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Die Wahrheit über Alice

Die Wahrheit über Alice

Titel: Die Wahrheit über Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca James
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Mick.
    «Kommt sofort», sage ich und steuere auf die Bar zu.
    «Moment», ruft er mir nach. Ich drehe mich um. Er lächelt mich an, und ich bin froh, ihm nicht mehr so nah zu sein, sonst
     könnte er vielleicht mein Herz hämmern hören und spüren, dass mir jetzt die Hände zittern. «Sag einfach, es ist für die Band.
     Dann sind die Getränke gratis.»
    «Okay», erwidere ich.
    «Moment», sagt er wieder, und jetzt lacht er. «Ich nehme ein VB, ja?»
    «Kein Problem», sage ich. Und dann gehe ich zur Bar, mit schnellen Schritten, um seinem forschenden Blick zu entkommen.
    |154| Als ich die Getränke bestellt habe, drehe ich mich um und beobachte ihn. Philippa und er sitzen nah beieinander und unterhalten
     sich. Er nickt und deutet zur Bühne, bewegt energisch die Arme, tut so, als würde er Schlagzeug spielen. Ich bin erleichtert.
     Sie sprechen eindeutig über Musik und wundern sich nicht über mein sonderbares Verhalten.
    Ich kenne dieses Gefühl in der Brust. Die Schmetterlinge im Bauch, dieses nervöse Kribbeln, wenn Mick mich ansieht, das alles
     ist mir nicht fremd. Es ist allerdings lange her, seit ich es auch nur ansatzweise gespürt habe. Es war nie mehr da seit Will.
     Seit dem Abend, an dem Rachel starb. Seitdem habe ich mir nicht mehr erlaubt, so an einen Jungen zu denken. Und ich bin völlig
     verblüfft über meine körperliche Reaktion auf diese Anziehung; das Herzrasen, die zitternden Hände, die Hitze in meinem Gesicht,
     die meine Gefühle bereits verrät, ehe ich sie mir selbst überhaupt eingestanden habe. Als würde mein Körper mich besser kennen
     als ich mich selbst.
    Sobald ich mein Glas Limo bekomme, trinke ich es direkt an der Theke halb leer. Die eiskalte Flüssigkeit tut mir in der Kehle
     weh, aber ich bin durstig. Ich hole tief Luft, zwinge mich, ruhiger zu werden, nicht zu zittern oder zu erröten oder zu stammeln.
     Und dann, als ich einigermaßen gefasst bin, gehe ich zurück zum Tisch.
    «Wir reden gerade über Musik.» Philippa sieht mich entschuldigend an, als ich Mick sein Bier reiche. «Tut mir leid.»
    «Macht nichts.» Ich schüttele den Kopf und nehme Platz. «Ich rede gern über Musik. Meine Familie   … ich meine, wir haben zu Hause früher oft über Musik gesprochen.» Und dann verstumme ich, plötzlich um Worte verlegen. Rachels
     Tod, meine Geschichte, ist zwar kein Geheimnis mehr, aber ich bringe es doch nicht fertig, ihren Tod beiläufig zur Sprache
     zu bringen, zu sagen: O ja. Wir haben zu Hause früher viel über Musik gesprochen. |155| Bevor meine Schwester ermordet wurde, meine ich. Ihr Tod hat für uns alles zerstört – und wir reden seitdem kaum noch über
     Musik. Aber die Sprache ist mir vertraut, ich teile die Begeisterung. Na los. Redet ruhig weiter.
    Philippa bemerkt mein plötzliches Unbehagen und wechselt netterweise das Thema. «Mensch, da fällt mir was ein», sagt sie laut
     und legt eine Hand auf Micks Arm. «Rate mal, wen ich neulich gesehen habe!»
    Mick sieht sie an und hebt fragend die Augenbrauen.
    «Caroline», sagt sie. «Caroline Handel. Und im Ernst, Mick, du würdest sie nicht wiedererkennen. Wenn du sie sehen würdest,
     wärst du vollkommen baff. Sie sieht aus wie ein anderer Mensch, aufgebrezelt und schick. Sie ist jetzt eine große Nummer in
     irgendeinem Konzern. Sieht aus wie ausgewechselt.»
    «Ach ja?» Er zuckt gleichgültig die Achseln.
    Und sosehr Philippa sich auch meinetwegen ins Zeug legt, um Mick auf andere Themen zu bringen, scheint ihn Philippas Begegnung
     mit dieser Caroline nicht die Bohne zu interessieren, und sobald Philippa mit ihrer Geschichte fertig ist, wendet er sich
     wieder mir zu.
    «Ihr habt also bei euch zu Hause früher viel über Musik gesprochen. Wieso früher? Was hat sich verändert?»
    «Mick!» Philippas Stimme klingt scharf. «Sei nicht so indiskret. Solche Fragen stellt man nicht.»
    «Hä?» Mick blickt verdutzt drein. «Was für Fragen?» Er sieht mich an und hebt seine Bierflasche. «War das eine indiskrete
     Frage? Ich hoffe nicht. Wenn ja, entschuldige. Ich bin nicht mal betrunken oder so, ich hab erst einen Schluck getrunken.»
    «Nein», sage ich. «Philippa, keine Sorge. Ist schon gut.» Und in diesem Augenblick treffe ich eine Entscheidung. Ich werde
     ihnen von Rachel erzählen. Es ist vielleicht nicht der geeignetste Ort oder Zeitpunkt, von den Umständen ganz zu schweigen, |156| aber es gibt nun mal keinen passenden Ort, um über den Tod zu sprechen. Doch dieses Ereignis gehört

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