Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wahrheit der letzten Stunde

Die Wahrheit der letzten Stunde

Titel: Die Wahrheit der letzten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
eigenen Leib zu spüren bekommen.« Bischof Andrews legt den Kopf auf die Seite. »Ist dieses Kind je in einer katholischen Kirche gewesen?«
    »Nicht, dass ich wüsste, Exzellenz.«
    »Ist sie im jüdischen Glauben erzogen worden?«
    »Nein. Da ihre Mutter selbst keine praktizierende Jüdin ist, war sie der Meinung, das wäre heuchlerisch gewesen. Ich habe mir allerdings von einem Rabbi bestätigen lassen, dass das Kind, wenn die Mutter Jüdin ist, auch jüdisch ist. Ganz automatisch.«
    »Und genau das ist der Knackpunkt«, sagte der Bischof. »Wir sind nun einmal nicht zuständig für ein Kind, das nicht katholisch ist.«
    An Rampinis Kiefer zuckt ein Muskel. »Warum haben Sie mich dann erst hergebeten?«
    Der Bischof geht zu seinem Schreibtisch, und plötzlich geht Rampini ein Licht auf. Andrews wird auf Nummer Sicher gehen. Er wird Rampinis Beurteilung des Falles Faith White zurückhalten - es sei denn, das Blatt wendet sich, und er kann den Bericht zu seinem Vorteil verwenden. Er wird die beiden konträren Berichte aufbewahren, um für alle Eventualitäten gerüstet zu sein; und Vater Rampini wird nichts unternehmen können, ohne sich die Blöße zu geben, als unentschlossen dazustehen. Brennende Hitze steigt dem Priester ins Gesicht. »Sie werden den ersten Bericht vergessen«, befiehlt er. »Ich lege Ihnen offiziell nur und ausschließlich den zweiten Bericht zur Kenntnisnahme vor.«
    Ohne den Blick vom Gesicht des jüngeren Mannes abzuwenden, legt Bischof Andrews das Papier in seiner Hand in eine Schublade seines Schreibtisches. »Und welcher war das noch gleich?«
     
    10. November 1999
     
    Als Ian Malcolm Metz’ Büro betritt, bleibt der Anwalt demonstrativ sitzen. Stattdessen lehnt er sich in seinem Sessel zurück und sagt: »Welch ein Vergnügen. Ich bin ein großer Fan von Ihnen.«
    Ian mustert ihn unverwandt. »Mein Honorar beträgt neunzigtausend Dollar. Das zahlen Werbekunden für einen Spot, der während meiner Sendung läuft. Ihr Verfahren rangiert für mich auf der gleichen Ebene - eine Unterbrechung dessen, was ich hinterher noch sagen werde.«
    Eins muss man Metz lassen: Er reagiert souverän und zuckt nicht mit der Wimper. »Ich denke, das dürfte kein Problem sein.« Tatsächlich hat er keinen Schimmer, ob sein Mandant soviel Geld auftreiben kann, aber er will die Verhandlungen nicht zunichte machen, bevor sie begonnen haben. »Hauptsache, Sie denken daran, dass das keine Fernsehshow ist. Das Leben eines kleinen Mädchens steht auf dem Spiel.«
    »Sparen Sie sich den Kitsch für den Gerichtssaal«, entgegnet Ian spöttisch. »Ich weiß, was Sie wollen.«
    »Und das wäre?«
    »Beweise dafür, dass Faith White eine Betrügerin ist. Und dazu Hinweise darauf, dass ihre Mutter im Hintergrund die Fäden zieht.«
    Metz lächelt. »Und selbstverständlich verfügen Sie über entsprechende Informationen.«
    »Hätten Sie mich danach gefragt, wenn dem nicht so wäre?«
    Metz denkt einen Moment hierüber nach. »Ich weiß nicht. Bei Ihrem Geschick könnten Sie vermutlich einen Richter davon überzeugen, dass die Sonne morgen nicht aufgehen wird.«
    Hierauf lacht Ian. »Vielleicht sind Sie ja doch ein echter Fan.«
    »Warum sagen Sie mir nicht einfach, was Sie wissen?«
    »Einige ordentliche Aufnahmen mit versteckter Kamera von Mariah White, wie sie die Kleine instruiert, bevor sie vor den Menschen draußen vor ihrem Haus katzbuckelt. Die Aussage einer Frau, die im nationalen Fernsehen behauptet hat, Faith hätte ihr aidskrankes Kind geheilt, und jetzt zugibt, dass Mariah White ihr für diese Lüge dreitausend Dollar bezahlt hat. Die Aussagen mehrerer Experten, die eine schriftliche wissenschaftliche Erklärung für Millie Epsteins Rückkehr ins Leben unterzeichnet haben, irgendwas mit elektrischem Strom und menschlichem Gewebe oder so was.«
    »Was ist mit ihren Händen?«
    »Die angeblichen Stigmata? Eine optische Täuschung.«
    »Eine was?«
    »Ach, kommen Sie. Bestimmt haben Sie im Zirkus schon Feuerschlucker gesehen oder Zauberer, die scheinbar Gegenstände durch ihre geschlossenen Fäuste drücken.«
    »Und wie haben sie es angestellt, die Ärzte zu täuschen?«
    »Daran arbeite ich noch. Gar nicht, glaube ich. Ich denke, wenn Mediziner sich die Hände angesehen haben, hat sie sich kurz vorher selbst mit irgendetwas in die Hand gestochen.«
    Metz ist skeptisch. »Aber warum? Wozu sollte das gut sein?«
    Ian lehnt sich in seinem Stuhl zurück. »Es überrascht mich, dass Sie danach noch fragen

Weitere Kostenlose Bücher