Die Wahrheit der letzten Stunde
verstümmele?«
»Wenn McManus die Sache nicht publik gemacht hätte, wäre Metz von alleine drauf gekommen.«
»Wage es nicht, dein Verhalten zu entschuldigen«, entgegne ich gefährlich leise.
Ich steige in den Wagen und versuche, die Tür hinter mir zuzuschlagen, aber Ian hält sie fest. »Ich glaube, ich liebe dich«, sagt er.
»Ach ja? Und warum? Weil ich das Glück hatte, ein außergewöhnliches Kind zur Welt zu bringen, mit dessen Hilfe du deine Einschaltquoten pushen kannst?«
»Was hätte ich denn an deiner Stelle sagen sollen? Ich habe dich nicht gekannt, als ich McManus angerufen habe. Und hinterher wollte ich dir nichts davon erzählen, weil ich dachte, du würdest mich dafür hassen. Und was das betrifft, was ich über Faith gesagt habe … Gott, ich musste mich vage ausdrücken. Ich dachte, das Letzte, was du wollen würdest, wäre, dass ich hinausposaune, dass ich an Faith’ Heilkräfte glaube.«
»Weißt du, Ian, irgendwie fällt es mir schwer zu glauben, dass du im Zeugenstand Faith’ Wohl vor Augen hattest. Es fällt mir schwer zu glauben, dass du an etwas anderes gedacht hast als an deinen Ruf im Showbiz.«
Ein Muskel zuckt an Ians Kiefer. »Okay, vielleicht habe ich das. Aber ich habe auch an Faith gedacht. Und an dich. Was muss ich tun, um dich zu überzeugen? Ich zahle das Geld, das Metz mir für meine Aussage bezahlt hat, in einen College-Fond für Faith ein … oder spende es den verdammten Jesuiten. Ich werde in aller Öffentlichkeit alles sagen, was du verlangst. Ich habe einen Fehler gemacht, und es tut mir leid. Warum kannst du mir nicht einfach glauben?«
Wegen Faith, liegt es mir auf der Zunge zu erwidern. Sie hat geglaubt, und sieh dir an, wohin sie das gebracht hat.
»Mariah«, fleht Ian heiser, »lass mich mit zu dir kommen.«
Mit einem kräftigen Ruck gelingt es mir, ihm die Wagentür aus der Hand zu reißen. »Man kann nicht immer das bekommen, was man will«, sage ich. »Nicht einmal du.«
Lassen Sie mich Ihnen sagen, was man fühlt, wenn man weiß, dass man bald sterben wird.
Man schläft viel, und wenn man wach wird, ist der erste Gedanke, dass man weiterschlafen möchte.
Man isst den ganzen Tag nichts, weil Nahrung einen am Leben hält.
Man spult sein Leben zurück wie eine Videokasset und sieht Dinge, die einen zum Weinen bringen, Ding die einen nachdenklich stimmen, aber nichts, was den Wunsch wecken würde, sich das Band vorlaufen zu 1; sen.
Man vergisst, sich das Haar zu bürsten, zu dusche sich anzuziehen.
Und dann, eines Tages, wenn man zu dem Schluss kommt, dass man gerade noch genug Energie hat, die eine letzte monumentale Tat zu begehen, empfindet man Frieden. Plötzlich zählt man Augenblicke wie seit Monaten nicht mehr. Plötzlich hat man ein Geheimnis, das eine ein Lächeln auf die Lippen zaubert, das die Leute dazu veranlasst festzustellen, man sähe großartig aus, obwohl man sich selbst vorkommt wie eine zerbrechliche leere Hülle, die jeden Moment in tausend Teile zerspringen kann.
Ich freute mich auf das Sterben. Ich erinnere mich, wie ich die Rasierklinge gehalten und gehofft habe, einen sauberen, tiefen Schnitt auszuführen. Ich erinnere mich, wie ich mir ausgerechnet habe, wie lange es noch dauern würde, bis ich die Stimmen der Engel hörte. Ich wollte mich nur noch selbst loswerden, diesen Körper und diese Person, der nichts geblieben war als Schmerz.
Kurz, ich war dort. Ich sollte besser als jeder andere wissen, wie es ist, wenn man aufgeben will, weil die Qual unerträglich geworden ist. Aber stattdessen kämpfe ich wie eine Löwin und greife nach den letzten Strohhalmen, um Faith davon abzuhalten, dort Erfolg zu haben, wo ich einst gescheitert bin.
»Ihre Temperatur lieht bei vierzig Grad. Irgendetwas muss doch aber anschlagen.«
Wie von den Worten des Arztes ausgelöst, versteift Faith’ Körper sich plötzlich, und sie fängt an, wild um sich zu schlagen. »Ein Anfall«, ruft der Arzt. Eine Krankenschwester zieht Millie sanft vom Bett fort. »Ma’am, ich muss hier dran.«
Der Arzt hält eins von Faith’ Handgelenken fest, die Schwester das andere. Faith’ Körper bäumt sich weiter auf, ruckartig wie auf einer Karussellfahrt. »Die Blutung hat wieder eingesetzt«, sagt die Schwester leise.
»Messen Sie Blutdruck und Blutdrucksteigerung«, ruft der Arzt, und das Bett hebt sich auf einen Knopfdruck hin, während zwei Schwestern fest gegen ihre Handflächen drücken.
Plötzlich ertönt ein schrilles Piepen, und Millie
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