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Die Wahrheit der letzten Stunde

Die Wahrheit der letzten Stunde

Titel: Die Wahrheit der letzten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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einem Monat und den heutigen. Ganz zu schweigen von dem Phänomen ihrer … Wiederauferstehung.«
    Dankbarkeit durchströmt mich, teils, weil die Gesundheit meiner Mutter noch einmal bestätigt wurde, teils, weil es mir eine Genugtuung ist, Ian Fletcher eins auszuwischen. Ich werfe ihm einen triumphierenden Blick zu, gerade rechtzeitig, um zu sehen, wie er dem Kameramann etwas zuflüstert, der sich daraufhin umdreht, sodass die Kamera nicht mehr auf meine Mutter ausgerichtet ist, sondern auf einen Punkt hinter ihr — auf Faith.
    Sie sitzt in einer Ecke des Raumes und malt auf einen Rezeptblock. »Nein«, sage ich leise und trete gleich darauf in Aktion. »Sie ist nicht Gegenstand Ihrer Aufnahmen!«, rufe ich und stelle mich zwischen Kamera und meine Tochter, wodurch ich so abrupt sein Sichtfeld verstelle, dass er zurücktaumelt. »Sie werden mir dieses Band aushändigen! Sofort!«
    Ich greife nach der Kamera, aber der Mann hält sie über seinen Kopf. »Jesus, Mr. Fletcher«, ruft er seinen Arbeitgeber zu Hilfe. »Halten Sie sie mir vom Leib!«
    Ian Fletcher tritt vor, die Hände beschwichtigend erhoben. »Miss White.« Wieder dieser Südstaatenakzent. »Beruhigen Sie sich.«
    Ich wende mich ihm zu. »Sagen Sie mir nicht, was ich zu tun und zu lassen habe.« Aus den Augenwinkeln sehe ich, dass der Kameramann weiterfilmt. »Sagen Sie ihm, er soll das verdammte Ding abstellen!«
    Ian nickt, und der Kameramann lässt die Kamera sinken. Die Anspannung weicht aus meinem Körper, und ich fühle mich, als hätte ich Pudding in den Beinen. Zitternd entferne ich mich von Faith und blicke auf. Meine Mutter, Ian Fletcher, der Krankenhausverwalter und der Doktor starren mich sprachlos an. »Nein«, sage ich gepresst und räuspere mich dann. »Ich sagte nein.«
     
    Nachdem Fletcher gegangen ist, nimmt eine Krankenschwester Faith mit, um mit ihr einen Sticker zu holen, und ich bleibe allein bei meiner Mutter zurück, die sich wieder ankleidet. »Es ist meine Schuld«, sagt sie. »Ich dachte, wenn ich Fletcher einladen würde, würden wir ihn umso schneller loswerden.«
    »Das war eine klassische Fehleinschätzung«, entgegne ich leise.
    Wir warten schweigend, bis Faith zurückkommt, und Gedanken verstärken unsere jeweiligen Schuldgefühle. »Mariah, weißt du, was man über das Sterben sagt?«
    Ich sehe sie an. »Was denn?«
    »Ich meine das mit dem hellen Licht und alles. Der Tunnel.« Sie knabbert an einem Häutchen an ihrem Daumen und kann mir mit einem Mal nicht mehr in die Augen sehen. »So ist es nicht.«
    Ich schlucke, mein Mund staubtrocken. »Nicht?«
    »Ich habe kein Licht gesehen. Und ich habe auch keine Engel gesehen. Ich habe meine Mutter gesehen.« Sie wendet sich mir mit glänzenden Augen zu. »O Mariah. Weißt du, wie lange es her ist, seit ich sie das letzte Mal gesehen habe? Siebenundzwanzig Jahre. Es war ein Geschenk, weißt du, all das zu sehen, das ich bereits vergessen hatte - ihre abgekauten Fingernägel und die Farbe des nachgewachsenen Ansatzes der gefärbten Haare, ja sogar die Falten in ihrem Gesicht. Sie hat mich angelächelt und mir gesagt, ich könne noch nicht zu ihr kommen.«
    Unvermittelt ergreift meine Mutter meine Hand. Je älter wir geworden sind, desto weniger haben wir uns angefasst. Als Kind bin ich oft auf ihren Schoß geklettert; als Teenager scheute ich vor ihrer Hand zurück, wenn sie meinen Kragen richten oder mein Haar glatt streichen wollte, und dann, als Erwachsene, fand ich sogar eine flüchtige Umarmung zum Abschied zu gefühlsduselig, zu voll von Dingen, die wir noch nicht aussprechen wollten. »Ich habe mich immer gefragt, warum Gott ein Vater sein soll«, flüstert sie. »Väter erwarten immer von einem, dass man irgendwelchen Maßstäben entspricht. Mütter sind es, die einen bedingungslos lieben, findest du nicht auch?« Faith kehrt mit vier Stickern auf ihrem T-Shirt zurück. Wir vereinbaren, dass sie mit meiner Mutter in der Eingangshalle warten soll, während ich den Wagen vom Langzeitparker-Parkplatz hole.
    Ich habe gerade den Rand des Parkplatzes erreicht, als ich Schritte höre. »Ständig entschuldige ich mich bei Ihnen«, sagt Ian Fletcher und tritt neben mich.
    »Das liegt daran, das Sie ständig verwerfliche Dinge tun«, antworte ich lapidar. »Ich will dieses Band haben.«
    »Sie wissen, dass ich es Ihnen nicht geben kann. Aber ich gebe Ihnen mein Wort, dass ich keine Aufnahmen verwenden werde, auf denen Faith zu sehen ist.«
    »Ihr Wort.« Ich schnaube

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