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Die Wahrheit der technischen Welt: Essays zur Genealogie der Gegenwart (suhrkamp taschenbuch wissenschaft) (German Edition)

Die Wahrheit der technischen Welt: Essays zur Genealogie der Gegenwart (suhrkamp taschenbuch wissenschaft) (German Edition)

Titel: Die Wahrheit der technischen Welt: Essays zur Genealogie der Gegenwart (suhrkamp taschenbuch wissenschaft) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich A. Kittler
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Süßwasser – auch Bienen, und wenn’s Bienen gibt, gibt’s Honig und so weiter. Und Singvögel, weshalb das alles so hell und schön klingt. (Das ist eine Archäologie aus dem Text, die ich hier versuche, nicht eine aus Befunden.)« (S. 355)
    2008, drei Jahre vor Friedrich Kittlers Tod, erschien der eine, nun eher philosophisch als mythographisch gestimmte Essay, indem der für die Spätphase seines Werks immer deutlichere Bezug auf das Spätwerk Heideggers explizit wurde: »Martin Heidegger, Medien und die Götter Griechenlands«. Nicht von der Hand zu weisen ist – aufgrund der dort zitierten Heidegger-Texte – Kittlers Prämisse hinsichtlich der berühmten »Kehre« in Heideggers Denken, wie sie sich wohl seit der Vorlesung Einführung in die Metaphysik im Jahr 1935 abgezeichnet und dann zunehmend verstärkt hatte. Sie sollte auf der Einsicht beruht haben, »daß alle Spielarten der Transzendentalphilosophie, ob nun vom Subjekt her oder vom Dasein aus, an der Faktizität hochtechnischer Medien scheitern« (S. 383). Daran schließt an eine kühne – aber für mich gewiß überzeugende – Deutung von Heideggers philosophiegeschichtlich begründeter Diagnose zur Lage der akademischen Philosophie in der eigenen Gegenwart. Wenn – im Gegensatz zum vor-sokratischen und zum mythologischen Griechenland – seit dem Werk des Aristoteles ›physis‹ und ›logos‹ in der Philosophie und den Wissenschaften immer weiter auseinandergetreten seien, dann markiere unser Zeitalter der »Rechenmaschinen« (wie Heidegger Kybernetik, Logistik, Informationsverarbeitung und ihre Dispositive zusammenfassend nannte) den Punkt, wo dieser für zweieinhalb Jahrtausende westlichen Denkens ausschlaggebende Gegensatz obsolet werde, weil (so nun Kittler) im »chip« des elektronischen Zeitalters ›logos‹ und ›physis‹ wieder zusammengefunden hätten: »Anders wäre der ›physis‹ kein ›logos‹ einzuschreiben, wie das elektronenlithographisch millionenfach pro Tag geschieht, nämlich bei der Herstellung digitaler Waffen in staubfreien Reinsträumen, deren Bau allein Milliarden von Dollars und Euros verschlingt« (S. 389).
    Hier kehrte Friedrich Kittler nach zwei Jahrzehnten wieder zur »Nacht der Substanz« und zu einer Welt »ohne Software« zurück (oder genauer: zur »Nacht der Substanz« als seiner Sicht von der elektronischen Welt als einer Welt ohne Software und Bewußtsein). Doch was in seiner ersten philosophisch-historiographischen Annäherung vor 1995 eine deprimierende Welt gewesen war, welche die Menschen und ihr Bewußtsein auf Distanz hielt, wird nun – mythographisch aufgeklärt – zum tröstlichen Moment einer Rückkehr der Götter, wo jene Dimension, deren Existenz Kittler früher einmal geleugnet hatte, nämlich Logik, Software und Bewußtsein, aufgehoben scheint in eine andere Schau des Kosmos: Die »Computertechnik« wird nun zu »diesem Verbund von Hard-und Software, Physik und Logik, der uns die fernen entflohenen Götter ersetzt. Zeus, wie Sie wissen, war zugleich der ungeheure Himmelsglanz über Griechenland und ›der Blitz, der alles steuert‹. Nur Götter und Computer sind imstande, den blauen Himmel oder aber die Gewitter, die als Wetter morgen aufziehen werden, schon heut vorauszusagen« (S. 389). Dort, ahnen wir bei der Lektüre eines kurzen, wie ein Fragment wirkenden Textes aus dem Jahr 2010 über »Pathos und Ethos«, könnte die Welt wieder in Stimmungen übergehen, die wie Bienen sind und wie ein Rausch und gegenüber denen nun »wieder zur Wahl« steht, ob man sie durchleben oder durchleiden soll.
Denkform
    In meiner ausführlichen (aber zugleich fast unerträglich komprimierten) Genealogie-Skizze zum Werk von Friedrich Kittler habe ich es vermieden, von seinem ›Weltbild‹ zu sprechen. Denn der Begriff hätte gerade jene Konzeption von einer ›Darstellung‹ des Wirklichen zum Konvergenzpunkt seines Denkens gemacht, mit dem Heideggers – für Kittler entscheidende – Philosophie der ›Seinsgeschichte‹ brechen wollte. Das Wahrheitsereignis, die Selbstentbergung des Seins soll ja dort gerade nicht in Wissen transsubstantiiert und dann zu einem Weltbild geformt werden, sondern das Dasein in vom Alltag verschiedenen Weisen erreichen und treffen, die stets auch seine physische Existenz angehen. Es gibt deshalb, meine ich, zwar einen konsistenten Gestus des Denkens, eine intellektuelle Identität in Friedrich Kittlers Bemühungen, sich die Wirklichkeit »zuhanden«

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