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Die Wahrheit stirbt zuletzt

Die Wahrheit stirbt zuletzt

Titel: Die Wahrheit stirbt zuletzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif Davidsen
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befremdlich angesehen, wenn eine Frau sich dafür entscheidet, Junggeselle zu bleiben, wenn man es so nennen will? Warum ist sie dann eine arme, einsame alte Jungfer, während ein alleinstehender Mann einfach ein freier Gentleman ist? Ich bin frei. Ich komme allein zurecht. Kein Mann soll über mich bestimmen.«
    »Okay, Schwesterherz. Nichts für ungut.«
    Ihre Stimme hat hart geklungen, aber jetzt lächelt sie und wechselt das Thema: »Lass uns ins Haus gehen. Vater will dir vorschlagen, dass du dich mit Redakteur Brodersen von der Landeszeitung in Verbindung setzt. Sie kennen sich aus der Loge. Brodersen ist bereit, dir ein Beglaubigungsschreiben auszustellen, dass du in Spanien als Auslandskorrespondent für seine Zeitung tätig bist.«
    »Soll ich jetzt etwa Journalist werden?«
    »Du musst doch einen offiziellen Grund haben, nach Spanien zu reisen. Du darfst auf keinen Fall als Freiwilliger in den Krieg ziehen. Und Journalisten haben nunmal das Recht, ihre Nase in die Angelegenheiten anderer Leute zu stecken, nicht wahr?«
    Er steht einen Moment schweigend da. »Das ist eigentlich eine gute Idee«, sagt er. »Das ist sogar eine richtig gute Idee.«
    »Ja. Es war, ehrlich gesagt, meine Idee. Aber es geht alles leichter, wenn Vater denkt, es sei seine gewesen. Also habe ich dafür gesorgt, dass er kurz vor dem Abendessen auf diese gute Idee gekommen ist.« Sie lacht, als sie seinen Gesichtsausdruck sieht, und fährt fort: »Ich habe auch noch etwas anderes getan …«
    Er sieht, dass sie zögert und wegschaut, aber sie hat noch immer ein Lächeln auf den Lippen. »Ja, Schwesterherz?«
    »Brodersens Zeitung ist konservativ eingestellt. Sie berichten dort nicht allzu viel über Spanien und ergreifen meist Partei für Franco, wenn sie überhaupt darüber schreiben. Aber die von der Arbeiterzeitung kennen sich richtig gut aus. Das ist die Zeitung der Kommunisten, aber das spielt keine Rolle. Vater wäre es natürlich am liebsten, wenn alle Kommunisten erschossen würden. Er ist der Meinung, sie hätten Mads angelockt wie die Rattenfänger. Es gibt hier in der Stadt einen Mann namens Svend Poulsen. Er ist Redakteur bei der Arbeiterzeitung und außerdem Mitglied der kommunistischen Partei, und in Spanien ist er auch schon gewesen. Er wurde verwundet, als Franco in den ersten Kriegsmonaten mit seiner Offensive gegen Madrid begonnen hat. Er war einer der Ersten, die sich freiwillig gemeldet haben. Svend Poulsen würde sich gern mit dir unterhalten.«
    »Na, da hast du ja wirklich gut zu tun gehabt, Marie. Und dann auch noch ein Kommunist. Ich muss schon sagen.«
    Sie lächelt und gibt ihm einen Klaps. »Jetzt hör auf mit dem Unsinn.«
    »Ich wusste nicht, dass Mads Kommunist geworden ist.«
    »Mads ist Dichter und Idealist.«
    »Er ist ein Fantast.«
    »Er ist unser kleiner Bruder, und von daher ist es vollkommen gleichgültig, was er ist. Um es kurz zu machen, Svend Poulsen weiß viel über den Bürgerkrieg da unten.«
    »Und das tust du auch?«
    »Ich weiß jedenfalls mehr als die meisten. Von dem Zeitpunkt an, als Mads dorthin aufgebrochen ist, habe ich den Kriegsverlauf verfolgt. Ich weiß, wie die Fronten sich verändert haben, wie die Angriffe verlaufen sind und dass es nicht besonders gut aussieht.«
    »Für wen?«
    »Für die Richtigen, Magnus. Für die Richtigen. Für die, mit denen Mads sich zusammengetan hat.«
    Er schaut sie an und lächelt. »Wann hast du mit diesem Svend Poulsen gesprochen?«
    »Das ist schon eine Weile her.«
    »Eben. Du warst dir ziemlich sicher, dass ich nach Hause kommen und tun würde, was du willst, nicht wahr, große Schwester?«
    Sie stellt sich wieder auf die Zehenspitzen und küsst ihn, diesmal auf die Wange, bevor sie sich umdreht, zur Tür geht und sagt: »Du bist mein Held. Und richtige Helden tun, was zu tun ist, wenn man sie um Hilfe bittet, oder? Ich habe doch gesagt, dass du nicht so hart zu dir selbst sein sollst. Du willst es nicht zugeben, aber du bist ein guter Mensch, Magnus.«

5
    R edakteur Brodersen tritt ganz anders auf, als Magnus es sich vorgestellt hat, und das Aussehen des Redakteurs überrascht ihn ebenfalls. Er hat erwartet, dass der Leiter der großen, konservativen Zeitung der Stadt ein kräftiger, älterer Herr sei, aber Brodersen wirkt lebhaft und jugendlich. Er empfängt Meyer in seinem Eckbüro, in dem es nach Zigarrenrauch und Koks aus dem Kachelofen in der Zimmerecke riecht.
    Eine Frau in einem mausgrauen Kostüm zeigt ihm den Weg. Ihre kurzen Haare

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