee.« Er hatte viel Gutes über die schlaffördernde Wirkung der Droge gehört, aber auf ihn hatte sie alles andere als besänftigend gewirkt. Vielleicht sollte er es als Nächstes mit Chlor probieren. Er brauchte dringend eine Alternative zum Opium, wenn er nicht in absoluter Anhängigkeit enden wollte.
    »Nichts weiter passiert.« Sanburne nahm seinen Drink und spülte die Hälfte davon in einem Zug herunter. »Ich beschäftige mich gerade mit einem philosophischen Rätsel. Kommt ein Mann an eine Weggabelung. Eine Straße ist mit allem erdenklich Abscheulichen und unendlich vielen Pflichten gepflastert.«
    »Ist das nicht ein und dasselbe?«
    »Die Rede ist von Verpflichtungen, nach denen er nie verlangt hat. Ein komfortables Leben voller leerer Ehren. Ja, ich denke, das ist ein und dasselbe. Beide führen zum selben Ergebnis, zum qualvollen Tod durch Ersticken, weil man tut, was getan werden muss.«
    Ersticken war das richtige Wort. Phin musste unwillkürlich an seinen Anfall in Sheldrakes Arbeitszimmer denken. In abgeschwächter Form war es ihm eben auf dem Schießstand ähnlich ergangen – was ihm Sorge machte. Für gewöhnlich lagen diese Anfälle zeitlich nicht so nah beieinander. Glücklicherweise hatte er sich nach Tilneys Abgang

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