Die Wahrheit über Alice
erinnern, oder? Ich meine, weil er es
mitbekommen hätte. Wir hätten in der Zeit nicht …» Ich überlege krampfhaft. Aber ich bin sicher, meine Periode seit Monaten nicht bekommen zu haben. Ich hätte es Mick erklären
müssen, wenn er währenddessen mit mir hätte schlafen wollen. Es wäre mir bestimmt ein wenig unangenehm gewesen, und daran
würde ich mich erinnern. «Wieso hab ich das nicht gemerkt? Wie konnte ich nur so blöd sein?»
Philippa zieht mich an sich und schlingt ihre Arme um mich. «Keine Sorge. Es wird alles gut. Und vielleicht bist du ja auch
gar nicht schwanger, vielleicht ist es bloß falscher Alarm. Bei Stress kann die Periode auch schon mal ausbleiben. Das hab
ich gelesen. Irgendwo.»
«Aber ich war nicht sonderlich gestresst.»
«Und die Sache mit Alice? Die Abschlussprüfungen?»
«O Gott, schön wär’s. Aber ich glaube nicht. Ich bin die ganze Zeit glücklich gewesen, Philippa, nicht gestresst», sage ich.
Und plötzlich muss ich an die seltsamen Veränderungen denken, |237| die ich in letzter Zeit an meinem Körper wahrgenommen habe, und daran, wie komisch ich mich gefühlt habe. «Deshalb sind meine
BHs auf einmal zu klein. Sogar meine Jeans sitzen enger.»
«Vielleicht hast du einfach zugenommen?»
«Nein.» Ich schüttele den Kopf. «Was soll ich bloß machen? Ach, Philippa, der arme Mick, was wird der nur dazu sagen?»
«Der arme Mick? Sei nicht albern. Er ist doch kein Kind mehr. Er weiß Bescheid über die Sache mit den Bienchen und den Blümchen.
Arm dran bist du, du hast schließlich die Melonenbrüste zu tragen.» Ihre Augen weiten sich, als sie meinen Körper mustert.
Sie legt die Hand vor den Mund, um ihr Grinsen zu verbergen. «Die sind wirklich ganz schön riesig geworden. Fällt mir jetzt
erst auf.»
Ich schaue an mir herunter, nehme eine Brust in jede Hand und hebe sie an. Sie sind schwer, prall und empfindlich. «Ja, wirklich,
nicht? Wieso hab ich bloß nichts gemerkt?»
«Zu sehr mit Bumsen beschäftigt gewesen?»
«Offensichtlich.»
Ich beuge mich über das Waschbecken und starre mich im Spiegel an. Meine Haut ist blass, aber ansonsten sehe ich kein bisschen
anders aus. Die Form meines Gesichts, meine Augen, es sieht alles aus wie immer. Es kommt mir unmöglich vor, dass in mir tatsächlich
ein neues Leben heranwächst, ohne dass sich das in meinem Gesicht zeigt, ohne dass ich etwas davon weiß. Ohne dass ich mein
Einverständnis gegeben habe.
«Ein Baby», sage ich kopfschüttelnd. «Philippa. Das ist einfach … wie soll denn … ich bin nicht mal achtzehn.»
Sie nickt. «Du bist noch ein Teenager.»
«Was mach ich jetzt bloß?»
«Ich weiß es nicht.» Sie zuckt die Achseln, und ihr Blick ist ernst. «Ich weiß es nicht, Katherine.»
|238| Ich schaue nach unten auf meinen Bauch und lege meine Hand darauf. Es ist unvorstellbar. Ein neues Leben. In mir drin.
Plötzlich packt Philippa meinen Arm und redet aufgeregt auf mich ein. «Glaubst du, du könntest es behalten? Wenn ja, dann
wäre das echt cool. Denk doch mal drüber nach. Das Kind wäre sicher super-, supersüß, und das wäre doch superschön und toll.
Und Mick wäre ein phantastischer Dad. Und ich wäre Tante. Ich würde für euch babysitten. Ehrlich. Ich würde alles tun für
euch, ich würde helfen, wo ich kann. Ich wäre die absolut beste Tante der Welt. Du könntest zur Uni gehen. Mum und Dad würden
helfen, sie sind ganz vernarrt in kleine Babys. Und deine Mum und dein Dad würden doch sicher auch helfen, oder?»
Bei dem Gedanken an meine Eltern stöhne ich auf. Ich schlage die Hände vors Gesicht. «Philippa! Hör auf. Bitte. Red nicht
so. Ich weiß es ja noch nicht mal mit Sicherheit. Und ich muss doch erst mal mit Mick reden. Ich kann solche Entscheidungen
jetzt noch nicht treffen.»
«Nein. Natürlich nicht. Sorry.» Sie schweigt einen Moment und sagt dann: «Komm, wir kaufen einen Test. Auf dem Weg zu Micks
Wohnung ist eine Drogerie.»
Ich nicke und drehe mich wieder zum Waschbecken um. Philippa hat natürlich recht, ich sollte auf dem Weg nach Hause einen
Test kaufen, mir so schnell wie möglich Gewissheit verschaffen und dann mit Mick reden. Aber ich würde das alles gern allein
machen. Nicht im Beisein von anderen, nicht vor Publikum. Ich halte die Augen auf meine Hände gerichtet, während ich sie wasche,
und überlege, wie ich Philippa schonend beibringen kann, dass ich das mit dem Test gern allein erledigen würde.
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