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Die Wahrheit der letzten Stunde

Die Wahrheit der letzten Stunde

Titel: Die Wahrheit der letzten Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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die Protokolle der verschiedenen Anhörungen, die Millie Epstein veranlasst hat, um die Entlassung ihrer Tochter zu erwirken.
    Henry lümmelt sich auf dem Bett und pult sich Peperoni aus den Zähnen. »Es gibt viele durchgeknallte Leute auf der Welt, Mann.«
    Aber Allen hört ihn gar nicht. Eine psychiatrische Klinik. Jetzt wird ihm alles klar. Siebenjährige fangen nicht aus heiterem Himmel an, mit Gott zu sprechen; jemand bringt sie dazu. Und jemand, der schon einmal die Grenze der Normalität überschritten hat, wird dies höchstwahrscheinlich früher oder später wieder tun.
    Allen steht auf, fischt ein Bier aus einer Papiertüte und wirft ihn Henry zu. »Cool«, sagt Henry. »Was feiern wir?«
    Langsam erscheint ein Lächeln auf Allens Zügen. »Den Atheismus.«
     
    Irgendwie haben sich im Krankenhaus Gerüchte über Faith verbreitet. Krankenschwestern kommen unter dem Vorwand herein, nach ihr zu sehen, nur um dann an ihrem Bett zu sitzen und sie auszufragen. Eine gibt Faith sogar eine Münze mit der heiligen Judith, die sie einen Moment in den behandschuhten Händen halten soll.
    Faith scheint nicht zu wissen, wie sie sich verhalten soll. Wenn sie wach ist, beantwortet sie höflich Fragen über die Schule und ihren Lieblings-Disneyfilm. Wenn sie schläft, berühren diese fremden Menschen ihr Haar oder ihre Wange, so als könnte schon diese leichte Berührung sie vor Unheil schützen.
    Meine Mutter ist schon den ganzen Tag auf hundertachtzig. »Das ist bedeutungslos«, erzählt sie jedem, der ihr Gehör schenkt. »Stigmata, schmigmata. Die Juden warten seit fünftausendsiebenhundert Jahren auf einen Messias, da werden wir nicht anfangen, jetzt an Jesus zu glauben.« Als Faith schläft, nimmt sie mich zur Seite. »Beschäftigt dich das nicht? Diese Sache mit Faith?«
    »Doch, natürlich«, entgegnete ich hitzig, aber leise. »Glaubst du etwa, mir gefällt es, dass sie das durchmachen muss?«
    »Ich meine diese katholische Sache. Katholisch, um Himmels willen! All diese Leute, die hier ein und aus gehen, so als wäre Faith eine Heilige oder so was.«
    »Dass sie an den Händen blutet macht sie noch nicht zur Katholikin.«
    Meine Mutter nickt nachdrücklich. »Das will ich auch nicht hoffen.«
    Das einzig Gute, das sich ereignet, ist Folgendes: Meine Mutter ist gerade in der Cafeteria auf der Suche nach einem Jell-0 für Faith, als Vater MacReady am Nachmittag hereinkommt.
    »Charlotte«, sagt er zu der Schwester, die Faith gerade das Haar bürstet - und Haare einsteckt, als sie glaubt, ich würde gerade nicht hinsehen. »Wie geht es Ihnen? Was machen die Kinder?«
    »Uns geht es gut, Vater«, antwortet die Schwester. »Sie haben bestimmt gehört, was passiert ist?«
    »Einer der ehrenamtlichen Mitarbeiter des Krankenhauses arbeitet in der Kirchenverwaltung.« Der Priester wartet, bis die Krankenschwester das Zimmer verlassen hat, ehe er ihren Platz einnimmt. »Hi. Ich bin Vater MacReady.«
    »Warum tragen Sie dieses weiße Ding da um den Hals?«, möchte Faith wissen.
    »Das ist ein spezielles Hemd, das bedeutet, dass er in einer Kirche arbeitet«, erkläre ich ihr.
    »Ich dachte, er wäre von jemandem der Vater«, entgegnet Faith stirnrunzelnd.
    Der Geistliche lächelt. »Das ist tatsächlich das Verwirrendste an der Sache.« Sachte hebt er Faith’ bandagierte Hand. »Ich habe gehört, dass du mit Gott sprichst. Das tue ich selbst auch gerne.«
    »Hat Sie auch gemacht, dass Ihre Hand wehtut?«
    Ich starre Faith verblüfft an. Bis jetzt wusste ich nicht, dass ihr Gott ihr angekündigt hatte, was passieren würde. Ich hatte gar nicht daran gedacht, sie danach zu fragen.
    »Nein, Faith«, antwortet der Priester. »Gott hat nicht gemacht, dass mir die Hände wehtun.«
    Ist das vielleicht Bedauern, was ich da aus seiner Stimme heraushöre?
    In diesem Augenblick kommt meine Mutter mit einem Tablett voller Zitronen-Jell-Os herein. »Heute gibt es keine roten, Faithele, aber … Oh.« Ihr Blick gleitet über den Priester. »Es geht also schon los«, sagt sie säuerlich.
    »Sie müssen Mrs. Epstein sein«, begrüßt Vater MacReady sie. »Es ist mir eine Freude, Sie kennen zu lernen.«
    Meine Mutter schürzt die Lippen. »Ich wünschte, die Freude wäre auch auf meiner Seite.«
    »Mutter!«
    »Es stimmt doch. Ich lebe jetzt für den Augenblick, weißt du, und ich werde nicht freundlich tun einem Mann gegenüber, der versucht, meine Enkelin zu konvertieren.«
    »Seien Sie versichert, dass ich nicht versuchen werde, Ihre

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