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Die Wahrheit des Blutes

Die Wahrheit des Blutes

Titel: Die Wahrheit des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean-Christophe Grangé
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Schutzgelderpressung und allerlei dubiosem Handel.
    Schwerfällig ging Lefebvre im Zimmer auf und ab, wobei er eine Wolke teuren Parfüms um sich verbreitete. Schließlich baute er sich vor dem Schreibtisch auf und zeigte auf die Kartons.
    »Was ist das?«
    »Die Ermittlungsakten im Fall des Geburtshelfers.«
    »Super. Levys Leute holen sie später ab.«
    Passan legte beide Hände auf die aufeinandergestapelten Bündel.
    »Das Vieh ist wieder frei, Michel. Es dürfte ganz schön schwierig werden, den Kerl wieder einzufangen.«
    »Und wessen Schuld ist das?«
    »Diese Nacht hatten wir eine echte Chance. Und wir hätten ihn wirklich an den Hammelbeinen kriegen können, wenn Calvini …«
    »Calvini versucht, seinen Arsch zu retten. Vielleicht hätte es funktioniert, wenn irgendwer anders Guillard geschnappt hätte. Aber dass ausgerechnet du es warst, ging gar nicht.«
    »Mir wird gleich übel.«
    »Nun mal halblang, mein Lieber. Mein Telefon kommt kaum noch zur Ruhe. Unsere Politiker regen sich fürchterlich auf. Das, was du dir diese Nacht geleistet hast, war so ungefähr das Letzte, was sie brauchen konnten. Wir können jetzt nur noch beten, dass Guillard und seine Rechtsverdreher die Schnauze halten und dass die Presse nicht aufmerksam wird.«
    »Du brauchst ihnen nur meinen Kopf zu liefern, dann habt ihr Ruhe.«
    »Spiel hier nicht den Märtyrer, Passan. Wir decken dich, und das weißt du. Ehrlich gesagt bleibt uns auch keine andere Wahl, und das weißt du ebenfalls. Was ist mit deinen anderen Angelegenheiten?«
    Passan musste sich anstrengen, um sich seiner laufenden Ermittlungen zu erinnern. Plötzlich wurde ihm klar, wie sehr alles an ihm vorbeirauschte. Wie sehr er neben sich und neben seiner Arbeit stand. Er ließ ein paar Allgemeinplätze vom Stapel, konnte Lefebvre aber nichts vormachen.
    »Wenn du deinen Job behalten willst, musst du dich am Riemen reißen«, polterte sein Boss. »Solltest du weiter alle Welt vor den Kopf stoßen, trägst du bald wieder Uniform und darfst dich als Streifenpolizist im Bois de Boulogne vergnügen, wo du dir von zahnlosen Tunten einen blasen lassen kannst.«
    Er wandte sich um und zog den Stecker des Aktenvernichters aus der Steckdose.
    »Was machst du da?«
    »Ich bewahre dich vor einer Versuchung. Könnte ja immerhin sein, dass du Levy ein paar wichtige Dinge vorenthalten willst.«
    »Ich doch nicht! Wenn ich helfen kann, tue ich alles, was in meiner Macht steht.«
    »Das ist Humbug, und das weißt du auch. Du bist ja längst dabei, die Akte für dich selbst zu kopieren. Hör in Gottes Namen mit diesem Blödsinn auf, Passan! Wie oft soll ich dir das noch sagen?«
    Nachdem Lefebvre gegangen war, schloss Passan die Tür ab und druckte weiter. Unglücklicherweise waren die Wände des neuen Büros aus Glas. Passan fühlte sich wie ein Fisch in einem Aquarium. Ständig war man den Blicken aller anderen ausgesetzt. Aber Passans Chef hatte recht: Noch eine weitere Dummheit, und er wäre weg vom Fenster. Mitten in einer Scheidung war das nicht unbedingt die beste Option. Besser wäre es, er würde klein beigeben und sich so benehmen, wie man es von ihm erwartete. Ein Satz von Nietzsche kam ihm in den Sinn: »Willst du das Leben leicht haben, so bleibe immer bei der Herde.«
    Um sich zu motivieren, rief er sich sein Pflichtbewusstsein und seine Vaterlandsliebe in Erinnerung. Recht und Ordnung – so lautete seine Devise. Doch plötzlich klangen die sonst so hehren Worte irgendwie hohl und leer.
    Als er sich jedoch über den Drucker beugte und ein paar Zeilen las, spürte er sofort, wie sich etwas in ihm bewegte.
    Der Geburtshelfer. Er war es, der ihn antrieb.
    Gleich heute Abend würde er jede Aussage noch einmal durcharbeiten. Vielleicht fand sich ja irgendwo ein Bruch – irgendein Detail, das es ihm gestatten würde, von einer anderen Seite her anzugreifen.
    Im Grunde aber hätte er sich die Ausdrucke sparen können. Er kannte jede Seite auswendig.
    Auf der Vorderseite standen die Fakten der Ermittlung. Die Rückseite jedoch spiegelte eine hektische Episode seines eigenen Lebens wider.

13
    Die erste Leiche war auf dem Rasen einer Sozialwohnungssiedlung in Aubervilliers im Nordosten der Stadt gefunden worden. Die schwangere Frau war nackt, ihr Leib brutal aufgeschnitten, und neben ihr lag ein verkohlter Fetus. Auch im Tod verband die Nabelschnur noch beide Körper.
    Zunächst war man von massiven und sehr gewalttätigen Ehestreitigkeiten ausgegangen, doch diese Hypothese wurde

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