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Die Wahrheit über Alice

Die Wahrheit über Alice

Titel: Die Wahrheit über Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca James
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«wahrscheinlich hat sie gar keine Zeit.»
    «Ach, bitte, Schätzchen. Bitte frag sie doch wenigstens. Ich |87| weiß, wir sind langweilig, und wir sind auch nicht gerade Stimmungskanonen, aber es wäre wirklich schön, mal ein neues Gesicht
     zu sehen. Und es würde deinem Vater ungemein guttun, wenn er sieht, dass du fröhlich bist und eine Freundin in deinem Alter
     hast.»
    Weil Mum mich so selten um irgendwas bittet und so klingt, als würde sie sich wirklich freuen, wenn ich Alice mitbringe, verspreche
     ich, zu fragen und ihr am nächsten Tag Bescheid zu sagen, ob Alice mitkommt oder nicht, damit sie Zeit hat, entsprechend einzukaufen.
    Alice sagt ja, sie würde gern mitkommen, und sie lacht und sagt, sie hätte schon darauf gewartet, dass ich das mal vorschlage.
    Unweigerlich fällt gleich am ersten Abend bei meinen Eltern Rachels Name. Doch es gelingt mir, rasch das Thema zu wechseln
     und es zu vermeiden, Alice unter den neugierigen Blicken von Mum und Dad zu erzählen, was passiert ist. Die beiden würden
     sich bestimmt fragen, warum ich es Alice verschwiegen habe.
    Aber ich weiß, ich komme nicht drum herum, es ihr zu erzählen. Nie im Leben schaffen wir das ganze Wochenende, ohne dass Rachel
     noch einmal erwähnt wird. Daher bitte ich Alice, als wir meinen Eltern gute Nacht gesagt haben und nach oben gegangen sind,
     noch kurz mit in mein Zimmer zu kommen.
    «Wieso?», flüstert sie kichernd. «Hast du dadrin einen geheimen Drogenvorrat?»
    «Ich will dir bloß was erzählen.»
    Alice sieht mich mit großen Augen an, offenbar verblüfft über den ernsten Ton meiner Stimme. «Okay», sagt sie. «Ich muss nur
     noch eben pinkeln gehen. Bis gleich.»
    Als sie in mein Zimmer kommt, setzen wir uns einander gegenüber im Schneidersitz aufs Bett.
    |88| «Ich hatte eine Schwester», sage ich sachlich. «Rachel. Sie wurde ermordet.»
    Alice beugt sich vor und runzelt die Stirn. «Was hast du gesagt?»
    Ich warte. Ich weiß, dass sie mich verstanden hat und nur noch etwas Zeit braucht, um die Informationen zu verarbeiten. Es
     ist immer so, wenn man so etwas zum ersten Mal erfährt. Man will es zunächst kaum glauben.
    «Erzähl», sagt sie schließlich.
    Und ich fange an zu reden, und während ich rede, schluchze ich leise. Ich erzähle Alice alles. Die ganze Geschichte, angefangen
     von dem Augenblick vor zwei Jahren, als Carly, Rachel und ich zusammen in dem Café saßen, von dem Augenblick, als ich beschloss,
     Rachel mit auf die Party zu nehmen. Und ich weine vor Entsetzen, als ich die Erinnerung zulasse, aber auch vor Erleichterung,
     weil ich es endlich jemandem erzähle, und ich rede und rede und weine noch etwas mehr. Und Alice hört ausnahmsweise einfach
     mal zu. Sie sagt kein Wort und stellt auch keine Fragen, aber sie lässt die ganze Zeit ihre Hand auf meinem Knie.
    «O Gott», sagt sie, als ich schließlich fertig bin. «Du armes Ding. Deine armen Eltern. Deine arme Familie. Wieso hast du
     mir das nicht schon vorher erzählt? O Gott. Die arme Rachel.»
    «Ja», nicke ich. «Arme Rachel. Arme Mum und armer Dad. Es ist wirklich ätzend. Es hat alles kaputt gemacht.»
    Alice schlingt die Arme um mich und hält mich, während ich weine. Dann, als ich völlig erschöpft bin und mir der Kopf wehtut,
     als der Wecker zwei Uhr anzeigt, hilft sie mir ins Bett und legt sich neben mich, streicht mir übers Haar, bis ich eingeschlafen
     bin.
    Als ich am nächsten Morgen aufwache, steht Alice neben meinem Bett, eine dampfende Tasse Tee in der Hand. «Hier, |89| für dich.» Sie stellt die Tasse auf den Nachttisch und setzt sich aufs Bett. «Bist du einigermaßen ausgeschlafen?»
    Alice ist fertig angezogen. Ihr Haar ist an den Enden feucht, und ich kann den Zitrusduft ihres Shampoos riechen. Ich setze
     mich auf, fühle mich zerknittert und müde und wie gerädert. Ich nehme die Tasse und trinke einen Schluck Tee. Er ist heiß
     und stark und süß, köstlich in meinem trockenen Mund.
    «Wie geht’s dir?», frage ich, nachdem ich die halbe Tasse getrunken habe und mich so klar fühle, dass ich sprechen kann. «Wann
     bist du denn aufgestanden? Du musst doch hundemüde sein.»
    «Nein. Ich fühl mich super. Ich bin früh aus den Federn und habe mit Helen auf der Terrasse gefrühstückt.»
    Ich frage mich, wieso Alice meine Mutter plötzlich beim Vornamen nennt. Meine Eltern sind eigentlich die Mr-und-Mrs-Sorte.
    «Wir haben über Rachel gesprochen», sagt Alice.
    «Oh.» Ich bin geschockt. Ich kann mir nicht

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