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Die Wahrheit über Alice

Die Wahrheit über Alice

Titel: Die Wahrheit über Alice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca James
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erst kennengelernt haben?»
    «Vielleicht. Das weiß ich wirklich nicht. Aber ich glaube, ihr habt eine ebenso große Chance, zusammenzubleiben, wie alle
     anderen auch. Manche Leute heiraten, nachdem sie sich schon jahrelang kennen, und lassen sich dann doch irgendwann wieder
     scheiden. Es gibt im Leben keine Garantien.»
    «Aber ich bin noch so jung.» Und ich weiß nicht, warum, aber auf einmal kann ich über all die Zweifel und Ängste sprechen, |273| die ich mir bisher kaum eingestanden habe. Ich möchte noch mehr Bestärkung von meiner Mutter, es tut gut, sie so schöne Dinge
     sagen zu hören. Ich kann gar nicht genug davon bekommen. Ich möchte von ihr hören, dass alles gut wird. «Ich kenne niemanden
     in meinem Alter mit einem Baby. Niemanden.»
    «Normalerweise machst du dir doch auch nicht so viel daraus, was andere tun oder nicht.»
    «Stimmt. Aber das meine ich nicht. Ich   –»
    «Ich weiß, was du meinst, Schatz. Ja, es ist eine Riesenentscheidung, ja, du wirst viele Freiheiten verlieren, die andere
     in deinem Alter haben. Und das wird dir schwerer fallen, als du es dir vorstellen kannst. Aber es wird dir auch eine andere
     Welt eröffnen. Es wird deinem Leben eine herrliche, wundervolle, völlig neue Dimension geben. So ist das mit dem Muttersein.»
     Sie legt mir eine Hand an die Wange. «Und dein Vater und ich sind ja auch noch da. Wir werden dir helfen, wo wir können. Sogar
     sehr gerne.»
    «Ich bin echt froh, dass du nicht böse bist oder enttäuscht.»
    «Du meine Güte, nein.» Wieder grinst sie. «Ehrlich, ich freue mich riesig. Ich freue mich für dich und Mick. Und für deinen
     Dad und mich. Und ich bin aufgeregt. Und begeistert. Und ich möchte es gern deinem Vater erzählen. Einverstanden?»
    «Gern.»
    Ich bin es nicht gewohnt, sie so zu erleben, so offen und freimütig mit ihren Gefühlen, und meine Verwunderung steht mir wohl
     ins Gesicht geschrieben.
    «Was ist, Schatz?», fragt sie. «Stimmt was nicht? Du guckst so komisch.»
    «Sorry. Ihr   … ihr wirkt so ganz anders auf mich. Richtig glücklich. Du und Dad. Das ist toll, ehrlich, bloß   … ich bin das wohl einfach nicht mehr gewohnt.»
    |274| «Ich weiß, Schatz.» Sie legt mir eine Hand auf den Kopf und zieht mich an sich, sodass meine Wange an ihrer Brust liegt. Während
     sie redet, spüre ich das beruhigende Vibrieren ihrer Stimme, den regelmäßigen Rhythmus ihres Herzschlags. «Ich weiß. Wir waren
     nicht fair, oder? Und soll ich dir mal was sagen? Deine dumme Freundin hat uns im Grunde einen großen Gefallen getan. Wir
     waren so besorgt, ich und Dad, als sie anrief und all diese verrückten Sachen über dich erzählte. Wir waren so aufgebracht
     und hatten solche Angst, dich zu verlieren. Als wir sahen, dass es dir gutgeht», sie holt tief Luft und seufzt, «da war das
     so, als hätten wir eine zweite Chance bekommen. Und ich weiß, Schatz, ich weiß, wie du dich wegen Rachel gefühlt hast. Ich
     weiß, dass du Schuldgefühle hast wegen damals, dass du Schuldgefühle hast, weil du noch lebst und Rachel tot ist. Ich hoffe,
     du kannst mir verzeihen, dass ich das nie angesprochen habe, dass ich nie klar und deutlich gesagt habe, dass du absolut keinen
     Grund hast, dich schuldig zu fühlen, sondern dass du dein Leben unbedingt leben musst. Es muss irgendeinen Schlusspunkt geben,
     eine Art von   … ach, ich weiß nicht   … wie heißt das schreckliche neumodische Wort noch gleich?»
    Ich lehne mich zurück und schaue sie an. «Neuorientie rung ?»
    «Ja. Genau. Neuorientierung. Es muss eine Neuorientierung geben. Zumindest für dich, mein Schatz. Sie war deine Schwester,
     nicht deine Tochter. Es wäre nicht richtig, wenn du ewig unter ihrem Tod leidest. Es wäre nicht richtig, wenn dein Leben dadurch
     zerstört würde.»
    «Aber   –» Ich will ihr von meinen neuen Erkenntnissen erzählen und erklären, warum sie mir das alles nicht sagen muss.
    «Nein», fällt sie mir ins Wort und legt mir eine Hand unters Kinn. Sie sieht mich zärtlich an. «Ich war unfair. Ich habe gewusst,
     dass du leidest, und ich war so in meinem eigenen |275| Schmerz gefangen, dass ich nicht die Kraft hatte, irgendetwas dagegen zu tun. Ich weiß schon lange, dass ich dir hätte helfen
     können, wenn ich mich nur dazu aufgerafft hätte, dir ein paar einfache Dinge zu sagen. Das habe ich nicht getan, und es tut
     mir entsetzlich leid. Aber ich kann es ja jetzt sagen, mein Schatz.» Sie räuspert sich und spricht weiter. «Dein

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