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Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)

Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition)

Titel: Die Wahrheit deiner Berührung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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bin?«
    »Ah.« Minas Belustigung war wie weggeblasen. »Aus demselben Grunde, warum meine Mutter stets aus dem Fenster gesehen hat. Sie liebt die Natur über alles. Es ist Jahrzehnte her, dass sie England verließ, aber sie spricht unablässig von den grünen Wiesen, den Flüssen und den Wäldern. Und was hat sie gesehen, wenn sie in New York, Hongkong oder Singapur aus dem Fenster geschaut hat? Das Ergebnis dessen, was Ihresgleichen angerichtet hat. Asphalt, der das Gras verdrängt hat, begradigte und umgeleitete Flüsse und gerodete Wälder. Kurz gesagt, all die Eingriffe und Veränderungen und Verbesserungen , die Ihre kurzsichtigen Bedürfnisse befriedigen. Selbstredend haben Sie den Schlüssel, Ashmore. Selbst wenn es darum geht, Federkiele zu ordnen, ist es Ihnen wichtig, Kontrolle auszuüben.« Sie lächelte. »Vergessen Sie nicht, die Tür abzuschließen, wenn Sie gehen.«
    Mit diesen Worten betrat sie ihr Schlafzimmer und schloss die Tür hinter sich.
    Verdutzt stand Phin da und kämpfte gegen den Ärger an, der nicht minder vernichtend war als ihre kleine Ansprache, die mehr an ihm fraß, als Miss Masters es sich in ihren wildesten Träumen ausmalen konnte. Er war der Letzte, der Gefallen daran fand, jemanden gefangen zu halten oder Vorschriften zu machen. Diese Gefangenschaft fußte nicht auf seinem Wunsch, sondern auf purer Notwendigkeit.
    Doch der Gedanke hallte unangenehm in seinem Kopf wider, verstärkte er doch Phins Gefühl der Scheinheiligkeit. Schließlich konnte er nicht anders, als sich diesem Gefühl zu stellen. Besser als jeder andere wusste er, welch bitteren Geschmack Enttäuschungen hervorriefen, wie frustrierend es war, sich dem Willen anderer beugen zu müssen. Während er sich seiner neuen Freiheit erfreute und Ridland verachtete, weil er versuchte, sie aus den Angeln zu heben, sagte er sich gleichzeitig, dass ihm keine andere Wahl geblieben war, als Miss Masters einzusperren.
    Wie sie es ihm geraten hatte, verriegelte Phin die Tür hinter sich. Objektiv betrachtet waren seine Schuldgefühle vollkommen irrational; irgendwie schien sein Denken in dieser Hinsicht nicht zu funktionierten. Mina Masters hatte durch ihr Handeln bewiesen, dass man ihr nicht vertrauen konnte.
    Als Phin einige Schritte den Flur hinuntergegangen war und den Zauber abgeschüttelt hatte, den sie in dem kleinen, nach Parfüm duftenden Zimmer über ihn gewirkt hatte, schob sich bei ihm ein Gefühl in den Vordergrund, das jedoch nicht wie erwartet Wut war, sondern Bewunderung. Obwohl sie die Gefangene war, hatte sie es geschafft, ihn wegzuschicken – als wäre sie die Königin höchstpersönlich.
    Nein, er sollte sich bestenfalls amüsiert über diese Frau zeigen. Bewunderung war absolut fehl am Platz.

8
    Am nächsten Morgen erwachte Mina durch ein ungewohntes Geräusch. Sie sprang aus dem Bett und lief in ihr Wohnzimmer. Gerade noch rechtzeitig sah sie, wie das Hausmädchen nach dem Betreten des Zimmers einen Schlüssel in der Tasche verschwinden ließ. Ihr Name war Sally, und sie war Minas neue Freundin, wenngleich sie noch nichts davon ahnte. »Guten Morgen«, sagte Mina gut gelaunt.
    Das Hausmädchen schnappte nach Luft und hätte um ein Haar das Tablett fallen lassen, das es mit einer Hand balancierte. Sally war ausgesprochen dürr, was vermutlich das Resultat des jahrelangen Verzehrs von Haferschleim und des schlechten englischen Klimas war. Als ihre Haube zu verrutschen drohte, stellte sie das Tablett flink auf einer Kommode ab, rückte sie zurecht und verneigte sich dann mit kreidebleichem Gesicht. Wie kam es, dass die Engländer immer gleich so übertreiben mussten? Ein freundliches Guten Morgen hätte es doch auch getan.
    »Lass das«, sagte Mina. »Wie ich gestern bereits sagte, reicht es, wenn du nickst.«
    Es dauerte einen Augenblick, ehe Sally langsam und vorsichtig nickte. »Ich bringe Ihnen Ihr Frühstück.« Als sich die Tür hinter ihr einen Spalt öffnete, drückte sie sie mit der flachen Hand zu. »Moment!«, rief sie überraschend autoritär. »Ma’am, ich meine, Miss, draußen sind die Diener. Sie bringen Ihr übriges Gepäck.«
    »Oh, hervorragend.« Mina hatte sich schon Sorgen um ihre kostbaren Öle gemacht. Sie hatte Ridland durchaus zugetraut, dass er sie aus reiner Boshaftigkeit zertrümmert hatte. Erwartungsfroh stand Mina da, während Sally noch immer auf ihrer Wächterposition verharrte. Als sich nach einigen Sekunden noch nichts getan hatte, setzte das Hausmädchen ein verängstigtes

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