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Die Wahrheit eines Augenblicks

Die Wahrheit eines Augenblicks

Titel: Die Wahrheit eines Augenblicks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liane Moriarty
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höchst befriedigende sexuelle Erlebnisse mit einem Mann gehabt, der nicht ihr Ehemann war. Da sollte sie den Appetit eigentlich verlieren. Stattdessen war er geweckt. »Felicity und dein Mann haben also eine Affäre«, sagte Connor.
    »Nein. Sie haben sich ineinander verliebt. Alles sehr rein und romantisch.«
    »Das ist ja schrecklich.«
    »Ich weiß.« Tess nickte. »Ich habe es erst letzten Montag herausgefunden, und nun bin ich hier …« Sie fuchtelte mit ihrer Gabel in der Luft herum, zeigte dann auf sich und ihren halb nackten Körper (sie trug nichts außer einem T-Shirt von Connor, das er aus einer Schublade genommen und ihr wortlos gereicht hatte, ehe er aus dem Zimmer gegangen war, um die Nudeln aufzuwärmen. Es roch sehr sauber). »… und isst Nudeln«, führte Connor den Satz zu Ende.
    »Ganz vorzügliche Nudeln«, stimmte Tess zu.
    »War Felicity nicht …« Connor suchte nach dem richtigen Wort. »Wie kann ich es formulieren, ohne … War sie nicht etwas drall?«
    »Sie war krankhaft fettleibig«, sagte Tess. »Das ist insofern bedeutsam, als sie im letzten Jahr fast vierzig Kilo abgenommen hat und wunderschön geworden ist.«
    »Aha.« Er stockte. »Wie, denkst du, wird es weitergehen?«
    »Keine Ahnung. Bis letzte Woche noch hielt ich meine Ehe für gut. So gut, wie eine Ehe eben sein kann. Und dann eröffneten mir die beiden, was Sache ist. Ein Schock für mich. Immer noch. Andererseits … Sieh mich an … Innerhalb von vier Tagen, eigentlich drei , bin ich hier bei einem Exfreund … und esse Nudeln.«
    »Kann schon mal passieren«, meinte Connor. »Mach dir keine Sorgen!«
    Tess aß die Nudeln auf und strich mit dem Finger um den Teller. »Wieso bist du Single? Du kannst kochen, du kannst auch andere Sachen …«, sie deutete vage auf das Bett, »… sehr gut.«
    »Ich habe mich all die Jahre nach dir verzehrt.« Er verzog das Gesicht.
    »Nein, hast du nicht«, sagte Tess und zog die Stirn in Falten. »Oder doch?«
    Connor nahm ihr den leeren Teller aus der Hand, stapelte ihn auf seinen und stellte beide zusammen auf den Nachttisch. Dann lehnte er sich zurück in sein Kissen.
    »Doch, eine Zeit lang habe ich mich wirklich nach dir verzehrt«, gestand er.
    Tess’ heitere Miene verfinsterte sich langsam. »Tut mir leid, ich hatte keine Ahnung …«
    »Tess.« Connor fiel ihr ins Wort. »Entspann dich! Es ist lange her, und so lange waren wir gar nicht zusammen. Es war der Altersunterschied. Ich war ein langweiliger Buchhalter, und du warst jung und bereit für Abenteuer. Aber ich habe mich schon manchmal gefragt, was wohl aus uns geworden wäre.«
    Tess hatte sich das nie gefragt. Nicht ein einziges Mal. Sie hatte kaum an Connor gedacht. »Dann hast du nie geheiratet?«
    »Ich habe recht lange mit einer Frau zusammengelebt. Einer Anwältin. Wir waren auf dem Weg in eine feste Partnerschaft. Aber dann starb meine Schwester, und alles hat sich verändert. Ich kümmerte mich um Ben. Dann habe ich das Interesse an der Buchhalterei verloren, und etwa zeitgleich hat Angela das Interesse an mir verloren. Ich beschloss, mein Sportdiplom zu machen.«
    »Ich verstehe es immer noch nicht ganz. An Liams Schule in Melbourne gibt es einen einzigen Single-Vater, und der ist heiß umschwärmt von den Müttern. Das ist richtig peinlich zu sehen.«
    »Na ja«, meinte Connor. »Ich sage ja nicht, dass ich nicht umschwärmt bin.«
    »Dann hast du all die Jahre eine Beziehung nach der anderen gehabt?«
    »So ungefähr.« Er hob an weiterzureden, hielt dann jedoch inne.
    »Was ist?«
    »Nein. Nichts.«
    »Erzähl weiter!«
    »Ich wollte gerade etwas gestehen.«
    »Etwas Anstößiges?«
    »Mehr oder weniger.«
    »Etwas Pikantes?«, riet Tess. »Keine Sorge, seit mein Mann mir vorgeschlagen hat, mit ihm und seiner Geliebten unter einem Dach zu wohnen, stehe ich allem sehr aufgeschlossen gegenüber.«
    Connor lächelte sie verständnisvoll an. »So pikant nun auch wieder nicht. Ich wollte sagen, dass ich seit dem vergangenen Jahr eine Therapie mache. Ich … ich muss einige Dinge ›aufarbeiten‹.«
    »Oh«, murmelte Tess.
    »Du musst nicht so ein besorgtes Gesicht machen. Ich bin nicht geisteskrank. Es gibt nur ein paar Dinge, die ich … endgültig begraben muss.«
    »Ernste Dinge?«, fragte Tess und war sich nicht sicher, ob sie die wirklich wissen wollte. Eigentlich betrachtete sie diesen kleinen Seitensprung als nettes Zwischenspiel, um dem Ernst ihres eigenen Lebens zu entgehen, als eine verrückte,

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