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Die Wahrheit über Alice

Die Wahrheit über Alice

Titel: Die Wahrheit über Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca James
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Vater und
     ich geben dir keine Schuld an dem, was mit Rachel passiert ist. Das haben wir nie getan, niemals. Wir geben höchstens uns
     selbst die Schuld. Und denk bitte nicht, nicht mal für eine Sekunde, dass wir wünschten, es wäre dir passiert statt Rachel.
     Wir haben euch immer beide gleich liebgehabt. Von Anfang an.»
    Ich nicke, kann aber nicht sprechen. Ich habe Angst, in Tränen auszubrechen, zu schluchzen wie ein kleines Kind.
    «Und so unerhört das vielleicht auch ist, ich möchte dich um zweierlei bitten», sagt sie.
    «Klar, Mum, was immer du willst.»
    «Erstens möchte ich dich bitten, mir meinen Egoismus zu verzeihen. Dass ich dir in den letzten Jahren keine richtige Mutter
     war, dass ich dich in dem Glauben gelassen habe, dein Vater und ich könnten dir irgendeine Mitschuld geben. Denn das tun wir
     absolut nicht. Das haben wir nie getan.»
    Und dann heule ich doch los. Ich kann nicht anders. Alles, wovon ich nur Augenblicke zuvor noch fest überzeugt war, kommt
     mir mit einem Mal ganz weit weg und unwichtig vor. Zu wissen, dass sie mir keine Schuld gibt, ist wie eine unverhoffte und
     wunderbare Erlösung und macht mich glücklicher, als ich es je für möglich gehalten hätte. Ich klammere mich an meine Mutter
     und schluchze haltlos an ihrer Brust. Sie umarmt mich fest, spricht aber weiter.
    «Und das Zweite, worum ich dich bitte, ist, dein Leben zu leben. Lebe so gut und glücklich, wie du kannst. Und du darfst niemals,
     nicht eine Sekunde lang, ein schlechtes Gewissen haben, |276| weil du glücklich bist. Untersteh dich. Und wenn du das nicht für dich selbst tun kannst, dann tu es für uns. Für mich und
     für deinen Vater. Wenn du nämlich nicht glücklich bist, mein Schatz, wenn du dein Leben nicht lebst, dann haben wir alles
     verloren. Dann haben wir euch beide verloren.»
     
    Ich erzähle meinem Vater also nichts von meiner Schwangerschaft. Meine Mutter möchte es ihm sagen, wenn sie allein sind, um
     ihm die Möglichkeit zu geben, es erst mal in Ruhe zu verdauen. Sie glaubt, dass er erst einmal entsetzt und außer sich sein
     wird. «Völlig normal für einen Vater», sagt sie, «schließlich bist und bleibst du für ihn sein unschuldiges kleines Mädchen.
     Aber er beruhigt sich schon wieder, er wird sich an den Gedanken gewöhnen und sich am Ende genauso freuen.»
    Und wie nicht anders zu erwarten, kriegen wir von meinem Vater auch noch einen Vortrag über das Motorrad zu hören. Er ist
     erleichtert, als wir ihm sagen, dass es verkauft werden soll. Ich muss ihm versprechen, dass ich mich nicht noch einmal draufsetze,
     und Mick muss ihm versprechen, vorsichtig zu fahren, wenn er unbedingt damit fahren muss.
    Als meine Eltern weg sind, machen Mick und ich das Licht aus und gehen ins Bett. Mick ist so sanft und zärtlich. Er sagt mir
     immer wieder, dass er mich liebt, und wir kuscheln uns aneinander, sodass mein Kopf auf seiner Brust liegt.
    «Du hast das Thema Alice bestimmt satt», sagt er. «Aber geht’s dir gut? Macht sie dir keine Angst?»
    «Nein», sage ich. «Ich bin viel zu glücklich, um mir ihretwegen Gedanken zu machen.» Und obwohl Alice weiß Gott andere Absichten
     mit ihrem Anruf hatte, bin ich heilfroh über den Abend mit meinen Eltern. Mum war seit Jahren nicht mehr so offen, ihre überschwängliche
     und herzliche Art hat mir wahnsinnig gutgetan, und ihre Worte, nicht über das Baby, sondern |277| auch die über Rachels Tod, freuen mich unglaublich. «Ich meine, Alice ist eindeutig nicht ganz dicht», fahre ich fort, «und
     ich bin froh, dass wir nicht mehr befreundet sind. Aber im Grunde schadet sie sich nur selbst. Sie macht sich total lächerlich.
     Sie tut mir leid.»
    «Ja.» Mick gähnt. «Mir auch. Sie muss ganz schön traurig sein. Richtig verzweifelt.»
    «Genau. Und überhaupt, was kann sie schon machen? Wenn wir umziehen, weiß sie nicht mal, wo wir wohnen. Und ich lasse meine
     Handynummer ändern. Dann kann sie mich nicht mehr anrufen. Was kann sie mir jetzt noch tun?»
    «Nichts», sagt er. Und dann knipst er die Lampe neben dem Bett aus und gibt mir im Dunkeln einen Kuss auf den Mund. «Du bist
     absolut sicher. Sie kann dir nicht das Geringste anhaben.»

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    A m nächsten Tag erhält Mick ein Päckchen. Es wird geliefert, während er bei der Bandprobe ist, und als er am späten Abend nach
     Hause kommt, zeige ich es ihm gleich. Er reißt es nicht sofort auf, so wie ich es machen würde, sondern wirft bloß einen gleichgültigen
    

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