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Die Wahrheit eines Augenblicks

Die Wahrheit eines Augenblicks

Titel: Die Wahrheit eines Augenblicks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Moriarty
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Rücken nebeneinander und atmeten schnell und erschöpft.
    »Schön«, sagte Connor schließlich.
    Tess seufzte. »Schön. In der Tat.«
    »Offenbar sind wir im Flur gelandet.«
    »Ja, offenbar.«
    »Wollte es eigentlich noch bis ins Wohnzimmer schaffen«, sagte er.
    »Scheint immerhin ein recht hübscher Flur zu sein. Nicht, dass ich in der Dunkelheit viel sehen könnte …«
    Sie befanden sich in Connors Wohnung und lagen auf dem Boden des Flurs. Unter ihrem Rücken spürte Tess einen dünnen Teppichläufer und Holzdielen. In der Wohnung roch es angenehm nach Knoblauch und Waschpulver.
    Sie war ihm im Auto ihrer Mutter hinterhergefahren. Am Sicherheitseingang des Wohngebäudes hatte er sie geküsst, dann ein zweites Mal im Treppenhaus und noch einmal endlos lange vor der Wohnungstür. Und kaum hatte er den Schlüssel im Schloss gedreht, fielen sie plötzlich übereinander her, rissen sich gegenseitig die Kleider vom Leib und drückten sich gegen die Wand, wie man es in einer Langzeitbeziehung nicht mehr macht, weil es viel zu theatralisch wäre und all der Unbequemlichkeiten nicht wert, vor allem, wenn im Fernsehen was Gutes läuft.
    »Bist du sicher?«, hatte Connor ihr ins Ohr geflüstert, als sie im Eifer des Gefechts am entscheidenden Punkt angekommen waren.
    »Ich bin sicher. Oh, mein Gott, absolut sicher«, hatte Tess geantwortet.
    Nun zog Tess ihre Kleider wieder zurecht und wartete darauf, dass sie Scham empfinden würde. Sie war eine verheiratete Frau. Und sie war nicht verliebt in diesen Mann. Der einzige Grund, warum sie hier war, war der, dass ihr Ehemann sich in eine andere verliebt hatte. Noch wenige Tage zuvor wäre dieses Szenarium lachhaft gewesen, völlig undenkbar. Sie müsste sich selbst dafür verachten. Müsste sich schäbig, nuttig und sündig fühlen. In Wirklichkeit jedoch fühlte sie sich … froh. Richtig froh. Fast schon absurd froh. Sie dachte an Will und Felicity und ihre traurigen, ernsten Gesichter, kurz bevor sie ihnen den kalten Kaffee entgegengeschleudert hatte. Sie erinnerte sich, dass Felicity eine weiße Seidenbluse getragen hatte. Die Kaffeeflecken würden wahrscheinlich nie mehr rausgehen.
    Tess’ Augen gewöhnten sich langsam an die Dunkelheit. Connor war wie ein Schattenriss, der neben ihr lag. An ihrer rechten Seite konnte sie die Wärme seines Körpers spüren. Er war größer, kräftiger und in deutlich besserer Form als Will. Sie dachte an Wills kompakten, haarigen Körper – er war ihr so wohlvertraut und lieb, und sie fand ihn nach wie vor sexy. Sie hatte geglaubt, dass Will der Schlusspunkt ihrer sexuellen Vita wäre, hatte angenommen, sie würde bis ans Ende ihrer Tage mit keinem anderen Mann mehr schlafen. Am Morgen, nachdem Will und sie sich verlobt hatten, so erinnerte sie sich, war ihr dieser Gedanke gekommen. Dieses glorreiche Gefühl der Erleichterung. Keine neuen, unbekannten Körper mehr. Keine verkrampften Gespräche über Empfängnisverhütung. Keine unangenehmen Sexerlebnisse mehr. Keine Gedanken wie: Du lieber Himmel, wie stellt der sich denn an? Nur noch Will. Mehr brauchte sie nicht, mehr wollte sie nicht. Nur Will.
    Und nun lag sie hier mit einem Exfreund.
    »Das Leben steckt voller Überraschungen«, hatte ihre Großmutter immer gesagt, und zwar meist dann, wenn das Leben gar keine sonderlich überraschenden Wendungen nahm – wenn es eine Grippewelle gab oder die Bananenpreise anzogen.
    »Wieso haben wir uns eigentlich getrennt, Connor?«
    »Weil du und Felicity nach Melbourne gezogen seid. Und du nie gefragt hast, ob ich nicht mitkommen will. Also gut, dachte ich mir. Scheint, als wäre ich abgemeldet.«
    Tess zuckte zusammen. »War ich so gemein? Klingt, als wäre ich regelrecht grausam gewesen.«
    »Du hast mir das Herz gebrochen.«
    »Wirklich?«
    »Schon möglich«, meinte er. »Entweder du oder dieses andere Mädchen, Teresa, mit der ich um die gleiche Zeit wie mit dir zusammen war. Ich verwechsle euch beide immer.«
    Tess stieß ihm den Ellbogen in die Seite.
    »Nein, ich habe dich in guter Erinnerung«, sagte Connor und klang etwas ernster. »Ich habe mich neulich gefreut, dich zu sehen.«
    »Ging mir auch so. Ich habe mich auch gefreut.«
    »Lügnerin. Du warst völlig erschrocken.«
    »Ich war überrascht.« Sie wechselte das Thema. »Hast du noch ein Wasserbett?«
    »Leider hat es den Geist aufgegeben«, sagte Connor. »Und Teresa wurde immer seekrank davon.«
    »Hör auf, über Teresa zu reden!«
    »Gut. Möchtest du wohin, wo es

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