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Die Wahrheit über Alice

Die Wahrheit über Alice

Titel: Die Wahrheit über Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca James
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Ich bemühe mich um einen unbeschwerten und freundlichen Ton, aber
     meine Stimme klingt barsch, eine Überreaktion. Ich komme mir verklemmt und zickig vor. Es war mir immer egal, wie man mich
     rief – Kat, Katie, Kathy, Kate, mir hat alles gefallen   –, aber ich kann keine Kurzformen meines Namens mehr ertragen. Das gekürzte, unbekümmerte Mädchen gibt es nicht mehr. Ich
     bin jetzt Katherine Patterson, durch und durch.
    Alice’ Miene verfinstert sich leicht, und sie starrt mich beinahe kalt an, doch gleich darauf hellt sich ihr Gesicht wieder
     auf, sie zuckt die Achseln, lächelt und nickt. «Klar. Katherine ist sowieso vornehmer. Wie die alte Schauspielerin, wie heißt
     sie noch gleich, du weißt schon, der Filmstar   … Katharine Hepburn. Und ein längerer Name passt auch besser zu deinem geheimnisvollen Flair.»
    |41| «Geheimnisvolles Flair?» Ich pruste los, froh, den unangenehmen Wortwechsel mit einem Lachen beenden zu können. «Wohl kaum.»
    «Doch, hast du.» Alice beugt sich vor. «Alle an der Schule wundern sich über dich. So hübsch und klug. So still und reserviert
     und in sich gekehrt, aber nicht weil du schüchtern bist oder verängstigt oder so was. Nein, einfach nur, weil du dich auf
     nichts und niemanden einlassen willst. Als ob du, keine Ahnung, irgendein großes, dunkles Geheimnis hast und dich mit niemandem
     anfreunden willst, damit es keiner herausfindet. Alle sind von dir fasziniert und eingeschüchtert zugleich. Manche halten
     dich sogar für versnobt.»
    «Versnobt? Im Ernst? Na, da liegen sie aber ganz falsch. Ich bin überhaupt nicht versnobt.» Ich stehe auf und fange an, den
     Tisch abzuräumen. Dabei weiche ich Alice’ Blick aus. Das Gespräch wird mir allmählich unangenehm – es kommt der Wahrheit zu
     nahe. Ich habe tatsächlich ein Geheimnis. Ein großes, dunkles Geheimnis, wie Alice es ausgedrückt hat. Und obwohl ich nicht
     versnobt bin, stimmt es, dass ich mich aus allem raushalte und mich tunlichst mit niemandem anfreunden will, genau aus diesem
     Grund. Offenbar bin ich doch nicht so unauffällig, wie ich gehofft hatte.
    Aber Alice lacht. «He, reg dich nicht auf. Na, komm. Ich will dich bloß ärgern. Ich find’s cool, so geheimnisvoll zu sein.
     Mir gefällt das. Du bist unnahbar. Und ich bin wahrscheinlich nur neidisch. Ich wäre selbst auch gern ein bisschen mehr so.»
     Sie legt sich die Hände auf die Brust und schließt die Augen. «Eine geheimnisvolle Frau mit einer tragischen Vergangenheit.»
    Es erstaunt mich, wie nahe Alice der Wahrheit gekommen ist. Ich fühle mich entlarvt und beklommen und muss den Impuls unterdrücken,
     wegzulaufen und mich irgendwo zu verkriechen. Um mein Geheimnis sicher zu bewahren. Ich fürchte schon, |42| dass Alice bei dem Thema bleiben und mich weiter ausfragen wird, bis sie alles weiß, doch stattdessen zuckt sie die Achseln,
     schaut sich im Zimmer um und schüttelt den Kopf.
    «Mann, deine Wohnung ist der Hammer. Wir müssen hier unbedingt eine Party schmeißen.» Sie steht auf und nimmt mir die Teller
     aus der Hand. «Du hast gekocht. Ich spüle. Setz dich. Nimm noch einen   …» Sie blickt auf mein Glas und schüttelt den Kopf, «ein Minischlückchen oder zwei von deinem Drink.»
    Alice füllt das Becken mit heißem Seifenwasser, fängt an zu spülen, kommt dann wieder zum Tisch, um weiter zu plaudern und
     mir noch was zu erzählen. Es klopft an der Wohnungstür.
    «Das ist Robbie!» Alice klatscht fröhlich in die Hände und eilt in die Diele.
    Ich höre, wie sie jemanden begrüßt, kichert und auflacht. Ich höre das tiefe Grollen seiner Antwort. Und dann ist er in der
     Küche.
    Er ist groß und blond und auf eine sportliche, gesunde Art sehr attraktiv. Er grinst mich an und schüttelt mir die Hand.
    «Katherine. Hi. Ich bin Robbie.»
    «Hi.»
    Sein Händedruck ist fest und warm und trocken. Sein Lächeln ist offen und schön, und zum ersten Mal seit gefühlten hundert
     Jahren spüre ich eine leichte, aber eindeutige Anziehung. Ich spüre, wie ich rot werde. Ich wende mich ab und beschäftige
     mich mit dem Geschirr, das noch größtenteils chaotisch neben der Spüle gestapelt ist.
    «Ich spül das hier eben zu Ende. Dauert nicht lange.»
    «Nichts da.» Alice fasst mich an den Schultern und zieht mich weg. «Ich mach das später. Versprochen. Komm, wir amüsieren
     uns.»
    Es ist noch reichlich Curry übrig, und Alice besteht darauf, dass Robbie was isst.
    |43| «Ist das in Ordnung?» Er sieht mich

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