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Die Wahrheit der letzten Stunde

Die Wahrheit der letzten Stunde

Titel: Die Wahrheit der letzten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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wirft ihm einen bösen Blick zu. »Wenn Erklärungsbedarf meinerseits besteht, werde ich mich vertrauensvoll an Sie wenden, Mr. Metz.« Er richtet das Wort wieder an Joan. »Ich gehe davon aus, dass das Mädchen sich in einem kritischen Zustand befindet?«
    »Ich … ich glaube ja, Euer Ehren.«
    »Ich verstehe. Trotzdem hat der Vater des Kindes sich herbemüht, und das Gleiche erwarte ich auch von der Mutter. Und glauben Sie ja nicht, ich würde nicht durchschauen, wenn Sie mir einen Engel der Barmherzigkeit vorführen wollen. Mein Terminplan platzt bis Weihnachten aus allen Nähten. Ich lehne den Antrag auf Vertagung ab. Sie haben zwanzig Minuten Zeit, Ihre Mandantin herzuschaffen, sonst schicke ich den Sheriff ins Krankenhaus und lasse sie zwangsvorführen. Die Verhandlung wird um halb elf fortgesetzt.«
    »Bevor sie geht, um Ihre Mandantin zu holen, Euer Ehren«, meldet Metz sich zu Wort. »Ich brauche einen richterlichen Beschluss.«
    »Was Sie nicht sagen«, entgegnet der Richter trocken.
    »Euer Ehren, Zeit ist im vorliegenden Fall ein wichtiger Faktor, und ich brauche noch heute Morgen eine Entscheidung in einer Angelegenheit, die über Leben und Tod des Mädchens entscheiden kann.«
    »Was zum Teufel soll das?« ereifert sich Joan. »Ein Dringlichkeitsantrag? Jetzt?«
    Metz bleckt in einem kalten Lächeln die Zähne. »Darum heißt es ja Dringlichkeitsantrag, Joan.«
    »Das reicht«, verkündet Rothbottam. »Ich möchte Sie beide in meinem Zimmer sprechen. Jetzt gleich.«
    Joan geht zurück an den Tisch der Verteidigung, um ihr Notizbuch zu holen. Als sie sieht, wie der Richter den Saal verlässt, eilt sie nach draußen auf den Flur und winkt Millie, die als Zeugin von der Verhandlung ausgeschlossen ist, sich aber nicht zu weit vom Gerichtssaal entfernen darf. »Tun Sie alles, was in Ihrer Macht steht, um sie herzuholen«, zischt Joan ihr zu. »Sie sollte besser hier sein, wenn ich aus dem Richterzimmer komme, sonst wird sie von der Polizei zwangsvorgeführt.«
    Als Joan das Richterzimmer betritt, hat Metz bereits in dem bequemeren der beiden Besuchersessel Platz genommen. Rothbottam wartet, bis auch Joan sich gesetzt hat. »Malcolm, was soll das? Wir sind hier nicht in Manchester. Und das hier ist auch nicht New York City. In meinem Gerichtssaal werden Sie nicht Ihren üblichen Zirkus veranstalten. Das hier ist New Canaan, mein Junge. Großartige Auftritte werden Ihnen hier nichts bringen.«
    »Euer Ehren, es geht hier nicht nur darum, die Gegenpartei auszustechen. Ich brauche einen richterlichen Beschluss, der Mariah White den Kontakt zu ihrer Tochter verbietet.«
    Joan lacht. »Machen Sie sich nicht lächerlich, Malcolm.«
    »Euer Ehren, ich werde diesen beleidigenden Einwand der gegnerischen Anwältin ignorieren. Ich war schon besorgt genug, als Faith’ Verletzungen sich auf ihre Hände beschränkten, aber inzwischen hat die Situation sich zugespitzt: Das Kind liegt in kritischem Zustand im Connecticut Valley Medical Center. Wir waren so frei, einen Experten einzuschalten, der sich in eben diesem Moment auf dem Weg von der Westküste hierher befindet und erklären wird, warum Mariah White die typischen Eigenarten einer Person aufweist, die am Münchhausen-Syndrom leidet - eine psychische Krankheit, die sie dazu veranlasst, ihre eigene Tochter zu verletzen.«
    Joans Augen verengen sich; sie spürt, dass hier etwas faul ist. Sie ist schlau genug, um zu wissen, dass Metz eine solche Strategie nicht über Nacht aus dem Hut zaubern würde. Das heißt, er hat sich schon länger damit befasst, jedenfalls lange genug, um einen Gutachter einzuschalten. Dieser Überraschungszeuge ist gar keiner - wenigstens nicht für Metz.
    Der aber steht mit Unschuldsmiene da, erfüllt von selbstgerechtem Eifer. »Hierbei handelt es sich um ein sehr komplexes Leiden. Die Mutter macht ihr Kind psychisch oder körperlich krank, um Aufmerksamkeit zu erregen. Verbleibt das Kind in der Obhut der Mutter, weiß Gott allein, wie das enden wird. Lähmung, Koma, möglicherweise sogar Tod. Zweifellos wird dieser Aspekt Einfluss darauf haben, wem letztendlich das Sorgerecht endgültig zugesprochen wird, aber bis zu dieser Entscheidung bitte ich Sie, Euer Ehren, Faith durch einen richterlichen Beschluss zu schützen, der es Mrs. White verbietet, sich ihrer Tochter bis zum Ende des Prozesses zu nähern.«
    Joan wartet, bis er ausgeredet hat, um dann laut aufzulachen. »Es kann nicht in Ihrem Sinne sein, dass er damit durchkommt, Euer

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