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Die Wahrheit eines Augenblicks

Die Wahrheit eines Augenblicks

Titel: Die Wahrheit eines Augenblicks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Moriarty
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sagte sie mitleidig, doch wie es ihrer Art entsprach, hatte sie dann gleich aufmunternde Worte parat. »Aber hör mal, du gehst ihn doch bestimmt besuchen? Jemand hat mir neulich von einer Website erzählt mit erstaunlich günstigen Apartments in New York. Ich maile dir den Link, versprochen.« Sie ging weiter. »Hallo, ich bin Cecilia. Hotdog?«
    Sie drehte ihre Runde durch das Zimmer, teilte Essen und Komplimente aus und zog jeden Gast einzeln mit ihrem eindringlichen Blick in ihren Bann. Und bis sie fertig war mit ihrer Vorstellungsrunde und sich anschickte, ihre Präsentation zu beginnen, drehten alle artig die Knie in ihre Richtung und sahen ihr mit aufmerksam gespannten Gesichtern entgegen, bereit, sich von ihr Tupperware verkaufen zu lassen. Es war, als hätte ein strenger, aber fairer Lehrer eben eine aufmüpfige Schulklasse gebändigt.
    Rachel war am Ende überrascht, wie sehr ihr der Abend doch gefallen hatte. Einerseits lag das an den äußerst leckeren Cocktails, die Marla servierte, andererseits jedoch auch an Cecilia, die es verstand, die etwas andachtsvolle Produktpräsentation mit vielen wissenswerten Kleinigkeiten überaus flott und peppig zu gestalten. (»Ich bin ein echter Tupperware-Freak«, erzählte sie ihnen. »Ich liebe dieses Zeug .« Rachel fand ihre ehrliche Leidenschaft anrührend. Und unwiderstehlich. Es wäre doch genial, wenn ihre Karotten künftig länger knackig bleiben würden!) Jeder Gast, der eine »kleine« Frage um all die wissenswerten Kleinigkeiten richtig beantworten konnte, bekam zur Belohnung eine in Goldfolie gewickelte Schokoladenmünze. Und wer am Ende des Abends die meisten Goldmünzen gesammelt hatte, gewann einen Preis.
    Einige der Fragen drehten sich um Tupperware. Rachel wunderte sich selbst darüber, hatte aber auch das Gefühl, es wirklich wissen zu müssen, dass zum Beispiel alle 2,7 Sekunden irgendwo auf der Welt eine Tupper-Party beginnt (»Eins, zwei – und schon fängt wieder eine Tupper-Party an!«, zwitscherte Cecilia) oder dass ein Mann namens Earl Tupper den berühmten Deckel erfunden hat, mit dem man eine Plastikdose luft- und wasserdicht verschließen kann. Dabei hatte Rachel eine ganz gute Allgemeinbildung, weshalb sie munter wetteiferte und sich die goldenen Schokomünzen vor ihr regelrecht zu stapeln begannen.
    Am Ende gab es einen erbitterten Kampf zwischen Rachel und Marlas bester Freundin und Kollegin aus Hebammenzeiten, Jenny Cruise. Und Rachel stieß tatsächlich mit der Faust in die Luft, als sie mit nur einer einzigen Goldmünze Vorsprung gewann, weil sie die Antwort wusste auf die Frage: »Wer spielte ›Pat die Ratte‹ in der Soap Sons and Daughters ?«
    Rachel konnte die Quizfrage prompt beantworten (Rowena Wallace), weil Janie im Backfischalter ganz versessen auf diese dämliche Sendung gewesen war. In Gedanken schickte sie ein Dankeschön an Janie.
    Sie hatte ganz vergessen, wie sehr sie es liebte zu gewinnen.
    Rachel war tatsächlich derart in Hochstimmung, dass sie am Ende Tupperware im Wert von über dreihundert Dollar bestellte, die, so versicherte ihr Cecilia, ihren Vorratsschrank wie auch ihr ganzes Leben verändern würde. Und gegen Ende des Abends war sie sogar ein klein wenig beschwipst.
    Genau genommen, war das jede der anwesenden Frauen, außer Marlas beiden schwangeren Schwiegertöchtern, die früh gegangen waren, und Cecilia, die wohl eher freudetrunken angesichts des gelungenen Abends war.
    Es herrschte ein wildes Gegacker. Ehemänner wurden angerufen, Mitfahrgelegenheiten zurück nach Hause ausgehandelt. Und Rachel saß auf dem Sofa und futterte sich genüsslich durch ihre Schokomünzen.
    »Was ist mit dir, Rachel? Wie kommst du denn nach Hause?«, fragte Cecilia, während Marla an der Haustür stand und ihren Tennisfreundinnen ein lautes »Auf Wiedersehen« hinterherrief. Cecilia hatte die Tupperware wieder in ihrem schwarzen Koffer verstaut und sah noch immer aus wie aus dem Ei gepellt, außer dass ihre Wangen ein wenig mehr gerötet waren.
    »Ich?« Rachel sah sich um und merkte, dass sie der letzte Gast war. »Ach, ich komme schon klar. Ich werde noch selbst fahren.«
    Aus irgendeinem Grund war sie gar nicht auf die Idee gekommen, sich um eine Mitfahrgelegenheit zu kümmern. Das hatte damit zu tun, dass sie sich stets von allen anderen Menschen abgesondert fühlte, als könnten die Dinge, die alle anderen umtrieben, ihr nichts anhaben, als wäre sie immun gegen die Banalitäten des Lebens.
    »Sei nicht albern!« Marla

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