Die Wahrheit hat nur ein Gesicht (German Edition)
einer bedrohlichen Haltung gegenüber. Reflexartig hatte sein Körper auf den Angriff reagiert. Das Aikido-Training zeigte Wirkung.
»Alex!«
Cindy schrie laut auf und jetzt erst kam Alex zur Besinnung. Was war geschehen? Er sah sich mit dem Stuhlbein in der erhobenen Hand. Er roch den verschütteten Whisky und dann registrierte er das zerstörte Zimmer. Und vor ihm stand Cindy und starrte ihn panisch an. Langsam ließ er das Stuhlbein sinken.
»Cindy!«
Als Cindy merkte, dass er wieder bei sich war, ging sie vorsichtig auf ihn zu. Sie nahm ihm seine Waffe aus der Hand und drückte ihn wie einen Kranken zurück auf den Stuhl. »Alex! Alex bist du wahnsinnig geworden?«
Alex wusste nicht, was er sagen sollte. Er hatte die Kontrolle über sich verloren. Der Schmerz über Emmas Heirat hatte ihn in einen Zustand versetzt, den er längst glaubte, überwunden zu haben. Solche Ausbrüche waren für ihn eigentlich Vergangenheit. Aber der Verlust von Emma war mehr, als er ertragen konnte. Ihr zerrissenes Kleid hatte das Fass zum Überlaufen gebracht. Medici hatte sich im Wagen offensichtlich mit Emma vergnügt. Und sich vorzustellen, was dieser Kerl mit Emma getrieben hatte, ging über seinen Verstand. Letzte Nacht noch lag sie in seinen Armen und heute schon in den Armen dieses schmierigen Grabschers. Und sie hatte diesen Kerl so plötzlich geheiratet. Hatte dieses Würstchen ihm vorgezogen. Ihm, Alex Landon! Er war nicht eitel, aber diese Kränkung traf auch seine Männlichkeit. Das Schlimmste aber war, dass er dagegen nichts tun konnte. Emma war ihm keine Rechenschaft schuldig. Sie konnte ins Bett, mit wem sie wollte. Der Hass, der ihn bei diesem Gedanken wie ein Tiger ansprang, brauchte sofort ein Gegenüber und die armen Möbel hatten seine Wut zu spüren bekommen.
»Soll ich einen Arzt holen?«
Alex erschrak. Bloß das nicht. Die Geschichte war ihm mehr als unangenehm und er war Cindy eine Erklärung schuldig. Und eine Entschuldigung.
»Es tut mir leid, Cindy, wirklich, glaub mir. Ich war nicht mehr Herr meiner selbst. Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Und ich denke, es ist besser, wenn ich jetzt abreise. In diesem Zustand bin ich dir keine Hilfe. Die Einrichtung werde ich deinem Vater selbstverständlich ersetzen.«
Cindy trat einen Schritt zurück. Ihre Stimme war jetzt streng. »Glaubst du wirklich, dass es gut ist, wenn du vor Emma davon läufst?«
»Was?« Alex sah Cindy überrascht an.
»Wenn du jetzt wegläufst, wirst du Emma nie wieder los. Sie wird auf ewig deine Gedanken besetzen und dein Herz. Du wirst dich damit endlos quälen und du wirst nie wieder glücklich sein. Und ich auch nicht.« Der letzte Satz stimmte zwar so nicht, aber Cindy zog jetzt alle Register. Und ihre Einwände zeigten Wirkung. Alex wirkte nachdenklich. Cindy setzte sich ihm zu Füßen und nahm seine Hand.
»Alex! Emma ist jetzt verheiratet. Dem musst du dich stellen. Sie hat Antonio Medici gewählt. Einen Mann, der dir nicht das Wasser reichen kann, ihr aber offensichtlich genügt. Sieh sie dir an, an der Seite dieses Lackaffen. Das ist es, was sie will! Das ist es, was sie braucht! Sie ist nicht die Frau, für die du sie hältst. Deshalb bleib bitte bis morgen! Spiel mit mir das Konzert heute Abend und begegne ihr auf Augenhöhe. Und dann reiß dir diese Distel aus dem Herzen. Emma ist deiner nicht wert!«
Cindys Worte tropften in Alex Herz wie süßes Gift. Ihre Schmeicheleien taten ihm gut, denn genau das war es, was er auch dachte. Emma war seiner nicht wert! Das musste er endlich anerkennen. Sie war es noch nie gewesen und was er mit ihr in der Vergangenheit erlebt hatte, war offensichtlich eine Täuschung gewesen.
»Was ist denn hier los?«
Emmas Vater stand plötzlich in der Tür und starrte fassungslos auf die Zerstörung seines Eigentums. Cindy sprang auf. Sie war mit Alex jetzt so weit gekommen und spürte, dass er gleich weich werden würde. Ihr Vater durfte ihr das nicht kaputt machen. Sie zog ihn nach draußen und schloss hinter sich die Tür.
»Papa, bitte entschuldige die kleine Unordnung.«
»Kleine Unordnung?« Ihr Vater unterbrach sie sofort. Dieser Mensch hat aus meinen Möbeln Brennholz gemacht!« Plötzlich hielt er inne und starrte seine Tochter erschrocken an: »Hat er dich verletzt?«
»Nein, Papa.« Cindy schmiegte sich an ihren Vater. Sie wusste genau, wie sie ihn besänftigen konnte und hier war die kleine, süße Tochter gefragt.
»Wir waren nur ein bisschen heftig, Papa.« Sie sah ihren
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