Die Wahrheit hat nur ein Gesicht (German Edition)
loszukommen.
Cindy grinste. Dass sie sich dabei ausgerechnet Antonio Medici ausgesucht hatte, war ihr Pech. Denn Antonio war zwar keine schlechte Partie, er war immerhin einer der führenden Tenöre der Welt, aber er war nicht treu. Konnte nicht treu sein, das lag nicht in seinem Naturell. Auch Cindy hatte schon ihre Erfahrung mit ihm gemacht. Er war ein guter Liebhaber, und wenn man mit seinen Launen und sexuellen Vorlieben umgehen konnte, ein unterhaltsamer Zeitgenosse. Für so ein zartes Wesen wie Emma war er aber mit Sicherheit der Falsche. Er würde sie auspressen wie eine Zitrone, und wenn er genug von ihr hatte, würde er seine erotischen Eskapaden wieder aufnehmen. Als seine Frau würde Emma, mit ihren fünf Bälgern, bewacht vom Medici-Clan und der Mafia, in Bella Italia verrotten.
»Geschieht dir recht, du kleine Schlampe!«
Aber Cindy war auch klar, dass Emma, trotz ihrer Heirat, noch immer eine Gefahr für ihre Beziehung zu Alex darstellte. Sie hoffte, dass Alex keine Dummheiten machen würde, denn sie hatte sein Gesicht gesehen, als er erfuhr, dass Emma jetzt Antonio gehörte.
Wichtig war aber vor allem, dass das Konzert am Abend glatt über die Bühne ging. Der gesamte Adel Englands war versammelt und ein Skandal wäre eine Katastrophe. Sie würde mit Antonio berühmte Opernarien singen, einzeln oder im Duett und Alex würde sie auf dem Klavier begleiten. Mit Cindy Briggs, Antonio Medici und Alex Landon würde ein handverlesenes Publikum einen exquisiten Abend bekommen, wenn nichts schief ging.
Cindy dachte mit Schrecken an das Klavierkonzert in der Royal Albert Hall. Wenn Emma im Publikum saß, war Alex unberechenbar. Aber bis dahin waren es ja noch ein paar Stunden und jetzt kam erst einmal die Fuchsjagd. Cindy fiel plötzlich das Pferd ein, das ihr Vater neulich gekauft hatte. Ein böses Lächeln umspielte ihren Mund. Vielleicht hatte die kleine Emma ja Lust zu reiten?
Plötzlich kam eines der Mädchen auf Cindy zugelaufen. In ihrem Gesicht stand Panik.
»Miss Briggs! Miss Briggs, bitte kommen Sie schnell! Mr. Landon ist verrückt geworden!«
Cindy stellte keine weiteren Fragen und rannte hinter der Kleinen her. Schon von weitem sah sie, dass etwas nicht stimmte. Vor Alex Zimmer hatten sich die Angestellten versammelt und starrten fasziniert durch die Tür. So ein Schauspiel bekam man hier nicht alle Tage.
Cindy scheuchte sie weg und trat ein. Und dann prallte sie erschrocken zurück. Alex hatte das ganze Zimmer verwüstet. Alle Möbel waren umgeworfen. Die seidenen Vorhänge waren heruntergerissen und Alex hatte wohl einen Stuhl in den großen Barockspiegel geworfen, denn auf dem Boden lagen die Scherben und dem Stuhl fehlte ein Bein. Am Schlimmsten hatte er es mit dem Louis-Seize-Bett getrieben. Die Matratze war aufgeschlitzt und die herausquellenden Eingeweide boten einen traurigen Anblick.
Fassungslos betrachtete Cindy den Trümmerhaufen. Wie sollte sie das bloß ihrem Vater erklären? Er hatte das Schloss mitsamt der Einrichtung gekauft und liebte seine Antiquitäten. Jeder Gast bekam von ihm eine Führung und stolz zeigte er seine Errungenschaften vor. Wie ein kleines Kind konnte er sich für jedes Detail begeistern und Cindy wollte sich nicht ausmalen was er tun würde, wenn er dieses Zimmer zu Gesicht bekam.
Alex saß auf einem Stuhl und trank Whisky. Dem Füllstand der Flasche nach, hatte er schon mehr getrunken, als gut für ihn war. Im Augenblick schenkte er sich randvoll ein neues Glas ein.
»Alex, was tust du da?« Cindy trat auf ihn zu und hieb ihm das Glas aus der Hand. Das Glas knallte gegen die Wand und der Alkohol spritzte in weitem Bogen durch den Raum.
Alex sah hoch und nun bekam Cindy wirklich Angst. Sein Gesicht war erloschen, seine Augen hatten ihren leidenschaftlichen Glanz verloren und er sah sie mit einer Gleichgültigkeit an, als würde er sie zum ersten Mal sehen.
Cindy packte Alex an den Schultern und rüttelte ihn.
»Alex! Bist du verrückt geworden?«
Er ließ es mit sich geschehen, dann lehnte er sich teilnahmslos zurück und schloss die Augen. Für ihn war das Leben beendet.
Jetzt wurde Cindy von einer Wut gepackt, die sie so an sich noch nicht erlebt hatte. Das war nicht mehr der Mann, den sie kannte und sie würde dem Elend sofort ein Ende machen.
»Alex!«
Cindy holte weit aus und gab Alex eine saftige Ohrfeige.
Alex fuhr hoch und blitzschnell hatte er das Stuhlbein in der Hand. Er wirbelte damit einmal durch den Raum, dann stand er Cindy in
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