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Die Wahrheit der letzten Stunde

Die Wahrheit der letzten Stunde

Titel: Die Wahrheit der letzten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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haben einfallen lassen?«
    »Nein, Euer Ehren«, erwidert Metz, und Joan schüttelt den Kopf.
    »Großartig.« Er nickt Metz zu. »Fangen Sie an.«
    Malcolm erhebt sich, drückt mit einer Hand Colins Schulter und- verschließt den untersten Knopf seiner Anzugweste, bevor er auf das Podium neben dem Gerichtsschreiber zugeht und dieses leicht zur Seite schiebt, sodass die Ecke in Richtung Zuschauer zeigt.
    »Mr. Metz«, meldet sich Rothbottam zu Wort. »Darf ich fragen, was Sie da machen?«
    »Ich weiß, dass das unüblich ist bei Sorgerechtsverfahren, Euer Ehren, aber ich habe ein kleines Eröffnungsplädoyer vorbereitet.«
    »Sehen Sie hier eine Jury, Herr Anwalt? Ich nämlich nicht. Und ich selbst weiß bereits ebenso viel über den vorliegenden Fall wie Sie.«
    Metz lässt sich jedoch von seinem strengen Blick nicht einschüchtern. »Ich habe das Recht auf ein Eröffnungsplädoyer, und sollten Sie mir dieses verwehren, werde ich Beschwerde einreichen.«
    Dem Richter geht durch den Kopf, was er alles heute tun könnte, wenn er fünf Jahre früher in Rente gegangen wäre, so wie seine Frau es damals wollte: Er könnte zusehen, wie die Brandung sich an einem Strand in Florida bricht, er könnte mit einem Wohnmobil durch einen Nationalpark fahren, sich wieder einmal Betty Buckley am Broadway anhören. Stattdessen sitzt er hier und muss zusehen, wie Malcolm Metz vor Publikum eine Schau abzieht, weil er Metz nämlich keinesfalls Anlass geben will, die Wiederaufnahme des Verfahrens zu beantragen. »Ms. Standish«, sagt der Richter resigniert, »haben Sie Einwände?«
    »Nein, Euer Ehren. Tatsächlich bin ich sogar gespannt auf Mr. Metz kleine Ansprache.«
    Rothbottam nickt. »Fassen Sie sich kurz, Herr Anwalt.«
    Malcolm Metz bleibt einen Moment schweigend hinter dem Podium stehen und gibt vor, sich auf die Worte zu besinnen, die er tatsächlich seit Wochen auswendig weiß. »Wissen Sie«, beginnt er schließlich, »als ich sieben Jahre alt war, ging ich oft mit meinem Vater zum Fischen. Er brachte mir bei, die geeignetsten Würmer aus der umgegrabenen Erde zu klauben… sie genau richtig auf den Haken zu spießen … und einen richtig dicken Barsch aus dem Wasser zu holen. Und nach dem Fischen fuhren wir beide zu dem kleinen Lokal ein Stück weiter die Straße hinunter, er kaufte mir eine Limonade, und wir setzten uns hin und zählten die Autos, die auf dem Highway vorbeifuhren.
    Dann fuhren mein Dad und ich heim, und meine Mom erwartete uns bereits mit einem ordentlichen Mittagessen. Manchmal gab es Suppe, manchmal ein Schinkenbrot … Und während sie den Tisch deckte, ging ich nach draußen und ging unter der Veranda auf Spinnenjagd oder legte mich auf dem Rücken ins Gras und starrte in die Wolken. Wissen Sie, was Faith White im Alter von sieben Jahren tut? Sie liegt mit Infusionsschläuchen am Arm in einem Krankenhausbett und bekommt ein Dutzend Mal am Tag Blut abgenommen. Sie hat starke Schmerzen körperlicher und psychischer Natur. Ein ganzer Stab von Krankenschwestern und Ärzten beobachtet sie rund um die Uhr, und Menschen versammeln sich draußen vor dem Eingang des Krankenhauses, um zu hören, wie es ihr geht. Ich frage Sie: Was ist das für eine Kindheit?« Er schüttelt traurig den Kopf. »Jedenfalls keine glückliche, wie ich meine. Genau genommen hat dieses Kind schon längere Zeit kein Kind mehr sein dürfen. Und darum hat der Vater des Mädchens - mein Mandant — ein richtiges Zuhause für sie eingerichtet, um sie mit offenen Armen aufzunehmen und sie vor den kranken Einflüssen zu schützen, die sie überhaupt erst dorthin gebracht haben, wo sie heute ist. Einflüssen, die ihr Leben bedrohen.«
    »Genug«, fährt Rothbottam dazwischen. »Treten Sie vor.«
    Metz und Joan treten an den Richtertisch. Der Richter legt eine Hand über sein Mikrophon. »Mr. Metz, lassen Sie mich Ihnen einen Rat geben: Meine Entscheidung wird nicht beeinflusst werden von dem, was Sie heute den Medien erzählen. Ich möchte dringend anraten, dass Sie zum Ende kommen, ich habe nämlich bereits die Nase gestrichen voll von Ihrem Auftritt.«
    Metz kehrt zurück zum Podium und räuspert sich. »Wir werden zweifelsfrei beweisen, dass das Sorgerecht keinem anderen als Colin White gebührt. Ich danke Ihnen.« Er nickt und kehrt zurück an seinen Platz hinter Colin.
    »Ms. Standish, möchten Sie ebenfalls ein Eröffnungsplädoyer halten?«, erkundigt sich der Richter bei Mariahs Anwältin.
    Joan erhebt sich und fächelt sich mit einer

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