Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Wahrheit der letzten Stunde

Die Wahrheit der letzten Stunde

Titel: Die Wahrheit der letzten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
Vom Netzwerk:
Zeugenstand ist, kann Metz ihn fragen, was ihm beliebt. Und wenn Fletcher erst unter Eid steht, hat er gar keine andere Wahl, als ehrlich zu antworten.
     
    Mariah hat sich bemüht, Kenzie bei ihren Besuchen bei Faith weitestmöglich aus dem Weg zu gehen. Wenn Kenzie in der Küche ist, beschäftigt Mariah sich im Wohnzimmer, gehen sie nach oben, begibt Mariah sich in den Keller. Sie ist in Gegenwart der Prozesspflegerin zu nervös, fürchtet ständig, ihr könnte etwas herausrutschen, das sie später bereuen wird.
    Heute hat Kenzie versprochen, Faith einen Bauernzopf zu flechten. »Heute spielen wir >Schönheitssalon<«, teilt sie Mariah mit. »Sie können uns gerne Gesellschaft leisten.«
    »O nein, nicht nötig »Nein… wirklich. Ich möchte gerne, dass Sie mitspielen. Zu meiner Beurteilung gehört auch Ihr Verhältnis zu Faith.«
    Mariah senkt den Blick. Nur für eine kleine Weile. Und ganz sicher macht es einen noch schlechteren Eindruck, wenn sie ablehnt. »Okay«, sagt sie und lächelt dann. »Unter einer Bedingung: Sie verpassen mir keine Dauerwelle.«
    Kenzie folgt ihr nach oben in Faith’ Zimmer. Sobald sie klopft, schwingt die Tür auf. »Ich bin bereit!«, ruft Faith. »Ich habe mein Haar gewaschen, eine Spülung gemacht und alles.« Kenzie setzt sich auf das Bett und fängt an, Faith über das Haar zu streichen. Es gleitet durch ihre Finger wie Silber. »Möchtest du den Zopf nach innen oder nach außen geflochten haben?«
    Faith blickt fragend zu ihrer Mutter auf, und dann zucken sie beide die Achseln. »Über einen gewöhnlichen Pferdeschwanz kommen wir nicht hinaus«, gesteht Mariah. »Damit wäre jede Frisur eine Verbesserung.«
    Kenzie teilt Faith’ Deckhaar in drei Strähnen. »Als ich in Faith’ Alter war, war mein Haar raspelkurz.«
    »Ihr Vater wollte, dass sie ein Junge ist«, flüstert Faith Mariah zu.
    Kenzie nickt. »Das stimmt. Natürlich war das Erste, was ich tat, sobald ich alt genug war, mir das Haar bis zum Hintern wachsen zu lassen.«
    Faith kichert. »Mami, Kenzie hat >Hintern< gesagt.«
    »Uuups.« Sie nimmt immer wieder seitlich neue Strähnen auf, die sie in den Zopf einflicht. Mariah schaut ihr aufmerksam zu, so als würde hinterher von ihr verlangt, alle Schritte des Vorgangs zu wiederholen.
    »Ich bin in Boston aufgewachsen«, sagt Kenzie unbeschwert. »Bist du schon mal in Boston gewesen, Faith?«
    »Nein.« Faith wippt auf den Fersen auf und ab. »Aber in Kansas City.«
    Kansas City. Die Worte treffen sie wie ein Schlag ins Gesicht und verschlagen Mariah schier den Atem. Sie ist Kenzie gegenüber nicht unaufrichtig gewesen, aber sie hat auch bisher von sich aus keine Einzelheiten darüber preisgegeben, wo sie in dieser Woche mit Faith gewesen ist. Sie ist sicher, dass all das, was sie Kenzie eigentlich nicht sagen will, ihr ins Gesicht geschrieben steht - ihre Beziehung zu Ian, Ians Bruder, Faith’ Wirkung auf Michael. »Du bist in Boston gewesen, als du noch ganz klein warst, Schatz«, sagt sie, bemüht, das Thema zu wechseln. »Du kannst dich nur nicht mehr daran erinnern.«
    »Ich erinnere mich aber noch an Kansas City«, sagt Faith.
    »Schätzchen… damit brauchen wir Kenzie nicht zu langweilen.«
    »Nicht doch, ich bin nur mit Flechten beschäftigt. Nur zu. Wann warst du denn in Kansas City?«
    »Letzte Woche«, entgegnet Faith.
    Kenzie hebt den Kopf. »Ich habe sie weggebracht. Von dem ganzen Rummel hier«, erklärt Mariah leise.
    »Was hat Sie bewogen, zu diesem Zeitpunkt zu fahren und nicht schon früher?«, möchte Kenzie wissen.
    Mariah wendet sich ab. »Es ging einfach schon zu lange. Es war höchste Zeit.«
    »Ihre Entscheidung hatte nicht zufällig etwas damit zu tun, dass Ihr Ex-Mann angekündigt hat, das Sorgerecht beantragen zu wollen?«
    Mariah überlegt, wie viel sie der Prozesspflegerin sagen kann, ohne dass es so aussieht, als hätte sie sich dem Gesetz entziehen wollen - was natürlich der Fall gewesen war. Sie blickt auf Faith, nach wie vor bemüht, das Thema zu wechseln, bevor ihre Tochter damit herausplatzt, dass sie mit Ian zusammengewohnt haben. »Es war nicht geplant«, sagt sie. »Ich wollte einfach nur den Druck von uns nehmen.«
    »Warum Kansas City?«
    »Das war die erste Maschine.«
    Faith hüpft auf dem Bett auf und ab. »Ja. Und raten Sie mal, wer in der Ersten Klasse war …«
    »Faith.« Der scharfe Tonfall lässt Faith abrupt verstummen. Mariah presst die Lippen zusammen, sich Kenzies fragenden Blickes ebenso bewusst wie Faith’

Weitere Kostenlose Bücher