Die Wahrheit hat nur ein Gesicht (German Edition)
Fährte hatte sie ihn eigentlich nicht locken wollen. Emma überlegte fieberhaft. Wenn sie ihm diese Illusion aber jetzt wieder nahm, würde er ihr sofort auf den Leib rücken. Glaubte er aber, eine Jungfrau vor sich zu haben, würde er sie bis zur Hochzeit in Ruhe lassen. Und diese Zeit brauchte sie. Sie konnte nicht aus den Armen des einen Mannes sofort in die Arme eines anderen Mannes fallen. Vor allem nicht innerhalb einer Nacht. Und dass sie dann doch keine Jungfrau sein würde? Emma wischte den Gedanken zur Seite. Er liebte sie. Diese kleine Enttäuschung würde er ihr sicher verzeihen. Emma lauschte in den Hörer. Wie würde er reagieren?
Antonio atmete heftig und seine Stimme klang rau »Ich werde auf dich warten, Principessa, obwohl es mir schwerfällt.«
»Danke, Antonio«, Emma atmete erleichtert auf. »Aber eine Bitte habe ich noch.«
»Alles, Divina, ich tue alles für dich!«
»Ich möchte weg aus London. So schnell wie möglich! Bringst du mich weg von hier?«
»Aber gern. Gleich morgen früh hole ich dich ab. Um neun Uhr. Wir fahren aufs Land. Ich habe am Abend ein Konzert. Wir werden dort übernachten und danach reisen wir zurück nach Italien. Meine Mama wird weinen vor Freude!«
Emma lehnte sich erleichtert zurück. »Ich danke dir, Antonio.«
»Gut, dann bis morgen früh. Und Emma…«
»Ja?«
»Du hast mich gerade sehr, sehr glücklich gemacht.«
Antonio legte den Hörer auf. Hochzufrieden legte er sich in seine Kissen zurück. Emma würde ihn heiraten. Endlich! Endlich würde er sie besitzen. Und sie war noch Jungfrau. Das machte die ganze Geschichte noch reizvoller. Noch kein anderer Mann hatte sie besessen. Auch nicht ein Alex Landon! Ihm, Antonio Medici hatte sie ihr Jawort gegeben! Er war entzückt. Nur dass er jetzt auf sie warten musste, passte ihm nicht ins Konzept. Ihr Anblick versetzte ihn jedes Mal in höchste Erregung und er hatte keine Lust, sich noch länger zu kasteien. Sie war eine unwiderstehliche Schönheit und er würde seine Finger nicht von ihr lassen können, das wusste er, dazu kannte er sich zu gut. Schöne Frauen musste man besitzen, das war schon immer sein Credo.
Plötzlich hatte er eine Idee. Dazu würde er morgen früh ein kleines Telefonat führen müssen. Er grinste. Wenn das klappte, würde Emma nicht mehr nein sagen können. Sie würde schon am Abend ihm gehören. Mit Haut und Haaren.
Antonio malte sich in allen Farben aus, was er mit ihr anstellen würde und seine Phantasie ging dabei über jede Grenze. Er stöhnte vor Lust und schaltete schließlich den Fernseher ein. Für die Erregung, in die er sich inzwischen hineingesteigert hatte, bot der Pay-TV-Kanal des Hotels auch eine Lösung.
Emma saß in ihrem Bett und versuchte herauszufinden, was sie jetzt fühlte. Doch sie konnte das Chaos in sich nicht ordnen. »Die Entscheidung ist gefallen. Du hast dich entschieden Emma!« Wie ein Mantra wiederholte sie die Worte. Die Entscheidung war richtig! Doch! Ja! Sie hatte sich richtig entschieden! Und es war eine gute Entscheidung! Und Antonio war ein guter Mann! Ja, das war er!
Dass sie ihn nicht liebte, machte die Sache zwar etwas schwieriger, aber es war ein Problem, das sie würde lösen können. Sie würde eben lernen ihn zu lieben. Lieben kann man lernen! Jawohl! Das hatte sie in einem Buch über Psychologie gelesen.
Emma sah auf die Uhr. Es war bereits drei Uhr. Sie hatte nur noch ein paar Stunden, bis Antonio kam und sie musste unbedingt noch etwas schlafen. Sie zog sich die Decke über den Kopf und schloss die Augen. Aber das Erlebnis mit Alex und das Telefonat mit Antonio verfolgten sie. Schließlich fiel sie in einen unruhigen Schlaf, in dem es von Gespenstern wimmelte.
Emma träumte. Sie saß auf einer grünen Wiese. Vor ihr war ein Beet mit riesigen, wunderschönen roten Rosen. Sie dufteten phantastisch und Emma erhob sich, um sie genauer zu betrachten.
Plötzlich hörte sie hinter sich eine Stimme. Ganz leise, aus weiter Ferne. Sie drehte sich um und sah Alex. Er war sehr weit weg. Er winkte und rief ihren Namen. Emma winkte ihm zu und lächelte. Gleich würde er bei ihr sein. Aber Alex sah verzweifelt aus. Irgendetwas beunruhigte ihn. Er rannte und versuchte vergebens zu ihr zu kommen. Er schrie etwas, aber sie konnte ihn nicht verstehen. Sie hörte nur Wortfetzen. »Hinter… dir…!« Sie drehte sich um und erschrak. Hinter ihr erhob sich eine riesige Rose. Ihre Blüte öffnete sich und hunderte von kleinen, schwarzen Zähnen wurden
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